Börsenkurs der Internet-Company sackt um 30 Prozent ab

Priceline gibt Geschäft mit Benzin und Lebensmitteln auf

13.10.2000
MÜNCHEN (CW) - Schlappe für Priceline.com: Der Priceline Webhouse Club, ein auf Lebensmittel und Benzin spezialisierter Lizenznehmer des "Nennen-Sie-den Preis"-Modells, wird in drei Monaten schließen.

Das Image des Börsenlieblings Priceline.com hat Risse bekommen. Das in Greenwich, Connecticut, ansässige Unternehmen hat angekündigt, den Priceline Webhouse Club innerhalb der nächsten 90 Tage zu schließen. Webhouse Club ist Lizenznehmer des Priceline-Geschäftsmodells und hat sich auf das Vermitteln von Lebensmittel- und Benzinverkäufen spezialisiert. Das Unternehmen wurde zwar vom Priceline-Chef Jay Walker gegründet, ist aber im Gegensatz zum börsennotierten Lizenzgeber im Besitz privater Investoren. Gleichzeitig schloss Priceline die Merchandising-Sparte, die unter dem Label Priceline Perfect Yardsale lief.

Konzerne zeigen Priceline kalte SchulterOffenbar fällt es Priceline.com schwer, andere Waren als Flugtickets erfolgreich mit seinem Nennen-Sie-den-Preis-Modell zu verkaufen. Das Konzept klingt verlockend: Auf der Website können Surfer einen Preis für eine Ware nennen, und die Internet-Firma versucht dann, einen Lieferanten zu finden. Mit Airline-Tickets fing es an, inzwischen können Web-Nutzer auf diese Weise auch Hotelzimmer, Autos, Leihwagen, Telefongesprächsminuten und sogar Finanzierungen für Immobilien ergattern. Allerdings scheint das Geschäft nur bei Flugscheinen zu funktionieren - hier gibt es große Preisnachlässe, da die Gesellschaften freie Sitze in den Fliegern unbedingt verkaufen wollen.

Noch im August erhielt Webhouse Club eine Finanzspritze von 190 Millionen Dollar über die dritte Finanzierungsrunde. Doch um das Geschäft mit Benzin und Lebensmitteln richtig zum Laufen zu bringen, wären laut Walker weitere 100 Millionen Dollar erforderlich gewesen. Es fehlte bisher an einem flächendeckenden Netz von Tankstellen und Lebensmittelläden, die sich per Vertrag an dem Online-Geschäft beteiligen. Nach einem Bericht der "Financial Times" zeigten einige Konzerne wie Exxon Mobile und Unilever dem Priceline-Konzept die kalte Schulter.

Priceline-Chef Walker sah angesichts der ungünstigen Lage am amerikanischen Börsenmarkt keine Chance, die notwendigen Geldmittel zu beschaffen, und rang sich schließlich zur Geschäftsaufgabe durch. Die Reaktion der Anleger ließ nicht lange auf sich warten: Der Aktienkurs von Priceline.com rutschte um 30 Prozent ab, und die Anleger quittierten Walkers Ankündigung mit Panikverkäufen. Das Börsenpapier notierte kurzzeitig unter fünf Dollar - zu seinen besten Zeiten hatte es bei 160 Dollar gelegen. Zudem hatte Priceline.com Ende September mitgeteilt, im dritten Quartal nicht die angepeilten 360 bis 380 Millionen Dollar, sondern wohl nur 340 bis 345 Millionen Dollar Umsatz ausweisen zu können.

Noch im vierten Quartal dieses Jahres soll die erste europäische Niederlassung von Priceline.com ans Netz gehen, und zwar zunächst in Großbritannien, danach in Deutschland, Frankreich und Benelux (siehe CW 27/00, Seite 7). Wie ein Firmensprecher beteuerte, haben die Vorgänge in den USA keinen Einfluss auf die Expansionspläne diesseits des Atlantiks.

Ungemach droht Priceline.com auch im Stammgeschäft: Fünf Fluggesellschaften entwickeln mit www.hotwire.com eine eigene Online-Vertriebsplattform für Tickets zu Discountpreisen.