Preis und Design sollen entscheiden Mit Billigmodellen will Dell im Notebook-Markt reuessieren

12.08.1994

MUENCHEN (CW) - Die Dell Computer Corp. unternimmt einen zweiten Anlauf, sich einen Claim im heissumkaempften Markt der Notebooks abzustecken: Mit der "Latitude"-Systemlinie stellen die Texaner eine eigenentwickelte Familie von Tragbaren vor, die nach Analystenmeinung zwar nichts sensationell Neues zu bieten hat, aber durch ihre Preisgestaltung Bewegung in den Markt bringen koennte.

Dells Reputation als Produzent qualitativ hochstehender Rechner hatte zu Beginn des Jahres einen Daempfer erhalten. Seinerzeit sah sich das Unternehmen aus Austin, Texas, genoetigt, Notebooks in einer weltweiten Aktion zurueckzurufen, als bei einigen Modellen technische Probleme auftraten, die zu Schmorbraenden auf der Hauptplatine fuehren konnten (die CW berichtete).

In der Folge sah sich Dell gezwungen, mit der AST Research Inc. ein OEM-Abkommen zu schliessen und einige von deren Notebooks unter eigenem Namen - auch schon unter der Bezeichnung Latitude - zu vertreiben. Mit den aus den internen Designstudios stammenden "Latitude-XP"- und "Latitude"-Modellen will das Unternehmen die Durststrecke bei portablen Systemen nun wieder beenden.

Das leistungsstaerkere Latitude-XP-Modell baut die Sony Corp. Neben wahlweise Dual-Scan-Passiv-Matrix- oder Aktiv-Matrix-Farbmonitoren in jeweils 9,5 Zoll Groesse stattete Dell das Geraet mit Lithium-Ion- Batterien aus. Diese sollen gegenueber konventionellen Stromversorgern eine Arbeitsdauer von sechs bis acht Stunden ermoeglichen. Auch Toshiba nutzt in seinen neuen Notebooks diese Technologie. Der XP-Rechner soll rund 3200 Dollar kosten.

Das kleinere Modell besitzt ein Monochrom-Display und schlaegt mit etwa 1400 Dollar zu Buche. In die als Basismodell gedachte Version baute Dell hier nicht die effizienter arbeitenden Batterien ein. Allerdings kann man das Diskettenlaufwerk gegen einen zweiten Batterieeinschub austauschen - ein Konzept, das NEC bei seinen Notebooks schon seit langem sehr viel konsequenter durchfuehrt, lassen sich hier doch alle Subkomponenten austauschen. Beide Systeme rechnen mit 486-Prozessoren.

Richard Zwetchkenbaum von der IDC sieht die Dell-Systeme nicht als Massstab einer neuen Generation von Notebooks. Das "Wall Street Journal" zitiert ihn aber mit der Aussage, dass die Texaner mit aggressivem Preisgebaren und einem guten Design werben koennen.

John Medica, ehedem bei Apple verantwortlich fuer die Powerbook- Tragbaren und jetzt in Austin Chef der Mobil-PC-Abteilung, sagte, Dell plane bei den Rechnern niedrige Gewinnmargen ein, um in einem zunehmend attraktiver werdenden Marktsegment wieder Fuss zu fassen. Heute ist bereits jeder fuenfte verkaufte PC ein Notebook.