Vorausschauendes Analytics-System bei der DB

Predictive Maintenance spart Geld

16.06.2015
Von 
Karin Quack arbeitet als freie Autorin und Editorial Consultant vor allem zu IT-strategischen und Innovations-Themen. Zuvor war sie viele Jahre lang in leitender redaktioneller Position bei der COMPUTERWOCHE tätig.

Die Hierarchie der Wartungstypen

Und was lässt sich mit diesen Daten anstellen? Um zu verdeutlichen, welche Möglichkeiten eine intelligente Nutzung von Sensortechnik und Analytics-Werkzeugen bietetet, umriss Schwarzer kurz die vier Reifegrade der Instandhaltungs- und Reparaturservices:

1. Die einfachste -und risikoreichste - Form ist die "Reactive Maintenance": Eine Störungmeldung geht ein, wird aufgenommen (Was ist wo passiert? Wer ist betroffen?) und schließlich abgearbeitet.

2. In der "Preventive Maintenance" gibt es festgelegte Wartungsintervalle. Wenn es zwischendurch einmal knallt, geht das ins Geld - vom Imageschaden ganz zu schweigen. Deshalb gilt es, die Servicezyklen so zu wählen, dass Wartungskosten und Schadenswahrscheinlichkeit ein möglichst günstiges Verhältnis bilden.

3. Um dieses Verhältnis zu optimieren, hilft "Predictive Maintenance". Sie nutzt die mit Hilfe von Sensoren oder anderen Datenerfassungsgeräten gesammelten Verhaltensdaten der Maschinen eines bestimmten Typs, um folgende Frage zu beantworten: Welche Systeme sollten mit welcher Dringlichkeit gewartet beziehungsweise ersetzt werden, weil sie sonst innerhalb des nächsten Wartungszyklus ausfallen würden?

4. "Aber wo wir eigentlich hinwollen, ist die Maintenance Optimization", so Schwarzer. Sie geht noch einen Schritt weiter, ermittelt beispielsweise im Fall konkurrierender Störungsmeldungen, welche zuerst bearbeitet werden soll, weil die möglichen Folgen schwerer wiegen als die der anderen. Wie der Begriff schon sagt, hilft ein System der Maintenance Optimization dem Unternehmen, seine Wartungsstrategie immer weiter zu verbessern. Auf dieser Basis lassen sich auch Ausnahmesituationen leichter planen.

So weit ist die Deutsche Bahn noch längst nicht. Aber im Prinzip lässt sich das Ziel wohl erreichen, wie die Innovationsprojekte unter der Leitung von DB Systel belegt haben. Gesamt- und Referenzarchitektur sind definiert. Die Sensordaten lassen sich zu verarbeitbaren Daten konvertieren, mit Zusatzdaten anreichern und zu sinnvollen Ergebnissen verdichten. Letzteres wurde in einem Workshop anhand dreier Szenarien von DB Schenker Rail durchgespielt. Die verfügbaren Sensordaten aus den vergangenen zehn Jahren bekommt die Bahn vom Lok-Hersteller geliefert. Im Gegenzug werden die Ergebnisse an ihn zurückgespiegelt. Eine Herausforderung sei die Big-Data-Plattform, warnt Schwarzer: "So etwas kann man nicht von der Stange kaufen." Deshalb musste DB Systel sie selbst bauen - auf Basis des Open-Source-Frameworks Hadoop.

DB Systel baut für die Deutsche Bahn ein vorausschauendes Analytics-System, mit dem die Wartung der Lokomotiven optimiert werden soll. Daten und Partner richtig zu integrieren und zu koordinieren war die größte Herausforderung in dem Innovationsprojekt.
DB Systel baut für die Deutsche Bahn ein vorausschauendes Analytics-System, mit dem die Wartung der Lokomotiven optimiert werden soll. Daten und Partner richtig zu integrieren und zu koordinieren war die größte Herausforderung in dem Innovationsprojekt.
Foto: Cybrain, Fotolia.com

Erfolgsfaktor: Unstrukturiert arbeiten

Eine Projekterschwernis war darüber hinaus die Vielzahl der Partner, die koordiniert werden mussten, verriet der DB-Systel-CTO. Zudem sei es für einige Beteiligte schwierig gewesen, Auffassungen und Verhaltensweisen über Bord zu werfen. Alles, was ein traditionelles Großprojekt ausmache, müsse hier hintanstehen: "RoI - vergessen Sie`s. Business Case - viel zu früh!" Es habe auch keine strukturierten Projektberichte gegeben: "Stattdessen haben wir miteinander geredet."

Beim ersten Projekt habe sogar der Leiter ausgetauscht werden müssen, weil er nicht in der Lage gewesen sei, unstrukturiert zu arbeiten, merkte Schwarzer an: "Sie müssen einfach Spielräume schaffen und mit einer Living Agenda leben können."