Esprit-Projekte zielen auf Integration von Wissens- und Datenbanken:

Praktische Anwendung kein Wunschtraum mehr

04.07.1986

Auf die Entwicklung von KI-Werkzeugen und -Produkten, die sich in konventionelle Softwaresysteme integrieren lassen, zielen die Aktivitäten in den Projekten "Loki" und "Daida" im Rahmen des Esprit-Programms. Die Finanzierung hat zu 50 Prozent die Kommission der Europäischen Gemeinschaft übernommen. Dr. John Gallagher* gibt einen Überblick über die beiden Forschungsvorhaben.

Das Esprit-Projekt "Loki", vorgesehen für eine Gesamtdauer von fünf Jahren, beschäftigt sich mit der Integration von Wissens- und Datenbanken. Dabei liegen die Schwerpunkte auf fortschrittlichen Benutzerschnittstellen einschließlich natürlicher Sprache und Grafik.

Neben der SCS Technische Automation und Systeme sind an dem Projekt Partner aus Industrie und Forschung beteiligt, die sich zu einem internationalen Konsortium zusammengeschlossen haben: Belgian Institute of Management, Scicon Ltd., Großbritannien, Fraunhofer IAO, Stuttgart, Research Centre of Crete, Gr(...)henland, Technische Universität München, Universität Hamburg sowie Cranfield Institute of Technology, Großbritannien.

Zahlreiche Gebiete der künstlichen Intelligenz, zum Beispiel Expertensysteme, verwenden eine Wissensbank, die den Anwendungsbereich umschließt. Bei dieser "Knowledge Base" handelt es sich zum Beispiel um eine Sammlung strukturierter Objekte, Fakten, Regeln und Bedingungen. Eine benutzerfreundliche interaktive Schnittstelle sollte dem Benutzer den Zugriff auf den Inhalt der Wissensbank ermöglichen.

Konventionelle Datenbanken können Bestandteil von Wissensbanken sein. Die Architektur einer Wissensbank umfaßt bei "Loki" folgende Komponenten:

- Datenbank-Prolog-Integration: Hierbei handelt es sich einer die Schaffung einer Schnittstelle zwischen dem relationalen Datenbanksystem "Unify" und dem BIMProlog-System. Sie ermöglicht das Abfragen und Bearbeiten von Unify-Relationen unter Verwendung der deduktiven Mechanismen von Prolog.

- CML (Conceptual Modelling Language), entwickelt in Zusammenarbeit mit Professor John Mylopoulos vom Research Centre of Crete: CML ist eine objektorientierte Sprache, die Aussagen zur Festlegung von Regeln und Bedingungen enthält. Eine Version von CML wurde bei der SCS in BIMProlog implementiert, so daß CML-Strukturen und Aussagen auf Prolog abgebildet werden können. Die Software wird als High-Level-Benutzerschnittstelle auf dem Datenbank-Level von Prolog benutzt.

- Deduktive Methoden für ein die Wissensbank gerichtete Abfragen: Dabei handelt es sich um eine Zusammenstellung von Methoden, die von SCS, von der Technischen Universität München und von der Scicon Ltd. entwickelt wurden. Außer an die Wissensbank gerichteten Abfragen erlauben die Methoden Konsistenzprüfungen, Problemlösungstechniken

wie Bedingungsfortpflanzung und die Definition von Strategien.

- Eine natürlichsprachige und grafische Schnittstelle: Das Team an der Hamburger Universität unter Professor Walther von Hahn ist mit der Entwicklung des natürlichsprachigen Dialogsystems "Loqui" befaßt.

Im Rahmen des Loki-Projekts entstanden bereits zwei konkrete Anwendungen. Die erste Applikation ist ein Expertensystem zum Entwurf von Flugzeugtragflächen, das am Cranfield Institute of Technology und bei der Scicon Ltd. entwickelt, wird. Der Benutzer gibt die allgemeinen Bedingungen wie Gewicht, Geschwindigkeit und Tragkraft an. Das System führt dann den User durch den Entwurfsvorgang und sorgt für die Erfüllung der Bedingungen.

Der zweite Anwendungsbereich betrifft das Projektmanagement. Dieses Modell umfaßt Aktivitätenstrukturen, Personalspezifikationen, Ressourcenverteilung und Zeitpläne. Es basiert auf dem zur Software-Engineering-Umgebung "Prados" gehörenden Projektmanagementsystem, das bei SCS entwickelt wurde. Das CML-Modell stellt die Basis für eine Schnittstelle zwischen dem natürlichsprachigen Dialogsystem "Loqui" und dem Projektmanagementsystem "Prados" dar.

Das Esprit-Projekt "Daida" lief im März 1986 an. Seine Dauer ist auf vier Jahre angesetzt. Ziel ist die Erstellung von Werkzeugen für den Entwurf und die Entwicklung von Informationssystemen. Aufgabe der Tools ist die Beweisführung und Integration der verschiedenen Entwurfszustände, insbesondere Darstellung des Anwendungsbereichs, Systemspezifikation, Prototyping des Systems sowie Entwurf und Entwicklung der Software.

Die Sprache CML des Loki-Projekts stellt die Basis für die Entwurfs- und Prototyping-Werkzeuge dar. SCS wird in Zusammenarbeit mit dem Research der BP Information Technology Research Unit und dem Belgian Institute of Management, eine CML-Umgebung entwickeln, die dem Entwurf von Bereichsmodellen und Systemspezifikationen sowie der Beweisführung dient.

Die Verwendung künstlicher Intelligenz für automatische Beweisführung und Wissensdarstellung ist, ein Hauptbestandteil des Daida-Projekts. Dies gilt, vor allem dann, wenn die frühen Phasen im Software-Life-Cycle betroffen sind.

* Dr. John Gallagher ist bei der SCS Technische Automation und Systeme GmbH in Hamburg im Rahmen des Esprit-Projekts "Loki" tätig. Er arbeitete als Gutachter für Esprit und für die Europäisches Kommission.