Wettbewerb "Coolstes IT-Praktikum"

Praktikanten wollen dazugehören

17.10.2013
Von 
Alexandra Mesmer war bis Juli 2021 Redakteurin der Computerwoche, danach wechselte sie zu dem IT-Dienstleister MaibornWolff, wo sie derzeit als Head of Communications arbeitet.
Behandeln Firmen Studenten wie Mitarbeiter, können sie den IT-Nachwuchs auf sich aufmerksam machen und an sich binden. Das zeigte der Wettbewerb „Das coolste IT-Praktikum“.

Kaffee kochen, mal was kopieren, den anderen bei ihrer Arbeit zuschauen und ansonsten die Zeit irgendwie rumbringen: Solche Assoziationen weckt ein Praktikum schon lange nicht mehr. Im Gegenteil, die Generation Y erwartet von einem Praktikumsplatz anspruchsvolle Aufgaben, selbständiges Arbeiten sowie erste Verantwortung. Und sie erhofft sich die Chance auf eine Weiterbeschäftigung. Flache Hierarchien, kurze Entscheidungswege und ein lockerer Austausch sind den Einsteigern wichtig, ebenso ein Betreuer, der sie einarbeitet und den sie bei Problemen ansprechen können.

Das geht aus einer Umfrage unter 1283 Studenten zum Thema „Das coolste IT-Praktikum" hervor, die das Karriereportal Alphajump mit der Werbeagentur 247Grad und der COMPUTERWOCHE organisiert hat. In einer zweiten Umfrage, an der 63 mittelständische Unternehmen teilnahmen, stellte sich heraus, dass sich die Arbeitgeber auf die neuen Bedürfnisse der Generation Y eingerichtet haben: Sie lassen ihre Praktikanten selbständig arbeiten und entlohnen sie mit 200 bis 500 Euro im Monat. Zwei Drittel der befragten Unternehmen beschäftigen ehemalige Praktikanten als Werkstudenten oder Mitarbeiter weiter. Nur das Verknüpfen von Studien- und Praktikumsinhalten gelingt zu selten, stellt Alphajump-Geschäftsführer Mario Bauer fest.

Die ersten drei Plätze im Wettbewerb „Das coolste IT-Praktikum" besetzen Unternehmen, denen es besonders gut gelungen ist, die Vorstellungen und Erwartungen der Studenten mit dem Arbeitsangebot im eigenen Haus in Übereinstimmung zu bringen. So hatten im Wettbewerb am Ende der IT-Dienstleister Topalis aus Korntal-Münchingen, der Spielehersteller Gameforge aus Karlsruhe und das IT-Systemhaus Profi Engineering Systems aus Darmstadt die Nase vorn

1. Platz: Topalis

Ein explizites Praktikantenprogramm bietet Topalis nicht – bei sieben Praktika für Studenten und Schüler im Jahr ist das auch gar nicht nötig. Dennoch nimmt der IT-Dienstleister, der 65 Mitarbeiter beschäftigt und in den Bereichen IT-Security, E-Business, Open Source und Rechenzentrums-Betrieb aktiv ist, das Thema ernst. So werden Praktikanten extra zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen, um die gegenseitigen Erwartungen abzuklären. „Wir überlegen uns vorher, wo und wie wir einen Praktikanten am besten einsetzen können, und nicht erst in der Woche, in der der Praktikant anfängt", sagt Personalreferentin Annett Wagner. Ein Betreuer aus der Fachabteilung begleitet den Praktikanten, der in Projekten oder an Produkten, etwa für die Sicherheit mobiler Endgeräte, mitarbeiten darf. Bei längeren Praktika gehen die Studenten auch mit zum Kunden. Nach dem Praktikum können sie als Werkstudent bleiben oder ihre Abschlussarbeit bei Topalis verfassen.

Annett Wagner, Topalis: "Wir behandeln Praktikanten wie vollwertige Mitarbeiter."
Annett Wagner, Topalis: "Wir behandeln Praktikanten wie vollwertige Mitarbeiter."
Foto: Topalis

Warum ist ein Praktikum bei Topalis cool? Wagner macht das an zwei Punkten fest: „Die Studenten arbeiten mit Spezialisten zusammen, von denen sie viel lernen können. Sie fühlen sich bei uns wohl, weil sie wie vollwertige Mitarbeiter behandelt werden." Positive Resonanz hilft dem kleinen Unternehmen in doppelter Hinsicht, so Wagner: „Für uns sind Praktika nicht nur ein Instrument, um Mitarbeiter zu rekrutieren.Uns geht es auch um den Ruf als Arbeitgeber, da die Praktikanten anderen von ihren Erfahrungen erzählen und wir so bekannter werden."

2. Platz: Gameforge

Pia Specht, Gameforge: "Ohne das Praktikum hätte ich meinen jetztigen Job nicht bekommen."
Pia Specht, Gameforge: "Ohne das Praktikum hätte ich meinen jetztigen Job nicht bekommen."
Foto: Gameforge

Pia Specht, 25 Jahre, arbeitet seit einigen Monaten als Junior Mobile Marketing Manager bei der Karlsruher Spielefirma Gameforge. Der Übergang vom Studium der Informationswirtschaft in den Job verlief reibungslos, ein Praktikum im Online-Marketing bei Gameforge hatte ihr gezeigt, dass „die Spieleindustrie die Branche ist, die meinen Erwartungen entspricht. Der Empfang war herzlich, die Arbeitsatmosphäre ist locker und nett. Wir sind ein sozial aktives Gefüge und unternehmen auch privat viel miteinander. Für den Job hilft es ungemein, wenn sich alle auch privat verstehen."

Offene Türen und Duzkultur schaffen laut Personalfrau Dea Wesslowski ein „Klima, in dem es leichtfällt, sich und seine Ideen einzubringen, egal welcher Titel auf der Visitenkarte steht". Dazu komme der Alterdurchschnitt von 32 Jahren, so Wesslowski weiter: „Durch den geringen Altersunterschied zwischen Praktikanten und Mitarbeitern finden Studenten leicht Anschluss und sind von Anfang an in die Teams eingebunden."

Erwartet wird im Gegenzug eine „Hands-on-Mentalität" und dass Praktikanten zu 100 Prozent hinter ihrem Projekt stehen. Pia Specht hat sich so gut ins Mobile Marketing eingearbeitet, dass sie sich für eine Festanstellung empfehlen konnte: „Ohne Praktikum hätte ich die Stelle nicht bekommen."

3. Platz: Profi Engineering Systems

Seit 15 Jahren bietet das Darmstädter Systemhaus Profi Engineering Systems, das deutschlandweit 350 Mitarbeiter beschäftigt, Praktika für Schüler und Studenten an. In den Augen von Entwicklungsleiter Martin Dotterweich gibt es keinen wirkungsvolleren und kostengünstigeren Weg, den potenziellen Nachwuchs kennenzulernen. Die Studenten werden in das Tagesgeschäft und die Projekte eingebunden, entwickeln zum Beispiel ein bestimmtes Modul für eine App, lernen aber auch mehrere Abteilungen kennen, damit sie eine Vorstellung vom Arbeiten in einem Systemhaus bekommen.

Aufgeschlossen und kommunikativ sollen Praktikanten sein, so Martin Dotterweich, Entwicklungsleiter von Profi Engineering Systems (links).
Aufgeschlossen und kommunikativ sollen Praktikanten sein, so Martin Dotterweich, Entwicklungsleiter von Profi Engineering Systems (links).
Foto: Profi AG

Wird ein Praktikant ins Team aufgenommen und hat das Gefühl, dazuzugehören, ist ein Praktikum cool: „Dann fühlt er sich wie ein echter ‚Profi‘, wie wir unsere Mitarbeiter nennen", so Dotterweich. Es gebe „nichts Schlimmeres, als Praktikanten zu unterfordern, dann macht sich Langeweile breit. Arbeit ist dann befriedigend, wenn man etwas leisten muss." Für die 15 bis 20 Praktikantenplätze im Jahr erhält die Profi AG genug Bewerbungen, allerdings entsprechen viele nicht den Anforderungen, so der Entwicklungsleiter: „Praktikanten sollten ein grundsätzliches Interesse an IT und unserem Unternehmen mitbringen, dazu viel Engagement und Selbständigkeit. Sie sollten gelernt haben, einen gewissen eigenen Gestaltungsspielraum sinnvoll zu nutzen. Braucht ein Praktikant einen Animateur, geht das schief."

"Wer sich für Studenten interessiert, wird sie auch begeistern"

Mario Bauer ist Gründer und Geschäftsführer des Karriereportals Alphajump.
Mario Bauer ist Gründer und Geschäftsführer des Karriereportals Alphajump.
Foto: Alphajump

Um als attraktiver Arbeitgeber wahrgenommen zu werden, sollten mittelständische Unternehmen schon bei Praktikanten ansetzen, sagt Mario Bauer, Geschäftsführer von Alphajump. Das Koblenzer Karriereportal hat unter dem Motto „Das coolste IT-Praktikum" 1283 Studenten und 63 Unternehmen befragt.

CW: Wann empfinden Studenten ein IT-Praktikum als „cool"?

Mario Bauer: Auch für Praktikanten sind Unternehmenskultur und Work-Life-Balance schon wichtige Punkte. Wenn sich das Unternehmen für die Studenten interessiert und sie zielgruppenspezifisch einsetzt, wird es sie auch begeistern.

CW: In Ihrer Umfrage hat aber jedes dritte Unternehmen zugegeben, dass sich die Inhalte des Praktikums nur teilweise mit den Themen des Studiums verknüpfen lassen.

Bauer: Diese Zahl hat uns auch überrascht. Ich denke, viele kleine Betriebe wissen oft nicht, wie weit Praktikanten in ihrem Studium schon sind. Darum nutzen sie das Praktikum oder eine anschließende Tätigkeit als Werkstudent noch nicht in dem Maße als Rekrutierungsinstrument, wie sie es eigentlich tun könnten. Ein Praktikum ist eine gute Gelegenheit, um passende Kandidaten zu identifizieren. Andererseits kann man jungen Menschen, die noch nicht wissen, wie sie sich beruflich orientieren sollen, eine Richtung aufzeigen.

CW: Nur ein Drittel der von Ihnen befragten Studenten verfügt über Erfahrungen aus mehreren Praktika. Lassen die Studiengänge zu wenig Raum für die Praxis?

Bauer: Ob jemand nur ein Pflichtpraktikum oder mehrere Praktika absolviert, ist keine Frage des Studiengangs. Studenten privater Hochschulen kommen auf acht und mehr Praktika, während ihre Kommilitonen an staatlichen Universitäten oft nur ein Praktikum machen. Das liegt daran, dass private Bildungseinrichtungen häufig enger mit der Wirtschaft kooperieren und unter anderem auch Praktika vermitteln.