Spreu vom Weizen trennen

PPS-Studie: Zweifel an OO-Aussagen der Hersteller

06.03.1998

Neben Objektorientierung gehörten Internet-Anbindung, Groupware- und Workflow-Integration sowie Euro- und Jahr-2000-Fähigkeit zu den Schwerpunkten der Untersuchung. Die Daten von 46 Systemen wurden ausgewertet, darunter die Hersteller Baan, BIW, Infor, JBA, Navision und SAP. Insgesamt sollen die erfaßten Lösungen rund 90 Prozent der installierten PPS-Basis im deutschsprachigen Raum abdecken.

Kritisch äußern sich die Analysten vor allem über die Angaben zur Objektorientierung der Pakete. Einen wirklichen Nutzen würden OO-Techniken im PPS-Alltag nur dann bringen, wenn über die klassischen Customizing-Szenarien im Sinne von Menü- oder Maskenanpassung hinaus ein benutzergesteuerter Eingriff in die Software-Abläufe möglich sei. Erst dann könne die Applikation ohne Programmieraufwand an veränderte Geschäftsabläufe angepaßt werden. Rund 70 Prozent der Anbieter geben an, diese Forderung künftig erfüllen zu können, bei 57 Prozent der Befragten soll es bereits fertige Produkte geben. Sehr unterschiedlich ist allerdings der zu diesem Ziel eingeschlagene Weg. 47 Prozent der Befragten wollen für ihre OO-Applikationen auschließlich neuen Code verwenden - sie also "auf der grünen Wiese" neu erstellen. Hier melden die Analysten jedoch erhebliche Zweifel an. Es sei kaum zu erwarten, daß auch nur einer der Anbieter die vielen Mannjahre, die er in die Entwicklung des bestehenden Produkts gesteckt hat, nun in eine völlig neue Komplettlösung investiert. Wer das ernst meint, so heißt es bei MWZ, wird in den nächsten Jahren allenfalls zu einer Lösung kommen, die eher einem Tool mit Klassenbibliotheken ähnelt, als einer praxistauglichen Anwendung.

Eine reelle Chance räumen die Analysten dagegen den 28 Prozent der Anbieter ein, die über eine eigene Entwicklungsumgebung mit Framework-Techniken und Mapping-Verfahren verfügen. Strukturierter Legacy-Code wird dafür in Form von Funktionsbausteinen gekapselt und mit Schnittstellen versehen, auf die man anhand von Adaptoren innerhalb eines OO-Frameworks zugreifen kann. Nur so sei gewährleistet, vorhandenen, stabil laufenden Code bis auf die Funktionsebene hin individuell zu behandeln.

Eindeutig sind dagegen die Aussagen von neun Prozent der Umfrageteilnehmer: Bei ihnen finden keine Aktivitäten hinsichtlich OO-Techniken statt.

Hektische Betriebsamkeit herrscht bei vielen Herstellern auch noch in Sachen Euro und Jahr 2000. Mehr als die Hälfte der Anbieter (54 Prozent) sehen ihre Systeme fit für den Euro - zumindest im Rahmen der bislang bekannten gesetzlichen Bestimmungen. Immerhin 43 Prozent der Befragten haben den Anpassungsprozeß ihrer Software noch vor sich. Sie trauen sich aber zu, die Umstellung rechtzeitig zum kommenden Jahreswechsel im Griff zu haben. Erstaunlicherweise haben drei Prozent der PPS-Anbieter die Segel bezüglich des Euros gestrichen.

Ein klares Votum verzeichnen die Analysten bei der Jahr-2000-Fähigkeit: 96 Prozent der Anbieter behaupten, für diese Aufgabe gerüstet zu sein. Die restlichen vier Prozent wollen das Problem spätestens bis Ende 1999 gelöst haben. Je später ein System allerdings den Datumswechsel beherrscht, desto weniger eignet es sich für Branchen mit längeren Planungsphasen.