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Power-Prozessoren für Big Blues Big Iron?

22.05.2002

MÜNCHEN (COMPUTERWOCHE) - Eine kleine Sensation wäre es schon, was heute in der US-Presse zu lesen ist: IBM wolle mittel- bis langfristig seine "zSeries"-Mainframes mit den gleichen Power-Prozessoren bestücken, wie sie derzeit bereits in den Midrange-Systemen "iSeries" und "pSeries" stecken. Auf diese Weise wolle der Konzern Aufwand und Kosten für die Hardware-Entwicklung deutlich reduzieren. "Zum ersten Mal führt IBM drei seiner vier Server zu einer gemeinsamen Hardware-Plattform zusammen", zitiert "Cnet" aus einem internen IBM-Papier. In diesem sei ferner die Rede davon, dass über alle Serverlinien inklusive der Intel-basierten "xSeries" künftig die I/O-Technik "Infiniband" zum Einsatz kommen werde.

Vice President Bill Zeitler mit einem z900-Prozessor
Vice President Bill Zeitler mit einem z900-Prozessor

Allerdings wird vor allem im Mainframe-Sektor nichts so heiß gegessen, wie es gekocht wird - eine Migration auf Power-Prozessoren dürfte gegebenenfalls nicht vor der Einführung der "Power6"-Generation irgendwann 2006 erfolgen. Selbst der Umstieg von den früheren 31-Bit-Prozessoren auf die aktuellen 64-Bit-CPUs, die mit dem z900 im Jahre 2000 eingeführt wurden, nahm Jahre in Anspruch. In der iSeries, damals noch AS/400, debütierten 64-Bit-Prozessoren dagegen bereits 1995 (hier gelang IBM auch bereits ein Wechsel der Hardware-Plattform, ohne die loyale Kundenbasis zu verlieren), in der pSeries a.k.a. RS/6000 zwei Jahre später. Aber dass IBM langfristig plant, ist gewiss. "IBM denkt nicht in normalen Zeiträumen. Ihre Planungshorizonte sind viel langfristiger", schreibt beispielsweise Kevin Krewell vom "Microprocessor Report".

"Als langfristiges Vorhaben macht das wahrscheinlich einigen Sinn", kommentiert Kollege Jonathan Eunice von Illuminata das Konsolidierungsprojekt. Die Experten sind sich aber auch einig, dass die heutige Power-Prozessoren von den aus Design-Aspekten eigentlich antiquierten Großrechner-CPUs noch immer meilenweit entfernt sind. Die Mainframe-Prozessoren haben im Wesentlichen zwei Cores, die gleichzeitig dieselben Instruktionen abarbeiten. Kommt dabei ein unterschiedliches Ergebnis heraus, wird automatisch - auch mehrfach - neu berechnet. Differieren die Resultate dann immer noch, wird die Aufgabe sicherheitshalber an einen andere Prozessor weitergereicht. "Das sind die Dinge, die eine Windows- oder Unix-Box in Panik versetzen", erläutert Eunice. "Was ein zServer da macht, ist verdammt anspruchsvoll. Wäre es das nicht, würde es ja jede Kiste von Dell, HP und Sun auch machen."

Update: IBMs Pressesprecher Hans-Jürgen Rehm hat für uns im Entwicklungslabor nachgefragt. Von dort kam eher ein Dementi. Im vergangenen Jahr habe es in der Tat derartige Überlegungen zur Zukunft der Server gegeben, man sei aber mittlerweile weg von der Idee. Die Zukunft gehöre zweifellos gemeinsamen Systemstrukturen, diese müssten aber nicht unbedingt auch den gleichen Prozessor haben. Auch unter dem Gesichtspunkt der Wirtschaftlichkeit winken die IBM-Experten demnach ab: Es sei wichtiger, gleiche Technologiegrundlagen zu haben als einen gemeinsamen Prozessor. (tc)