Negative Auswirkungen des Streiks auf Lieferanten

Poststreik: Wenn die Rechnung nicht ankommt

08.07.2015
Von 
Andreas Thonig ist Country Manager DACH bei Tradeshift und verfügt über mehr als zehn Jahre Erfahrung in den Bereichen E-Invoicing, Business Collaboration und E-Procurement. Vorher war der studierte Bankfachwirt bei SAP / Ariba als Senior Product Sales Executive sowie als Associate Director bei Lufthansa AirPlus tätig und führte als CEO die Siacon GmbH, eine Tochter der Bayern LB. Darüber hinaus ist Thonig Mitbegründer des Verbands elektronische Rechnung (VeR).
52 Tage lang wurden in Deutschland Briefe und Päckchen zum Teil nur unregelmäßig und stark verzögert zugestellt. Auch wenn sich die Situation jetzt langsam auflöst, stellt sich die Frage, ob der Rechnungsversand auf dem Postweg noch zeitgemäß ist.

Bundesweit bekamen Privatpersonen, Behörden, Banken, Versicherungen und natürlich Unternehmen jeder Art und Größe die Folgen des Poststreiks täglich zu spüren, wenn der Briefkasten leer bleibt.

Postzusteller
Postzusteller
Foto: DHL

Mögliche Auswirkungen des Streiks auf die Wirtschaft

In Industrieländern beträgt der Anteil der Papierrechnungen zwischen 16-30 Prozent des gesamten Brief-Volumens. Das sind in Deutschland mehrere Millionen Rechnungen täglich. Nur 15 Prozent der rund 32 Milliarden Rechnungen, die jährlich in Deutschland anfallen, werden laut einer Erhebung von Bonpago elektronisch ausgetauscht. Oftmals sind es kleine und mittelständische Unternehmen, die ihre Buchhaltung noch nicht digitalisiert haben und ihre Rechnungen weiterhin in Papierform stellen.

Erst wenn die Rechnung beim Empfänger ankommt, ist dieser nach geltendem deutschen Recht verpflichtet zu zahlen. Ebenso beginnen Zahlungsfristen in der Regel auch erst nach Erhalt der Rechnung zu laufen. Die Folgen sind klar: Kommt die Rechnung auf Grund eines andauernden Streiks der Zusteller verspätet an, verzögert sich auch die Zahlung. Und das kann gerade KMU, die auf einen regelmäßigen Cash-Flow angewiesen sind, schnell in Bedrängnis bringen und die deutsche Wirtschaft insgesamt schädigen.

Notwendige Umstellung von Papier- auf elektronische Rechnung

In der Tat sind viele Geschäftsprozesse auch im B2B-Bereich, etwa zwischen Unternehmen und ihren Lieferanten, auch in Deutschland noch lange nicht digitalisiert. Betrachtet man beispielsweise die Rechnungsstellung als einen der am stärksten digitalisierten B2B-Prozesse, wird die Verwendung einer vollständig elektronischen Rechnungsstellung auf rund acht Prozent der Unternehmen geschätzt - in der EU liegt dieser Wert bei etwa 24 Prozent.

Wo liegen die Hürden für eine Umstellung? Oftmals stoßen Unternehmen, die ihren Rechnungsprozess digitalisieren wollen, auf Widerstände bei den Lieferanten selbst. Gründe dafür sind technisch aufwändige Systeme, die für nicht-technisch vorgebildete Benutzer kompliziert zu bedienen und daher fehleranfällig sind. Zudem fallen für die Lieferanten oftmals Kosten an, wenn sie ihre Rechnung in elektronischem Format stellen wollen. Erst wenn diese Hürden abgebaut sind, können Lieferanten auf elektronische Rechnungsstellen umstellen. (bw)