CeBIT-Trends/Weniger administrativer Ballast, mehr Mitarbeiterorientierung

Portale für das Personal-Management

14.03.2003
Mitarbeiterportale informieren die Beschäftigten und entlasten die Personalabteilung von administrativer Routine. Die Personalabteilung kann sich auf Service und Beratung konzentrieren. Von Vasilios Triadis*

Die Ressource "Personal" muss in Zukunft effizienter verwaltet werden. Gleichzeitig sollen die Mitarbeiter enger an das Unternehmen gebunden und damit zu höheren Leistungen motiviert werden.

Für die Personalabteilungen bedeutet das: weg von den administrativen Routinetätigkeiten hin zu strategischen Aufgaben wie Recruiting und individuelle Beratung. Derzeit befassen sie sich immer noch bis zu 60 Prozent mit Verwaltungsaufgaben wie dem Erfassen und Ablegen von Urlaubsanträgen, dem Verteilen und Abheften von Verdienstabrechnungen, dem Berechnen und Erfassen von Überstunden oder dem Aktualisieren von Bankverbindungen, Namen und Adressen. In Zukunft dürfte sich dieser Anteil deutlich zugunsten strategischer Aufgaben verschieben. Das heißt: Nicht die Verwaltung, sondern die Mitarbeiter werden im Zentrum stehen. Das Konzept dafür heißt "Employee-Relationship Management" (ERM). Die technische Basis liefern Web-gestützte Mitarbeiterportale. Sie sind ein geeignetes Instrument, um die Prozesse in der Personalarbeit zu verbessern, Verwaltungskosten einzusparen sowie Service und Beratung zu unterstützen.

Mitarbeiterportale können genutzt werden, um personalwirtschaftliche Aufgaben an Mitarbeiter und Führungskräfte zu delegieren. Voraussetzung dafür ist eine Web-fähige Personalsoftware, die einzelne Funktionen und Informationen der Software rollen-, funktions- und personenspezifisch zur Verfügung stellen kann. Bisher diskutierte man diesen Ansatz unter dem Stichwort Employee Self Service (ESS). Das ERM-Konzept reicht jedoch weiter: Es geht nicht nur darum, dass die Mitarbeiter Verantwortung für einen Teil des Human-Resource-Management übernehmen - umgekehrt muss die Personalabteilung auch den Mitarbeitern einen Mehrwert in Form von mehr Serviceorientierung und Entwicklungsmöglichkeiten bieten. Denn nur so kann ein solches Konzept auf Akzeptanz stoßen. Gleichzeitig geht es darum, den gesamten Kommunikationsfluss im Unternehmen effizienter zu gestalten: Mit integrierten Verfahren beispielsweise für Anträge und Genehmigungen gelangen Daten und Vorgänge mit Hilfe des Mitarbeiterportals direkt zu den Entscheidern. Durch eine solche prozessorientierte Arbeitsweise, die durch die Nutzung der Workflow-Funktionalität weitestgehend automatisiert werden sollte, lassen sich durchaus messbare Effizienzsteigerungen für ein Unternehmen erreichen.

Bei ERM stehen die Verbesserung der Mitarbeiterproduktivität, die umfassende Betreuung und dauerhafte Bindung des Personals sowie der verlässliche Wissensaustausch im Vordergrund. Dafür ist ein Lösungsansatz erforderlich, der typische Portalfunktionen wie Collaboration, Community-Management und Content-Management mit den klassischen Personal-Management- und Payroll-Funktioen verbindet.

Eine "Must-read"-Funktion

Ein Mitarbeiterportal im Sinne der ERM-Idee besteht aus fünf wesentlichen Funktionsbereichen:

- Portal-Funktionen,

- Personal-Management- und Payroll-Funktionen,

- Wissens-Management,

- Mitarbeiterkommunikation sowie

- Rollen- und Berechtigungskonzept.

Portalfunktionen: Sie bilden die Grundlage für einen Internet-basierenden Zugang zu Informationen und für den einfachen Umgang mit online bereitzustellenden Inhalten. Mittels Content-Management-System (CMS) werden die Inhalte verwaltet. Die Navigation durch den Content geschieht sowohl über hierarchische Bäume als auch projektbezogen. Darüber hinaus sollte eine "Must-read"-Funktion bestehen, um sicherzustellen, dass bestimmte Inhalte gelesen werden. Mit der Definition von Teamrooms lassen sich Collaboration-Funktionen unterstützen. Verteilte Teams können so gemeinsam an Dokumenten arbeiten sowie Foren, Aufgabenlisten und Teamkalender nutzen, um ihre Projektarbeit besser zu strukturieren und Informationen effektiver zu verwalten.

Personal-Management- und Payroll-Funktionen: Mitarbeitern wird über das Portal die Möglichkeit geboten, Teile der Personalsoftware des Unternehmens selbst zu nutzen und diejenigen Informationen abzurufen, für die sie eine Berechtigung haben. Beispiele sind Online-Anmeldungen zu Seminaren, die komplette Abwicklung von Dienstreisen, elektronische Personalakten, Urlaubsanträge bis hin zu Self-Assessments oder 360-Grad-Feedbacks. Da-rüber hinaus können Mitarbeiter Brutto-Netto-Berechnungen ihres Gehaltes anstellen, beispielsweise um zu planen, wie viel sie für ein Sabbatical oder die Altersvorsorge sparen wollen.

Viele Standardanfragen an die Personalabteilung können mit Hilfe des Portals zeitnah beantwortet werden, weil Mitarbeiter selbst Zugriff auf ihre persönlichen Daten erhalten. Führungskräfte bekommen zusätzlich die Möglichkeit, die Personalkosten ihres Teams zu planen, Kostenhochrechnungen oder Reports zu erstellen. Außerdem können sie in Workflows, beispielsweise für Stellenbesetzungen, eingebunden werden. Dabei sehen die Führungskräfte über ihre personalisierte Portaloberfläche genau die Aufgaben, die von ihnen persönlich bearbeitet werden müssen.

Wissens-Management: Ohne Zweifel ist Wissen ein entscheidender Wettbewerbsfaktor. Für eine sinnvolle Aufbereitung, Strukturierung und Bereitstellung reichen technisch gesehen die genannten Portalfunktionen aus.

Es können Foren oder Chats eingerichtet werden

Zusätzlich muss eine weitaus größere Herausforderung gemeistert werden: die Mitarbeiter müssen bereit sein, ihr Wissen in einem grundsätzlich zu vereinbarenden Rahmen zu dokumentieren. Verordnen lässt sich das nicht. Hier ist die Personalabteilung gefragt. In ihrer Verantwortung liegt es, Mitarbeiter zu motivieren und die Grundlagen dafür zu schaffen, das Wissen zentral zu steuern und strategisch zu nutzen. Wissen wird idealerweise über Communities bereitgestellt, diskutiert und aufgenommen. Es können Foren oder Chats eingerichtet werden, etwa um spezielle Problemstellungen zu diskutieren. Die Zusammenarbeit zwischen Mitarbeitern, aber auch mit Partnern oder Kunden, lässt sich damit lebendiger und effizienter gestalten.

Mitarbeiterkommunikation: Unternehmensstrukturen und Zuständigkeiten unterliegen kurzen Verfallszeiten. Projektarbeit und häufige Veränderungen bestimmen den Unternehmensalltag. Bei vielen Mitarbeitern erzeugt permanenter Wechsel Unsicherheit. Für die Produktivität eines Unternehmens kann sich das verheerend auswirken. Eine offene Kommunikationspolitik vermeidet die Weitergabe der wichtigsten Informationen via "Flurfunk". Ein Mitarbeiterportal ermöglicht es, interne Zielgruppen effizient zu erreichen, sie über Unternehmensziele zu informieren oder Veränderungen transparent zu machen, Bereichsleistungen, Projektziele und Ergebnisse planvoll und verantwortungsbewusst mitzuteilen.

Rollen- und Berechtigungskonzept: Ein fein abgestuftes Berechtigungskonzept regelt den Zugang zum Mitarbeiterportal. Das ist notwendig, da eine Vielzahl von persönlichen und streng vertraulichen Informationen geschützt werden muss. Darüber hinaus geht es darum, Mitarbeiter nicht in einen Informationsdschungel zu lotsen, sondern ihnen genau die Informationen und Anwendungen zur Verfügung zu stellen, die sie wirklich brauchen. Dies geschieht am besten über einen "Single-Sign-on", also einen einzigen Login für den Zugriff auf das personalisierte Portal. Entsprechend ihrer Rolle und Funktion in der Unternehmensstruktur werden den Mitarbeitern Zugriffsberechtigungen zugewiesen. Die Rolle eines Mitarbeiters ergibt sich aus dem Organigramm, das im Personal-Management-System des Unternehmens hinterlegt sein muss. Diese Information ist Basis für die rollenbasierenden Zugriffe und Prozesse.

Der Einsatz eines Mitarbeiterportals lohnt sich für Unternehmen ab etwa 500 Beschäftigten, bei sehr dezentral strukturierten Organisationen auch schon in kleineren Firmen. Die erzielbaren Einsparungen zeigen sich vor allem mittelbar und lassen sich pauschal nur schwer quantifizieren, können aber je nach Unternehmensgröße jährlich mehrere hunderttausend Euro erreichen. (bi)

*Vasilios Triadis ist Vorstand Entwicklung (CTO) bei der P&I Personal & Informatik AG in Wiesbaden.

Angeklickt

- Die im Begriff Employee Relationship Management (ERM) beinhaltete Mitarbeiter-Beziehungspflege ist keineswegs ein Kostenfresser und deshalb etwas für Schönwettertagen im Wirtschaftsleben.

- Prozesskostenoptimierung und Mitarbeiterorientierung sind die beiden Seiten einer Medaille.

- Mitarbeiter-Beziehungspflege bleibt eine Worthülse, solange sie nicht praktisch umgesetzt werden kann - ein Mitarbeiterportal liefert die notwendigen technischen Voraussetzungen.

Anbieter von Mitarbeiterportalen

Name des Herstellers / Produkt

P&I Personal & Informatik, www.pi-ag.com / Loga Employee Relationship Management

Peoplesoft, www.peoplesoft.de / Peoplesoft Human Capital Management

SAP, www.sap.de / Mysap Human Resources

Oracle, www.oracle.de / Oracle Self-Service Human Resources

Meta4, www.meta4.com / Meta4 Peoplenet

H.R. Management Software, www.hrsoftware.de / H.R. Personalmanager

Perbit, www.perbit.de / eHR@Perbitviews

Die Übersicht erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit.

Abb: Travel Management im Mitarbeiterportal

Mitarbeitern wird über das Portal die Möglichkeit geboten, Teile der Personalsoftware selbst zu nutzen. Quelle: P&J