Obama auf der Klimakonferenz

Polizei Kopenhagen geht mit Macs auf Nummer sicher

04.12.2009
Von 
Thomas Cloer war Redakteur der Computerwoche.
Nächste Woche herrscht wegen der Klimakonferenz höchste Alarmstufe in der Einsatzleitzentrale der Kopenhagener Polizei - auch, weil US-Präsident Barack Obama teilnimmt. Für die Sicherheit der Konferenzteilnehmer sorgen Rechner ausschließlich von Apple.

Vier oder fünf Jahre ist es her, dass sich die Polizei Kopenhagen auf die Suche nach einem neuen CAD-System (Computer Aided Dispatch in diesem Zusammenhang) machen musste. Die bisherigen Unix-, genauer gesagt NextStep-Server liefen zwar seit 1996 mit einer grandiosen Uptime von "vier Neunen", also 99,9999 Prozent. Allerdings wurde es langsam zum Problem, noch Ersatzteile für die Systeme zu bekommen.

Also machten sich die Beamten auf und schauten sich verschiedene Operations Center in anderen europäischen Metropolen an. Dort standen überall Windows-Rechner mit Software von einschlägigen Lieferanten wie Intergraph oder Motorola. Und das gefiel den Dänen, die die Macs an ihren Arbeitsplätzen über die Jahre ins Herz geschlossen hatten, irgendwie überhaupt nicht. Und sie kehrten unverrichteter Dinge zurück nach Kopenhagen.

Dann meldete sich der bisherige Software-Dienstleister, die kleine einheimische Firma Frontline mit Sitz nördlich von Kopenhagen, und sagte: "Wir haben eine neue Lösung auf Basis von Mac OS X für Euch." Nach reiflicher Überlegung entschieden sich die Beamten dann Ende 2007 für dieses neue Frontline-Konzept. Gegen viele Widerstände freilich, denn nicht nur anderswo in Europa, sondern auch im Rest von Dänemark dominieren Windows-basierende Lösungen.

Dennoch ist man im Politigård (Polizeipräsdium) Kopenhagen voll von der Mac-only-Lösung überzeugt. "Wir kommen mit einem Drittel Operators weniger aus als in vergleichbaren Abteilungen üblich", sagt Sprecher Karsten Højgaard. Das liege unter anderem daran, dass die Beamten in der Leitzentrale mit ihrem System beliebig viele Anrufprotokolle geöffnet halten und gemeinsam bearbeiten könnten.

Die mit dem Apple-Framework "Cocoa" programmierte neue Frontline-Software läuft seit dem 19. Juli dieses Jahres produktiv unter Mac OS X 10.5 "Leopard" und demnächst 10.6 "Snow Leopard". Der komplette Operator-Workflow ist papierlos. "Wenn wir irgendwo in eine Leitzentrale kommen und Papier und Stifte an den Arbeitsplätzen sehen, dann wissen wir gleich: Die haben hier ein Problem", so Højgaard weiter.

Die Mitarbeiter im Politigård arbeiten ausschließlich mit der Individualsoftware von Frontline. Über das vierstöckige Gebäude verteilt finden sich mittlerweile rund 120 Workstations (80 bei der eigentlichen Polizei, die übrigen für die Bearbeitung von Anfragen über das Bürgertelefon 114). Die meisten diese Arbeitsplätze werden mit einem Mac mini betrieben und verfügen über zumeist einen 30-Zoll-Bildschirm plus zwei 24-Zöller.

Bei den Bildschirmen greift die Polizei übrigens inzwischen auch zu anderen Lieferanten als Apple, seitdem Cupertino sein früheres 23-Zoll-Cinema-Display aus dem Programm genommen hat. Auch die Mac-Mäuse gefielen viele Mitarbeitern einfach nicht - aber dank USB kann man ja auch beliebige andere anschließen. Insgesamt stehen im Keller etwa 220 Macs mit Leopard, darunter auch eine Reihe von Xserve-Rackmount-Servern und Mac Pros. Wenn man die Bilder aus dem Politigård sieht, fühlt man sich unwillkürlich an ZDF-Sonntagskrimis wie "Protectors" oder "Der Adler" erinnert - für viele deutsche Reviere sieht das vermutlich stark nach Science Fiction aus.

Außerdem gibt es in der Einsatzleitzentrale jede Menge größere Informationsbildschirme (52- und 65-Zoll-LCDs). Sobald zu einen eingehenden Anruf (112, 911) die Adresse aufgenommen ist, wird diese auf so einem Display auf einer Karte angezeigt. Die Mapping-Lösung kommt ebenfalls aus Dänemark, und zwar von der Firma Cowiconsult. Über GPS werden auch die Standorte aller Polizeiwagen sowie der Funkgeräte von Beamten, die zu Fuß unterwegs sind, geortet und angezeigt. Der Operator kann so schnell erkennen, wer am schnellsten zu einer bestimmten Adresse geschickt werden kann. Auch die Bilder von CCTV- und anderen Kameras werden über H.264 auf die Bildschirme der Einsatzzentrale übertragen.

Das Daily Operations Center befindet sich im obersten Stock des Politigård. Nur sechs bis acht Personen nehmen dort an einem normalen 24-Stunden-Arbeitstag zwischen 800 und 1200 Anrufe auf. "An einen Freitagabend sind es natürlich deutlich mehr", scherzt Højgaard. Für besondere Ereignisse wie Fußballspiele oder eben aktuell den Weltklimagipfel gibt es aber weiter unten im Gebäude zusätzliche "Special-Events"-Räumlichkeiten für eigens abgestellte Mitarbeiter. Dort arbeitet die Polizei auch mit anderen Behörden wie Feuerwehr, Katastrophenschutz und Armee zusammen.

Mit der Sicherung der Klimakonferenz muss das neue Mac-System der Kopenhagener Polizei nun seine endgültige Feuertaufe überstehen. Højgaard ist aber angesichts der guten Erfahrungen aus der Vergangenheit sicher, dass sich Barack Obama in Dänemark genauso sicher fühlen kann wie zuhause auch. An den Macs soll es jedenfalls nicht liegen.