Die Gefahren positiven Denkens

Politiker und Blondinen sind eben so

19.02.2009
Von 
Jan-Bernd Meyer betreute als leitender Redakteur Sonderpublikationen und -projekte der COMPUTERWOCHE. Auch für die im Auftrag der Deutschen Messe AG publizierten "CeBIT News" war Meyer zuständig. Inhaltlich betreute er darüber hinaus Hardware- und Green-IT- bzw. Nachhaltigkeitsthemen sowie alles was mit politischen Hintergründen in der ITK-Szene zu tun hat.

Kein Überleben ohne Vorurteile

Prinzipiell ist dieser Denkmechanismus nicht einmal fatal. Man muss nur wissen, betont Pöppel, dass man in jedem Moment genau solche Hypothesen mit sich herumträgt. So übe man so etwas wie Selbstkontrolle aus. Wer etwa sagt, er habe keine Vorurteile, der belege damit eben genau seine Voreingenommenheit. "Jeder Mensch hat Vorurteile, sonst wären wir gar nicht lebensfähig. Wenn man das allerdings weiß, hat man schon kein Problem mehr."

Corssen erklärt die Krisenbewältigungsmechanik aus der Sicht des Psychologen: Wer in rauer See erfolgreich agieren wolle, für den sei es hilfreich, zwischen mechanischen Gedanken einerseits und dem bewussten Denken andererseits zu unterscheiden. Wenn man etwa das Wort "Krise" hört oder vom nahen "Untergang" liest, werde automatisch ein Gefühl von Bedrohung, Verlustangst oder Panik ausgelöst. "Wenn man aber zum Beobachter dieser angstauslösenden Mechanik wird, kann man sie durch bewusst kreierte Gedanken ersetzen wie beispielsweise: "Was kann ich daraus lernen?"

Einfach ist nicht immer gut

Solche biogenetischen und psychologischen Erklärungsmuster menschlicher Unzulänglichkeiten sollen allerdings nicht ablenken von der Verantwortung, die jeder Mensch für sein Leben und seine Haltungen hat. So argumentiert Pöppel, auf der Suche nach der schnellen Wahrheit abstrahiere der Mensch extrem von allen anderen Eigenschaften, um Zuordnungen vornehmen zu können. "Solch eine Komplexitätsreduzierung ist aber einer Sache nie angemessen."

Pöppel ist deshalb zum Streiter gegen die allgemein grassierende "Monokausalitis" geworden und plädiert für ein neues Denken und das "Prinzip der Komplementarität - ein generatives Prinzip, das in der theoretischen Physik als deskriptives verstanden wird", erklärt Pöppel.

Untaugliche, eindimensionale Lösungsansätze zeigten sich gerade auch jetzt: Momentan würden die Politiker mit ihren Entscheidungen einmal mehr versuchen, monokausale Lösungen zu finden: "Sie gehen einfach davon aus, dass, wenn man nur genug Geld in den Markt pumpt, die Menschen das schon ausgeben werden." Hier wären, sagt der Hirnforscher, die politisch Verantwortlichen gut beraten, nach dem Komplementaritätsprinzip besser zu überlegen, wie die Bürger sich möglicherweise verhalten werden - und auch die Banken und die potenziellen Krisengewinnler, möchte man hinzufügen.