Nachholbedarf beim Thema M2M

Politik verhindert produktive Vernetzung

22.04.2014
Von   
Tillmann Braun ist freier Journalist und Kommunikationsberater für non-profit Organisationen und Unternehmen. Sein Fachgebiet sind innovative IT-Lösungen für die Vernetzung von Menschen und Maschinen. Zu seinen Spezialthemen gehören intelligente (Heim-)Netzwerke, Machine-to-Machine-Kommunikation, Mobile Payment, IT-Strategien und vielfältig einsetzbare Kommunikationssysteme.
Mit dem Internet der Dinge und Industrie 4.0 bekommt M2M jetzt einen weiteren kräftigen Schub. Doch während etwa das Bundesministerium für Bildung und Forschung den Nutzen längst erkannt hat, hinken andere Ministerien hinterher.
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Maschinen, die eigenständig miteinander kommunizieren, sind längst Teil unseres Alltags. Energiekonzerne, Baufirmen, Automobilhersteller oder auch Krankenhäuser nutzen Machine-to-Machine-Kommunikation bereits seit vielen Jahren. Der Grund: Durch die Vernetzung von Maschinen werden aus einfachen Produkten smarte Systeme, die sich selbstständig managen und zeitnah wichtige Informationen zur Verfügung stellen. So entstehen neue Möglichkeiten wie Dienstleistungen, von denen Unternehmen und Endverbraucher profitieren.

Je nach Studie wird es bis 2020 weltweit zwischen 18 und 50 Milliarden vernetzte Maschinen geben. Welche der Prognosen tatsächlich eintreffen wird, ist angesichts der gigantischen Mengen zweitrangig. In der Automobilbranche, bei den Energieversorgern, in der Logistik und in der Unterhaltungselektronik hat sich M2M längst flächendeckend durchgesetzt. Das "Internet der Dinge" wächst rasant. Die nächste Stufe der industriellen Verschmelzung von Übertragungs- und Internet-Technologien - auch unter dem Schlagwort Industrie 4.0. bekannt - wurde vom Bundesministerium für Bildung und Forschung sogar zu einem Schwerpunkt seiner Forschungspolitik gemacht. Ziel ist es, den Entwicklungsstandort Deutschland zu unterstützen und zukunftssicher zu machen.

Das Problem ist jedoch: Allein kann das Bildungsministerium nicht allzu viel bewirken. Um etwa allgemeingültige und möglichst international anerkannte Regeln zu Dateneigentum und Datenschutz in die Wege zu leiten, müssen entsprechende gesetzliche Grundlagen und Richtlinien geschaffen werden. Gleiches gilt für andere Bereiche wie Umwelt- und Verbraucherschutz. "Die Politik muss sich Ministerien-übergreifend um die entsprechend benötigten nationalen und internationalen Rahmenbedingungen kümmern - und zwar rasch und konsequent", fordert Joachim Dressler von der M2M Alliance. "Ohne stabile Rahmenbedingungen wird der Aufschwung unnötig gebremst - und hier hat die Politik in vielen Bereichen bislang geschlafen und zu wenig Weitblick gezeigt", findet das Vorstandsmitglied des weltweit größten Branchenverbands klare Worte.

Dass entsprechende politische, regulatorische und gesellschaftliche Rahmenbedingungen erforderlich sind, wird nicht zuletzt dann deutlich, wenn man sich den wachsenden Bedarf an schnellem Informationsaustausch allein in der Arbeitswelt vor Augen führt. "Unternehmen und ihre Mitarbeiter sind mehr denn je auf den schnellen sowie gezielten Austausch von Informationen angewiesen - und das jederzeit und überall", betont Torsten Tönnies vom Beratungsunternehmen COCUS AG. M2M-Kommunikation und mobile Lösungen spielen dabei eine entscheidende Rolle. Je schneller relevante Informationen zur Verfügung stehen, desto schneller und besser kann man handeln.

"Mit der richtigen Strategie und sich daraus ableitenden Maßnahmen lassen sich die Prozesse in nahezu jedem Unternehmen deutlich verbessern und damit die Wettbewerbsfähigkeit steigern", unterstreicht Torsten Tönnies. "Vieles ist bereits möglich. Wenn Industrie und Politik hier stärker Hand in Hand arbeiten, werden schon bald heute noch revolutionär anmutende M2M-Lösungen ganz selbstverständlich Teil unserer Arbeitswelt sein", ist sich der Unternehmensberater sicher.

Industrielösungen nutzen Endverbrauchern

Dass am Ende selbst bei Lösungen, die für die Industrie entwickelt wurden, ganz normale Endverbraucher profitieren, zeigt sich auch dort, wo es nicht direkt offensichtlich ist. Ein Beispiel hierfür sind etwa M2M-Module, die die nutzungs- und verschleißabhängige Wartung von Aufzügen ermöglichen. Entwickelt wurden diese von dem mittelständischen Unternehmen Telegärtner Elektronik aus Crailsheim. Verschleißerscheinungen und potenzielle Probleme werden von den Maschinen frühzeitig erkannt und an den Betreiber kommuniziert. So werden unter anderem Wartungskosten, Ausfallzeiten und Gefahrensituationen minimiert.

"Für den Fahrstuhlnutzer bedeutet das neben der erhöhten Sicherheit, dass er seltener vor defekten Fahrstühlen steht", erklärt Geschäftsführer Thomas Hopf. "Mit allgemeinen Standards und kompatiblen Lösungen ließe sich noch wesentlich mehr erreichen, aber dafür müssten einige grundlegende Probleme angepackt werden", sieht auch Hopf Nachholbedarf in der Zusammenarbeit zwischen Politik und Industrie.

Auch im Smart-Home-Bereich werden durch die Vernetzung der eigenen vier Wände bereits in Tausenden von Haushalten Energie- und Heizkosten gespart. Angesichts der zahlreichen Vorteile für Verbraucher und Industrie ist es umso verwunderlicher, dass das Bundesministerium für Bildung und Forschung bislang das einzige Ministerium ist, das aktiv an Lösungen arbeitet, um wichtige Impulse für die Zukunft zu setzen. (mb)