Speichersilos von EMC, IBM, Hitachi und Fujitsu/Amdahl

Point-to-Point oder Busarchitektur?

19.04.2002
MÜNCHEN (kk) - Für EMC sind die goldenen Zeiten im Speichergeschäft vorbei, seit IBM, Hitachi Data Systems (HDS) und Fujitsu/Amdahl ihre Highend-Arrays präsentierten. Der Marktführer behauptet zwar, mit der Busarchitektur der "Symmetrix"-Speicher noch auf lange Zeit konkurrenzfähig zu bleiben, Analysten bezweifeln das aber.

Der Bedarf an Speicherplatz wächst mit einer Rate, von der die Wirtschaft derzeit sonst nur träumen kann: Allein für dieses Jahr prognostiziert die Meta Group einen Kapazitätsanstieg von 60 bis 65 Prozent. Speicherten Unternehmen mit einem Großrechner 1998 weltweit noch 4800 TB Daten, so erwarten die Meta-Marktforscher für dieses Jahr die vierfache Menge. Die Hardwarebudgets der Unternehmen werden allein für die Bereitstellung des Speicherplatzes mit acht Prozent belastet. Die Kosten für das Management der Datenflut - Software und Personalaufwand - schlagen noch extra zu Buche. Die Administratoren in den Unternehmen stellen deshalb im Speicherumfeld derzeit völlig neue Kalkulationen an: Errechnet werden das Verhältnis von benutztem zum Gesamtspeicherplatz, verwaltete TB je Administrator oder die Anzahl der von einem Datensatz existierenden Kopien.

Neue EntscheidungskriterienDie Implementierung von Speichernetzen wird ebenso diskutiert wie Softwarestrategien zur besseren Auslastung und vereinfachten Verwaltung der Speichergeräte. Außerdem stehen Hochverfügbarkeit und Desaster Recovery nicht erst seit dem 11. September im Zentrum der Überlegungen. Ferner fließen in die Planungen noch andere technische Gegebenheiten ein, etwa die Tatsache, dass sich die Anwender in heterogenen Hardwarelandschaften bewegen und mit verkürzten Backup-Zeiten kämpfen. Als ein Ausweg aus der Datenflut bieten sich große Speichersilos an, die zumindest die Verwaltung vereinfachen und heterogene Server bedienen können.

Derzeit bieten EMC, IBM, Hitachi und Fujitsu/Amdahl entsprechende Geräte an. Fujitsu/Amdahls "GR740" ist der Newcomer am Markt und wurde erst im vergangenen Herbst in Deutschland eingeführt. Paradoxerweise vertreibt aber nur die Fujitsu-Tochter Amdahl, eigentlich als Serviceunternehmen positioniert, das Array. Die auf Hardware fokussierte Halbschwester Fujitsu-Siemens verfügt zwar über eine auf Speicher spezialisierte Vertriebsmannschaft, verkauft aber weiter das Konkurrenzprodukt von EMC.

Die IBM, die in der Vergangenheit nahezu kampflos EMC den Highend-Speichermarkt überlassen hatte, versucht mit dem "Shark"-Speicher ein Comeback. Brancheninsider berichten aber, dass sich Big Blue derzeit über aggressives Pricing Marktanteile "erkauft". Als wichtigste Player im Highend-Markt bleiben EMC mit Symmetrix und Hitachi mit Lightning.

"EMC hinkt bei den Symmetrix-Speichern mindestens eine Generation hinter dem Mitbewerb her", behauptet Josh Krischer, Vice President and Research Director Enterprise Systems and Storage von Gartner Deutschland, seit langem. Schon Ende 2000 legte er einen Report vor, der die damals verfügbaren Highend-Speicher von EMC (Symmetrix), Hitachi (Lightning) und IBM (Shark) hinsichtlich Verfügbarkeit, Performance, Skalierbarkeit, Features und Funktionen, Service und Support sowie Beschaffungskosten untersuchte. Die addierten Einzelwerte ergaben damals ein eindeutiges Bild: Die Hitachi-Lightning war das "generell attraktivste Produkt", IBMs Shark-Speicher kam nur auf Rang drei, Marktführer EMC musste mit Platz zwei vorlieb nehmen.

Vorteile durch HitachiIm direkten Produktvergleich zwischen EMC und Hitachi zeigte die Lightning insbesondere bei der Verfügbarkeit (mehr als 20 Prozent stärker als Symmetrix) sowie Leistung und Durchsatz (knapp zwölf Prozent besser als das EMC-Angebot) Vorteile und lag nur in den Kategorien Features und Funktionen sowie Service und Support um etwa elf Prozent hinter dem Marktführer zurück. Letzteres war vor allem darauf zurückzuführen, dass Hitachi praktisch als Startup-Unternehmen im Speichergeschäft agierte und - immer noch - viel weniger Personal als EMC beschäftigt hatte.

Demnächst legt Gartner eine Neuauflage des Berichts vor, der diesmal auch das "GR740"-Array von Fujitsu würdigt. Die CW hat vorab Einblick erhalten. Der Report zeigt wiederum, dass die Symmetrix-Speicher vor allem in puncto Verfügbarkeit hinter dem Mitbewerb zurückstehen. Matthias Rabeneck, Business Development Manager bei HDS, erklärt das mit der Architektur der Symmetrix, bei der die Daten nur einmal in den Cache-Speicher geschrieben würden. Die Lightning hingegen nutze einen gespiegelten Cache-Speicher und schreibe die Daten auf zwei getrennte Cache-Boards. Dadurch ergebe sich eine doppelt so hohe Redundanz und Ausfallsicherheit.

Ein anderes Manko der EMC-Architektur zeigt sich, wenn beispielsweise der Mikrocode auf einen neuen Stand gebracht werden soll oder die Maschinen rekonfiguriert werden. Gartner-Analyst Krischer bewertet auch im neuen Report die Symmetrix hinsichtlich ausfallkritischer Hardware ("Single Point of Hardware Failure) viel schlechter als die Arrays von Amdahl, HDS und IBM. Die Lightning und das vergleichbare OEM-Produkt "HP XP512" von Hewlett-Packard erzielen bei der geplanten und ungeplanten Stehzeit im Gartner-Ranking ebenfalls deutlich bessere Werte als EMC sowie Fujitsu/Amdahl und hängen auch Big Blues Shark-Speicher ab.

Symmetrix: Neuauflage in den StartlöchernKen Steinhardt, EMCs Director Technology Analysis, ist dennoch von der Symmetrix-Architektur, die in der stärksten Maschine vier Systembusse aufweist, überzeugt: "Wenn wir mehr Leistung benötigen, verdoppeln wir einfach die Anzahl der Busse oder takten sie schneller." Steinhardt stellte eine neue Version der Symmetrix in Aussicht, die "demnächst" das Labor verlassen und in die Testphase eintreten werde. In der Branche verdichten sich die Spekulationen, EMC werde die gewohnte Busstruktur aufgeben, bestätigen wollte das beim Hersteller aber niemand. Derzeit kommt die Highend-Symmetrix mit vier Bussen aus, die die Daten jeweils mit 400 MB/s transferieren. Damit bringt es das System auf einen Bus-durchsatz von 1,6 GB/s.

Hitachi-Manager Rabeneck hält dagegen, dass im EMC-System die Daten zwar schnell transportiert, aber über jeden der vier Bussysteme nur ein I/O auf einmal ausgeführt werden kann. "Der Anwender merkt nicht, ob seine Datenbankanfrage schnell oder sehr schnell erfolgt. Er merkt aber sehr wohl, wenn viele Benutzer zugreifen wollen und er warten muss." Es mache den Charme der Lightning aus, über die internen Point-to-Point-Verbindungen 32 I/Os parallel erledigen zu könnten. Zudem sei der Datendurchsatz über die hauseigene Crossbar-Architektur mit insgesamt zweimal 3,2 GB/s doppelt so leistungsfähig wie das Bussystem von EMC, das es auf nur zweimal 1,6 GB/s bringe.

EMC baut auf Power-PC-ProzessorenEinen Vorteil des eigenen Systems sieht EMC-Manager Steinhardt in den Power-PC-Prozessoren, die seine Company in den "Channel-Director"-Karten für den Dateneingang und den "Disk-Directoren" für den Zugang zu den Festplatten verwendet. Die Risc-Chips von IBM sind mit 333 oder 400 Megahertz getaktet und vertrügen sich als General-Purpose-Bausteine mit allen Arten von Software.

Hitachi nutze noch die alten "i960"-Prozessoren von Intel, die mit maximal 100 Megahertz zu takten sind und deren Lebenszyklus sich dem Ende nähere: "Nicht umsonst hat sich Compaq von diesen Chips verabschiedet und auch auf Power-PC umgestellt." Das Problem beim Umstieg sei die Management-Software, die dann ebenfalls an die neuen Prozessoren angepasst werden muss. Diesen Schritt habe EMC beim Wechsel von Motorola 68000 auf Power-PC bereits hinter sich gebracht, er stehe Hitachi aber noch bevor. Wie wichtig leistungsstarke Prozessoren sind, zeige das Beispiel Hewlett-Packard. HP biete für die mit der Ligthning baugleiche XP 512 einen High-Performance-Modus an, bei dem die Hälfte der Eingangspfade stillgelegt werde, damit die Daten schneller in das System gelangen. "Die Intel-Prozessoren sind eine Schwachstelle der Lightning", folgert Steinhardt.

Bei HDS sieht man derzeit allerdings noch keine Notwendigkeit, den Prozessor zu wechseln. Der i960 sei 128 Bit breit und bringe es - beim Vergleich mit einem 32-Bit-Chip - selbst bei einer langsamen Einstellung von 80 Megahertz auf eine Gesamttaktrate von 320 Megahertz. Wolle man tatsächlich einmal umsteigen, sei das auch keine große Affäre, denn der i960 nutzt als Echtzeit-Betriebssystem "Vxworks" von Windriver, das es auch in einer Power-PC-Version gibt.

Im Backend setzt EMC auf SCSI-Festplatten von Seagate, während Hitachi die Fibre-Channel-Disks aus dem eigenen Haus bezieht. Sie haben den Vorteil, über zwei aktive Ports und zwei Leseköpfe zu verfügen. EMC hat nach eigenen Angaben ebenfalls mit FC-Laufwerken experimentiert, sich aber aus Performance-Gründen für SCSI entschieden. "SCSI entspricht dem Ethernet-Protokoll und taugt besser für die Speicherung vieler kleiner Datenmengen. Der Fibre Channel kann mit Token Ring verglichen werden und spielt seine Stärken beim Abspeichern großer Datenblöcke aus", erklärt EMC-Manager Steinhardt. Letztendlich entscheide die Applikation darüber, was schneller sei.

Vorsprung beim Speicher-ManagementLaut Gartner-Liste zeigt EMC gegenüber dem Mitbewerb Vorteile unter anderem beim Speicher-Management. Hier trägt offenbar das Bemühen der vergangenen Jahre Früchte, als sich EMC stark auf die Entwicklung von Software konzentrierte. Mit der "Auto-IS"-Initiative versucht der Hersteller, die Verwaltung von heterogenen Speichernetzen zu vereinfachen. Hitachi hat mit "Hicommand" im vergangenen Herbst ebenfalls ein Softwarekonzept vorgelegt, um in Sachen Management aufzuholen. Man darf gespannt sein, was die Entwicklungskooperation mit Sun Microsystems auf diesem Gebiet zuwege bringt.

Tipps für den EinkaufGartner-Analyst Josh Krischer legte auf dem diesjährigen Symposium ITxpo in Florenz einen Bericht darüber vor, auf was IT-Manager beim Einkauf von Speichern achten sollen.

Hier zusammengefasst seine Tipps:

- Identifizieren Sie Ihre Bedürfnisse, bevor Sie sich für eine Technologie entscheiden.

- Trennen Sie die Beschaffung von Speichern und Servern.

- Kaufen Sie Speicher und keine Visionen.

- Kaufen Sie nur, was Sie wirklich benötigen.

- Achten Sie auf die Preise für Software und Funktionalität.

- Überprüfen Sie die Kosten für die Hardwarewartung und insbesondere für Softwareservices. Achten Sie genau auf kostenfreie Update-Perioden.

Abb.1: Busarchitektur (EMC)

EMC nutzt in den Highend-Symmetrix vier Busse, die mit jeweils 400 Megahertz getaktet sind und insgesamt einen internen Datendurchsatz von 1,6 GB/s erbringen. Quelle: EMC

Abb.2: Point-to-Point-Architektur (Hitachi)

Hitachi setzt in den Lightning-Arrays eine Point-to-Point-Architektur ein, bei der die Daten über Cache und Switch an einen freien Array-Control-Processor geleitet werden. Quelle: Hitachi