Mitgründer und Aufsichtsratschef

Plattner diktiert bei SAP weiter das Tempo

18.05.2010
SAP ist anders - auch beim jüngsten Milliardendeal hielt der mächtige Gründer, der frühere Vorstands- und jetzige Aufsichtsratschef Hasso Plattner, die Zügel fest in der Hand.
Hasso Plattner - die "graue Eminenz" der SAP
Hasso Plattner - die "graue Eminenz" der SAP
Foto: Picture Alliance/DPA

Europas größter Softwarehersteller hat zwar nicht nur einen Vorstandschef, sondern mit Bill McDermott und Jim Hagemann Snabe zwei - aber das ändert nichts an der Macht Plattners. Bei allen großen Entscheidungen der vergangenen Jahre zog er die Strippen: Dem Abschied von IT-Vordenker Shai Agassi, dem überraschenden Rausschmiss des erst kurz amtierenden alleinigen Vorstandschefs Leo Apotheker und jetzt bei der zweitgrößten Übernahme der Unternehmensgeschichte: Dem Kauf von Sybase für 4,6 Milliarden Euro.

Dass Plattner die treibende Kraft hinter dem Schulterschluss war, gilt unter Experten als ausgemachte Sache. Sybase bringt zwei Stärken mit, die sich Plattner seit langem für SAP wünscht, die er nicht aus eigener Kraft entwickeln konnte. Das erste ist die mobile Middleware, mit der SAP seine Software auf Smartphones laufen lassen will. "Unser Ziel ist es, den Kunden Geschäftsdaten in Echtzeit jederzeit, überall und auf jedem Gerät zur Verfügung zu stellen", sagt Co-Chef Jim Hagemann Snabe. "Anwender wollen heute immer öfter auf ihre Geschäftsapplikationen über mobile Endgeräte zugreifen - gleich, ob es ein Planer in der Fertigung, ein Manager im Einzelhandel oder ein Unternehmer in einem Schwellenland ist."

Die offizielle SAP-Doppelspitze: Bill McDermott und Jim Hagemann Snabe
Die offizielle SAP-Doppelspitze: Bill McDermott und Jim Hagemann Snabe
Foto: SAP

Mit Sybase will SAP den Sprung vom Computer auf mobile Geräte wie Blackberry und iPhone schaffen. Besonders in Entwicklungsländern sehen Experten hohe Nachfrage nach Software auf mobilen Geräten, da dort der traditionelle Computer übersprungen und direkt auf Smartphones gesetzt werde. "Mit dieser Übernahme öffnen wir unsere Unternehmensanwendungen mehreren Hundert Millionen mobilen Nutzern", sagt Snabes Konterpart McDermott.

Das zweite ist die In-Memory-Technik, bei der Datenbanken statt auf Festplatten im Arbeitsspeicher laufen, um die Geschwindigkeit der Informationsabfrage spektakulär zu beschleunigen. SAP baut auf diese Technik ebenso wie Sybase. Die Markforscher von Forrester Research meinen, dass in vier Jahren jede dritte Firma ihre wichtigsten Datenbanken mit dieser Technik fahren wird. Plattner macht sich schon seit langem dafür stark und will dem Erzrivalen Oracle, dem Weltmarktführer bei Festplatten-Datenbanken, das Wasser abgraben. Plattner erwidert mit dem Schritt den Versuch der Amerikaner, SAP mit einer beispiellosen Einkaufserie den Rang als führender Anbieter von Unternehmenssoftware abzulaufen.

Die Reaktion an der Börse war verhalten. Der Markt werde Zeit brauchen, die Logik dieser überraschenden Übernahme nachzuvollziehen, kommentiert die Investmentbank Goldman Sachs. Kritische Stimmen warnen davor, dass sich die positiven Auswirkungen erst nach einiger Zeit bemerkbar machen dürften. UBS-Analyst Michael Briest bewertete den geplanten Deal aber als teuer. Immerhin zahlt SAP mit 65 Dollar je Aktie einen Aufschlag von 44 Prozent auf den durchschnittlichen Aktienkurs der vergangenen drei Monate. Jefferies-Analyst Ross MacMillan bemängelt, der Zukauf beschere SAP auch Aktivitäten im weniger wachstumsträchtigen Datenbanken-Geschäft. Diese Kombination mute etwas merkwürdig an und werfe einige Fragen zur Strategie der SAP auf.

Trotz des nach Business Objects zweiten Milliarden-Zukaufs innerhalb von drei Jahren versichert SAP, nicht in die Fußstapfen des kaufwütigen Konkurrenten Oracle treten zu wollen. An die Amerikaner könnten sie auch so schnell nicht heranreichen. Oracle gab in den vergangenen fünf Jahren 42 Milliarden Dollar für mehr als 60 Firmen aus. (dpa/tc)