Web

Ein Gesicht für VroniPlag

Plagiate-Jäger tritt an die Öffentlichkeit

05.08.2011
Guttenberg, Koch-Mehrin, Chatzimarkakis - das sind nur die prominentesten Opfer der Plagiate-Jäger im Internet.

Einer von ihnen, der Gründer der Plattform VroniPlag, hat sich jetzt "geoutet": Martin Heidingsfelder ist 46, Selbständiger und SPD-Mitglied.

VroniPlag hat jetzt ein Gesicht: Der Gründer der Plagiate-Plattform im Internet ist der 46-jährige Internet-Unternehmer Martin Heidingsfelder aus Erlangen bei Nürnberg. Unter dem Pseudonym "Goalgetter" hat er zusammen mit anderen die Dissertationen von Politikern wie Silvana Koch-Mehrin (FDP) und Georgios Chatzimarkakis (FDP) unter die Lupe genommen - beiden wurde der Doktortitel aberkannt.

"Anonymität war für mich persönlich nicht so wichtig, ich habe mich weder gefürchtet noch geschämt für die Arbeit, die wir da machen", sagt Martin Heidingsfelder im Gespräch mit der Nachrichtenagentur dpa. "Die Arbeit ist richtig und sinnvoll."

Einer der Betreiber des GuttenPlags, ein Doktorand, begründet die Anonymität damit, dass das Projekt nicht das Werk einer Einzelperson, sondern einer breit angelegten Community sei. Außerdem wolle er anonym bleiben, weil er weiter in der Wissenschaft tätig sein wolle und bei einer namentlichen Nennung persönliche Nachteile befürchten müsse.

Nach dem "Outing" des VroniPlag-Gründers hat sich Chatzimarkakis gemeldet. In einem Interview der "Bild"-Zeitung warf er dem SPD-Mitglied Heidingsfelder vor, aus parteipolitischen und kommerziellen Interessen gehandelt zu haben. Als der 46-Jährige davon hört, ist er empört: "Herr Chatzimarkakis soll sich an die eigene Nase fassen. Unerhört finde ich, dass er als überführter Plagiator, der den Doktortitel verloren hat, an seinem Mandat festhält, obwohl er seine Karriere auf diesem Titel aufgebaut hat."

Um Parteipolitik sei es ihm ebensowenig gegangen, versichert der Internet-Unternehmer aus Erlangen bei Nürnberg. "SPD-Mitglied bin ich seit Gerhard Schröders 60. Geburtstag" - also seit 2004. "Da bin ich in einer schwachen Stunde zum Eintritt in die Partei geworben worden. Ansonsten bin ich eher ein sozialdemokratischer, grüner Pirat." Er sei nur ein einfaches Parteimitglied, und "die Plattform ist sicherlich keine Gliederung der SPD".

Er schon immer politisch interessiert gewesen, sagt Heidingsfelder. "Atomkraftgegner bin ich seit meiner Jugendzeit." Bei GuttenPlag habe er am Anfang nur helfen wollen. "Jemand im Chat hatte um Unterstützung gefragt. Da haben sie mir die Dissertation geschickt und da habe ich auf Anhieb einen Treffer gefunden. Dies hat mich fasziniert."

Weil das GuttenPlag-Wiki nach dem Rücktritt von Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) vom Amt des Verteidigungsministers keine weiteren Fälle bearbeiten wollte, gründete Heidingsfelder das VroniPlag-Wiki - benannt nach einer Tochter des ehemaligen bayerischen Ministerpräsidenten Edmund Stoiber, deren Dissertation unter die Lupe genommen wurde. "Fast im Wochenrhythmus kamen neue Fälle hinzu."

Der Wiki-Nutzer "Goalgetter" war im VroniPlag allerdings nicht unumstritten, "weil ich mich viel um die Pressearbeit gekümmert habe und weil ich manchmal etwas eigensinnig bin", wie Heidingsfelder einräumt. "Aber ich kann damit leben, ich muss nicht allen gefallen. Mir geht es um die Sache. Manches ist inzwischen aber auch geklärt."

Heidingsfelder studierte Betriebswirtschaftslehre an der Universität Erlangen-Nürnberg, später mit dem Schwerpunkt Wirtschaftsinformatik. Seit 1988 arbeitet er als Selbständiger, entwickelt Online-Befragungen für Marktforschungsinstitute und Unternehmensberatungen, interessiert sich darüber hinaus für Web-2.0-Projekte. "Ich führe eine kleine Ein-Mann-Firma, sitze zuhause und programmiere", erklärt Heidingsfelder.

Die öffentliche Aufmerksamkeit um seine Person ist dem Franken eher unangenehm. "Es gibt über 20 regelmäßige Mitarbeiter bei VroniPlag. Allein deswegen ist meine Bedeutung eher gering." Keiner könne bei VroniPlag allein entscheiden, welcher Fall behandelt werde und welcher nicht. Das "Outing" hat für Heidingsfelder einiges verändert. "Jetzt befürchte ich auch Nachteile und persönliche Angriffe, aber es kommt auch viel Anerkennung." (dpa/tc)