Auf dem Weg zur Hybrid Cloud

Plädoyer für eine offene Cloud-Architektur

29.01.2013
Von Frederik Bijlsma
Die Auswahl einer Cloud-Architektur zählt zu den wichtigsten strategischen Entscheidungen, vor denen IT-Abteilungen heute stehen. Sie ist Voraussetzung für eine Hybrid Cloud, die die Wettbewerbsfähigkeit des ganzen Unternehmens verbessern kann.

Cloud Computing ist einer der schillerndsten Begriffe der IT-Branche. Als der Terminus vor einigen Jahren erstmals auftauchte, wurde er meist mit der Idee in Verbindung gebracht, dass die IT zu einem Gebrauchsgut wie Wasser und Strom wird - bereitgestellt über ein Versorgungsnetz und abgerechnet nach Verbrauch. Schnell aber war klar, dass kaum ein Unternehmen all seine Applikationen in eine öffentliche Cloud verlagern will. Bis zum heutigen Tage spielen Bedenken bezüglich der Sicherheit der Daten eine Rolle, aber auch die Skepsis, ob ein Service-Provider in der Lage ist, neue Anforderungen an die Mission-Critical-Applikationen höchst flexibel und schnell umzusetzen.

Foto: Mr. Aesthetics, Shutterstock.com

Nicht umsonst gilt vielen eine hybride Cloud als Einstieg, um die Potenziale von privaten und öffentlichen Clouds bestmöglich nutzen zu können. Eine hybride Cloud bedeutet, dass ein Unternehmen seine Infrastruktur teils im eigenen Rechenzentrum und teils in einer öffentlichen Cloud betreibt. Die Aufgaben in einer hybriden Cloud-Infrastruktur lassen sich idealerweise sehr einfach von innen nach außen und umgekehrt verlagern.

Den passenden Ansatz für den Aufbau einer hybriden Cloud zu finden, ist eine der wichtigsten strategischen Entscheidungen, die CIOs heute treffen müssen. Denn es werden Festlegungen darüber getroffen, wie reaktionsfähig eine IT-Organisation sein muss und welche Rolle sie für den wirtschaftlichen Erfolg eines Unternehmens aktuell und künftig spielt. Richtig umgesetzt bietet eine Cloud-Infrastruktur die Möglichkeit, die IT-Budgets von der simplen Aufrechterhaltung des laufenden Betriebs in Richtung Innovationen umzuschichten.

Ansätze für den Aufbau einer Cloud-Infrastruktur

Eine hybride Cloud bedeutet, dass ein Unternehmen seine Infrastruktur teils im eigenen Rechenzentrum und teils in einer öffentlichen Cloud betreibt.
Eine hybride Cloud bedeutet, dass ein Unternehmen seine Infrastruktur teils im eigenen Rechenzentrum und teils in einer öffentlichen Cloud betreibt.
Foto: Red Hat

Je größer ein Unternehmen, desto eher besteht dessen IT-Landschaft aus einer Vielzahl von Insellösungen. Sie sind über die Jahre hinweg teils als Ergebnis bewusster Entscheidungen entstanden, etwa weil regulatorische Anforderungen oder andere externe Gründe eine klare organisatorische und technische Isolation einzelner Geschäftsanwendungen erforderlich machen. Weit häufiger aber haben sich der Technologiewildwuchs und die Silos historisch ungewollt herauskristallisiert; Unternehmen müssen mit allen damit verbundenen negativen Auswirkungen leben. Eines der größten Probleme ist die zunehmende Komplexität und der stetig steigende personelle und finanzielle Aufwand für die Administration.

Eine erste und weitgehend theoretische Möglichkeit, eine homogene Infrastruktur aufzubauen, besteht darin, einfach noch einmal von vorne, gewissermaßen auf der grünen Wiese, anzufangen. Aber alles auf einen Schlag zu ersetzen, ist keine realistische Option. Eine schrittweise Modernisierung dagegen bringt in vielen Fällen spürbare Fortschritte. Dabei werden beispielsweise veraltete Unix-Systeme durch den Einsatz von Linux auf x86-Servern ersetzt.

Eine zweite Möglichkeit besteht darin, bereits vorhandene proprietäre Virtualisierungsplattformen um Self-Service-Funktionen anzureichern und sie dann in die Cloud zu verlagern. Alternativ dazu haben einige Unternehmen eine dedizierte Datenbank-Appliance für ein bestimmtes Einsatzgebiet gekauft und stellen die Anwendung dann via Cloud zur Verfügung. Das Ergebnis aber ist in beiden Fällen eine weitere Technologieinsel. Als sinnvoll und hilfreich hat sich in vielen Fällen ein Pilotprojekt beziehungsweise eine Machbarkeitsstudie erwiesen, bei der für ein klar umgrenztes Einsatzgebiet die Verlagerung in die öffentliche Cloud getestet wird.

Anforderungen an eine offene Cloud-Infrastruktur

Zur Administration einer offenen und hybriden Cloud sollte eine zusätzliche Abstraktionsebene oberhalb von Virtualisierung, physischen Servern, Speicher- und Netzwerklösungen sowie Public-Cloud-Providern zur Verfügung stehen.
Zur Administration einer offenen und hybriden Cloud sollte eine zusätzliche Abstraktionsebene oberhalb von Virtualisierung, physischen Servern, Speicher- und Netzwerklösungen sowie Public-Cloud-Providern zur Verfügung stehen.
Foto: Red Hat

Auf dem oft langen Weg zu einer effizienten Cloud-Nutzung sollten Unternehmen eine offene Cloud-Infrastruktur anstreben. Eine solche unterscheidet sich durch eine Reihe von Eigenschaften und Funktionen von einer proprietären und damit geschlossenen Lösung. Folgen Unternehmen dem Modell einer offenen Cloud, können sie ihre vorhandenen Systeme, wie die physischen Server und unterschiedliche Virtualisierungsplattformen, weiter nutzen. Eine offene Cloud ist dem evolutionären Modell verpflichtet und reduziert damit Kosten und Risiken auf dem weiteren Entwicklungspfad. Unternehmen können die Cloud-Lösung nach und nach einführen und mit jedem einzelnen Schritt den Nutzen vergrößern. Mit einer offenen Cloud werden Unternehmen unabhängig. Sie können die für ihre Zwecke am besten geeigneten Lösungsbausteine verwenden und sind frei darin, wie sie bei der Implementierung der Infrastruktur vorgehen. Einer der zentralen Aspekte: In einer offenen Welt können Unternehmen ihre Applikationen von einer in eine andere Cloud portieren und sie damit auf der am besten geeigneten Plattform einsetzen, ohne den Programmcode anpassen zu müssen.

Eine offene Cloud sollte auf dem Open-Source-Modell basieren. Unternehmen sind damit nicht von der technologischen und wirtschaftlichen Strategie eines einzelnen Anbieters abhängig und haben Einblick in die Technologie, von der sie ihre zentralen Geschäftsprozesse abhängig machen. Mit Open Source können sie zudem mit anderen Communities und Unternehmen kooperieren, um Fortschritte in den Bereichen zu forcieren, die für sie von Bedeutung sind. Eine aktive und unabhängige Community unterstützt die offene Cloud. Bei Open Source geht es nicht nur um den Code sowie die Anwendungs- und Erweiterungsmöglichkeiten. Mindestens ebenso wichtig ist die Community, die die Innovation der Technologie vorantreibt.

Ein Beispiel dafür ist das OpenStack-Projekt, dessen Community Virtualisierungs-Management und Infrastructure-as-a-Service-Lösungen entwickelt. Unternehmen können auf Basis der Projektergebnisse einen Anbieter von Support und Services auswählen.

Eine zentrale Rolle spielen offene Standards, die nicht der Kontrolle einzelner Anbieter unterliegen und auf bestimmte Plattformen beschränkt sind. Dies fördert die Interoperabilität und Flexibilität. Offene Standards eröffnen Unternehmen die Möglichkeit, Varianten zu entwickeln, die ihren jeweiligen technischen und wirtschaftlichen Anforderungen gerecht werden. Der Einsatz von Technologien, die frei von verbindlichen oder potenziell verbindlichen Lizenzen und anderen Beschränkungen sind, bietet Sicherheit. Sogenannte De-facto-Standards, die lediglich von einem großen Anbieter als Standard unterstützt werden, erfüllen diese Voraussetzung meist nicht.

Zur Administration einer offenen und hybriden Cloud sollte eine zusätzliche Abstraktionsebene oberhalb von Virtualisierung, physischen Servern, Speicher- und Netzwerklösungen sowie Public-Cloud-Providern zur Verfügung stehen. Damit ist die Verwaltung der Cloud unabhängig von einer bestimmten Virtualisierungstechnologie. Dies ist eine Grundvoraussetzung für hybride Clouds, die physische Server, verschiedene Virtualisierungsplattformen und eine Vielzahl von Anbietern öffentlicher Clouds einschließt.

Eine offene hybride Cloud lässt sich erweitern

Mit einer offenen API ist die Cloud erweiterbar. Eine offene Cloud ermöglicht die Portabilität von Applikationen zwischen verschiedenen Cloud-Infrastrukturen. Entscheidend ist dabei, dass die Programmierschnittstelle nicht der Kontrolle eines einzelnen Anbieters unterliegt oder von einer bestimmten Implementierung abhängt. Sie muss sich unter dem Schutz einer unabhängigen Organisation befinden, die Beiträge und Erweiterungen auf offene und transparente Weise ermöglicht. Ein gutes Beispiel dafür ist das Deltacloud-Projekt, das die Unterschiede zwischen verschiedenen Cloud-Infrastrukturen durch eine einheitliche API überbrückt. War Deltacloud anfangs ein originäres Projekt von Red Hat, wurde die bis dahin fertig gestellte Schnittstelle mit dem kompletten zugehörigen Code im Frühjahr 2010 zur weiteren Bearbeitung an den Incubator der Apache Software Foundation übergeben. Das Projekt wird dort unter der Bezeichnung Apache Deltacloud fortgeführt.

Damit stehen Unternehmen vielfältige Möglichkeiten offen und sie können die Vorteile von Cloud Computing erschließen, einschließlich physischer, virtueller und verschiedener öffentlicher Clouds. Open Source und offene Clouds sind die Schlüsselfaktoren, damit Unternehmen eine hohe Flexibilität in einer vielfach vernetzten, mobilen Welt erreichen. Nur mit einer in jeder Hinsicht offenen Cloud-Lösung sind sie in der Lage, die strategischen Vorteile von Cloud Computing auch vollständig nutzen zu können. Eine offene Cloud ist kein Luxus für IT-Abteilungen, sie ist ein Muss. Da wir uns immer noch in einer sehr frühen Phase der Verbreitung von Cloud-Computing befinden, wird sich noch vieles ändern. Mit einer offenen Cloud sind Unternehmen gut für die Zukunft gerüstet. (wh)

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Der Autor

Frederik Bijlsma ist EMEA Business Unit Manager Cloud bei Red Hat.