Aufklärung durch Kryptopartys

Piraten fordern Neuordnung der deutschen Geheimdienste

27.07.2013
Die Piratenpartei versucht, sich mit Hilfe des Spähskandals aus dem Umfragetief zu ziehen. Neben politischen Forderungen setzen sie dabei auf Tipps für Bürger. Eine DVD soll den potenziellen Wählern beim sicheren Surfen und E-Mailen helfen.

Wegen einer möglichen Verwicklung deutscher Geheimdienste in den US-Spähskandal hat die Piratenpartei eine Neuordnung der Nachrichtendienste gefordert. "Ja, man muss auch Dienste auflösen können. Das darf nicht ausgeschlossen sein", sagte der Parteivorsitzende Bernd Schlömer am Freitag in Berlin. Der Militärische Abschirmdienst etwa mache nichts anderes als das Bundesamt für Verfassungsschutz. Der Piraten-Vorsitzende plädierte für eine stärkere Kontrolle der Geheimdienste durch den Bundestag.

Schlömer legte Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) den Rücktritt nahe, sollten sich Vorwürfe gegen die deutschen Dienste bestätigen. "Wenn wir sehen (..), dass es Versäumnisse deutscher Dienste gibt, bedeutet das natürlich, dass er zurücktritt", sagte Schlömer. Er kritisierte die bisherigen Angaben der Regierung, von den Spähaktionen britischer und amerikanischer Dienste aus den Medien erfahren zu haben. "Man kann in der Debatte nicht so tun, als würde man von nichts wissen", sagte Schlömer. "Das trifft letztendlich nicht den Sachverhalt."

Im Wahlkampf wollen die Piraten künftig mit Anleitungen zum sicheren Surfen punkten. Dazu stellte der bayerische Spitzenkandidat Bruno Gert Kramm eine DVD mit Verschlüsselungstipps vor, die auf eigens organisierten Treffen verteilt werden soll. Auf solchen "Kryptopartys" bekommen Laien gezeigt, wie sie ihre E-Mails, Chats und Daten vor dem Ausspähen schützen können.

Es gibt die Treffen seit vergangenem Jahr unabhängig von den Piraten, aber die Partei veranstaltet auch eigene Verschlüsselungspartys. Fast 100 solcher Treffen seien bisher organisiert, sagte Kramm. Mehrere tausend Krypto-DVDs seien gefertigt wurden. Darauf finden sich Programme zum Verschlüsseln von Mails und zum verdeckten Surfen. Die Informationen haben die Piraten auch im Internet gesammelt.

"Kryptopartys sind der erste Schritt", sagte die politische Geschäftsführerin der Partei, Katharina Nocun. Politisch wollen die Piraten ein internationales Abkommen gegen Internetüberwachung anstoßen und dabei auch die Europäische Union mit ins Boot holen. Die Weitergabe von Fluggastdaten an die USA müsse gestoppt werden, forderte sie. Die Bundesregierung solle statt auf Programme großer US-Firmen auf unabhängige, vom Schwarm der Internetnutzer produzierte Software setzen. Den anderen Parteien warf sie beim Thema Überwachung mangelnde Glaubwürdigkeit vor. Deren aktuelle und vergangene Politik stehe im Gegensatz zu der zur Schau gestellten Empörung über die Spionageprogramme, sagte sie. Für Samstag hat die Piratenpartei zu Demonstrationen gegen die Abhöraktivitäten der Geheimdienste in 32 deutschen Städten aufgerufen. (dpa/mb)