Pflichtlektüre: Mit vier Formeln lassen sich die Kauf-Miete-Alternativen durchspielen

28.11.1975

Für jeden EDV-Leiter wird es immer wichtiger, sich mit dem Thema "Miete oder Kauf" auseinanderzusetzen. Bei der Durchsicht seiner monatlichen Mieterechnungen stellt sich die Frage, ob es nicht lohnen würde, die eine oder andere Einheit zu kaufen oder auch das ganze EDV-System. In diesem Artikel soll jedem EDV-Leiter die Möglichkeit eröffnet werden, für seine eigene Installation die kostenmäßige Kalkulation durchzuführen, indem eine allgemeingültige Formel abgeleitet wird, mit der jeder EDV-Chef anhand seiner Daten diese Frage prüfen kann.

Einflußfaktoren für Miete oder Kauf

Es gibt im Prinzip nur 6 Einflußfaktoren, welche in eine Miete-Kauf-Betrachtung eingehen:

1. Monatliche Miete

Die monatliche Miete ist jedem EDV-Chef aufgrund des individuellen Angebots oder seiner Mieterechnung bekannt. Man kann die Kauf-Miete-Betrachtung durchführen, indem man den Kauf in Relation zu einer Langzeitmiete (2,4 oder 5 Jahre je nach Hersteller und Einheit) vergleicht. Diese Vorgehensweise bietet sich in den meisten Fällen an. Es ist zusätzlich die Frage zu prüfen, ob man in die monatlichen Mietbeträge, welche man in den Vergleich einbezieht, die sogenannte Mehrschichtmiete einrechnet oder nicht. Dies wird besonders bei Zentraleinheiten von IBM wichtig, weil hier 4-Jahres-Verträge möglich sind, wo die Mehrschichtmiete entfällt. Zudem hängt dies ebenfalls von der geplanten Ausnutzung der EDV-Anlage durch den Benutzer ab. Man sollte zur besseren Absicherung der Entscheidung beide Varianten durchrechnen, obwohl dies mehr Arbeit bedeutet. Speziell in den Fällen, wo ein System schon längere Zeit installiert ist und unter einem kurzfristig kündbaren Mietvertrag mit Anfall von Mehrschichtmiete läuft, muß man eine Kauf-Miete-Betrachtung zwangsläufig mit der erhöhten Miete (incl. Mehrschicht-Benutzung) durchführen. Es wird ferner davon ausgegangen, daß die monatliche Miete die Wartungskosten enthält, notfalls sind sie entsprechend einzurechnen.

2. Kaufpreis

Der Kaufpreis ergibt sieh aus dem Angebot. Sollten sich bei diesem irgendwelche Nebenkosten ergeben, welche bei Miete nicht auftreten, sind sie dem Kaufpreis hinzuzurechnen. Beim Kauf von Systemen oder Einheiten ist es üblich, daß die Wartungskosten in den ersten 3-12 Monaten entfallen. Zur Vereinfachung der Investitionsrechnung sollte man die eingesparten Wartungskosten vom Kaufpreis einfach abziehen.

3. Restverkaufswert

Bei einer Kauf-Miete-Betrachtung ist ein in Zukunft möglicher Restverkaufswert auf jeden Fall zu berücksichtigen. Eine Schätzung eines derartigen Erlöses ist dabei außerordentlich schwer. Man sollte eine Kauf-Miete-Betrachtung daher unter mehreren Wiederverkaufswerten durchführen. Eine Risiko-Rechnung kann dabei davon ausgehen, daß man den Wiederverkaufswert gleich Null setzt, um das Maximalrisiko einschätzen zu können.

4. Schwachstromversicherung

Vermietete Geräte sind generell durch den Hersteller schwachstromversichert. Die Prämien sind generell in die monatlichen Mieten einkalkuliert. Bei gekauften Einheiten muß der Käufer diese Prämien entweder selber zahlen oder das Risiko geht voll zu Lasten des Käufers. Ein Prämiensatz von 0,42% entspricht dem Durchschnitt für EDV-Systeme. Sofern man über entsprechende Angebotswerte verfügt, sollte man diese in seine individuelle Rechnung einsetzen.

5. Kapitalverzinsung

Das investierte Kapital ist zu verzinsen. Hier empfiehlt sich der hausinterne Zinsfuß. Sofern dieser nicht vorliegt, sollte man sich am Kapitalmarktzins orientieren. Zur Zeit beträgt dieser im etwa 8-9%. Zu verzinsen ist dabei nicht das gesamte Kapital, da durch die monatlichen Abschreibungen das investierte Kapital permanent reduziert wird, so daß im Mittel lediglich das halbe Kapital verzinst werden muß. Dies gilt jedoch nur dann, wenn man davon ausgeht, daß das gekaufte Gerät oder System innerhalb der Laufzeit der Investition auf den Wert Null abgeschrieben wird. Geht man davon aus, daß nach Ablauf einer gewissen Zeit noch ein Restverkaufswert erzielt werden soll, so ist die Kapitalbasis für die Verzinsung als Mittelwert aus Kaufpreis minus Wiederverkaufswert zu rechnen.

6. Wartungskosten

Die monatlichen Wartungskosten sind als letzte Größe in die Rechnung mit einzubeziehen. Hier ist zu beachten, daß unter Umständen bei Miete alle Wartungskosten (auch für mehrere Schichten) eingeschlossen sind, während dies bei Kauf meist nicht der Fall ist. Hier sind Staffelwartungspreise entsprechend der Auslastung des Systems die Regel. Die voraussichtlichen Wartungskosten erfragt man am besten bei seinem Hersteller.

Sechs Fragen

Mit Hilfe dieser 6 Einflußfaktoren können etwa folgende Fragen beantwortet werden:

1. Nach wieviel Monaten lohnt es sich, das angebotene System zu kaufen?

2. Nach wieviel Monaten lohnt es sich das bereits installierte System zu kaufen?

3. Wie hoch muß der Wiederverkaufswert nach einer bestimmten Anzahl von Monaten mindestens sein, damit sich ein Kauf lohnt?

4. Wie lange muß das System installiert sein, damit bestimmter Restbuchwert erreicht wird?

5. Wie hoch darf der Kaufpreis eines gebrauchten Systems sein, damit sich die Installation nach einer vorgegebenen Anzahl von Monaten lohnt?

6. Wie hoch ist die interne Verzinsung; wenn man bei gegebenem Kaufpreis von einer bestimmten Laufzeit der Investition ausgeht?

Berechnungsformeln

Innerhalb der folgenden Formeln haben die einzelnen Symbole folgende Bedeutung:

Y = Anzahl der Monate nach denen sich eine Investition lohnt oder Laufzeit der Investition

K = Kaufpreis in DM eventuell reduziert um ersparte Wartungskosten

R = Restbuchwert nach Ablauf der Investition oder erzielter Wiederverkaufswert

M = Monatlicher Mietbetrag (mit oder ohne Mehrschichtmiete je nach Alternative)

S = Monatlicher Betrag für die Schwachstromversicherung

W = Monatliche Wartungskosten

p = Zinsfuß in der Form o, op

Die Vergleichsrechnung zwischen Miete und Kauf muß davon ausgehen, was einerseits bei Miete und andererseits bei Kauf zu bezahlen ist.

Bei Miete sind lediglich die monatlichen Mieten (Y x M) zu bezahlen. Bei Kauf dagegen ist zunächst der Kaufpreis K zu entrichten. Dieser vermindert sich später um den Wiederverkaufswert R. Während der gesamten Laufzeit der Investition (Y) sind monatlich die Wartungskosten die Versicherungsprämien und die Zinsen zu bezahlen. Aus Vereinfachungsgründen wurde hier unterstellt daß die Prämien und Zinsen monatlich anfallen. Demnach ergibt sich folgende Gleichung: .

YxM=K-R+YxS+YxW+(Yx(K+R)/2)xP/12

Für den Spezialfall daß R=0 ist (Wiederverkaufswert = Null), reduziert sich die obige Formel wie folgt:

YxM=K+YxS+YxW+Yx(K/2)x(P/12)

Aus diesen beiden Formeln kann man nun durch Umformen der einzelnen Gleichungen nach jedem einzelnen Element auflösen.

Formel Investitionslaufzeit

Die Formel zur Ermittlung der Investitionslaufzeit stellt sich wie folgt dar:

Y=(24x(K-R))/(24xM-24xS-24xW-px(K+R))

Formel Wiederverkaufswert

Will man den Wiederverkaufswert oder den Restbuchwert einer gekauften Anlage ermitteln so ergibt sich folgende Gleichung:

R=(Kx(24+Yxp)-24xYx(M-S-W))/(24-Yxp)

Formel Höchstkaufpreis

Speziell bei Second-Hand-Käufen stellt sich sehr oft die Frage nach dem Höchstpreis welchen der EDV-Benutzer bei gegebener Laufzeit Zinssatz und angenommenem Wiederverkaufswert akzeptieren kann. Folgende Gleichung gibt darauf eine Antwort:

K=(24xYx(M-S-W)+Rx(24-Yxp))/(24+Yxp)

Formel Interner Zinsruß

Oft möchte man den internen Zinsfuß einer Investition ermitteln. Sofern der Kaufpreis, die Laufzeit und der Restverkaufswert gegeben sind, gilt folgender Ansatz:

p=(24xR-24xK+24xYx(M-S-W))/(Yx(K+R))

Steuerliche Aspekte

Mit Hilfe der vier Formeln für Investitionslaufzeit, Wiederverkaufswert Höchstkaufpreis und Interner Zinsfuß kann jeder EDV-Leiter für seine individuelle Situation die Kauf-Miete-Entscheidung aus kostenmäßiger Sicht überprüfen. Steuerliche Probleme wurden in den einzelnen Formeln vernachlässigt. Es ergeben sieh keine allzu großen Abweichungen, lediglich kann ein Zinsvorteil bei Miete eintreten, weil die Mietkosten im Jahr der Zahlung steuerlich geltend gemacht werden können. Gekaufte Systeme müssen generell aktiviert werden. Dabei wird allgemein von einer Restnutzungsdauer von 5 Jahren ausgegangen. Es ist aber nach Absprache mit dem Finanzamt möglich, kürzere Restlaufzeiten für gebrauchte Systeme anzusetzen. Sonstige steuerliche Vorteile wie Zonenrand-Abschreibung, Berlin-Präferenzen und Investitionszulagen wurden hier ebenfalls nicht dargestellt, sie stellen den Kauf dann noch günstiger dar.

Sonstige Gesichtspunkte bei Rauf

Eine Kaufentscheidung läßt sich jedoch in vielen Fällen nicht nur aus kostenmäßigen Gesichtspunkten begründen, allerdings sind die finanziellen Aspekte stark dominierend.

Die wichtigste Voraussetzung für einen Kauf ist das Vorliegen einer Langzeitplanung. Die Planung muß dabei mindestens den Zeitraum von Y Monaten abdecken. Wenn sich also aus den Kalkulationen ein Wert von Y = 54 ergeben sollte und eine Planung nur für 30 Monate gegeben ist und eine entsprechend lange Planung auch derzeit nicht realisierbar ist, dann sollte man einen Kauf zurückstellen. Der Ansatz eines entsprechenden Wiederverkaufswertes kann dabei den Wert Y drücken, so daß im Endeffekt nur noch wenige Monate als Differenz übrig bleiben.

Bilanz-Politik

Bilanzpolitische Gesichtspunkte können mitunter gegen einen Kauf sprechen. Dies gilt besonders dann, wenn die Deckung des Anlagevermögens durch Eigenkapital und langfristige Verbindlichkeiten nur notdürftig gegeben ist. Ein Kauf des EDV-Systems würde diese Relation dann noch verschlechtern.

Wenn etwa eine CPU gekauft wird, so ist zu berücksichtigen, daß dann Zusatzfeatures ebenfalls gekauft werden müssen. Es ist bei gekaufter CPU nicht möglich, eine Hauptspeicheraufstockung anzumieten. Jedenfalls geht dies nicht von der Seite des EDV-Herstellers aus. Ein Ausweg bietet sich hier durch Mixed Hardware an.

Risiko-Analyse

Besonders wichtig ist auch die Berücksichtigung der zukünftigen Entwicklung. Hierzu kann keine verbindliche Aussage gemacht werden, da es die EDV-Hersteller verstehen, jeden EDV-Anwender hinsichtlich der zukünftigen Entwicklungen im unklaren zu lassen. Man kann sich als EDV-Benutzer nur dadurch helfen, daß man seine eigene Risiko-Analyse hinsichtlich der maximalen Investitionslaufzeit, des Höchstkaufpreises und des Wiederverkaufswertes durchführt. Zum Kaufen gehört ein gewisser Mut. Es zeigt sich jedoch immer wieder, daß die Vorteile einer Kaufentscheidung besonders nach Ablauf der kalkulierten Investitionslaufzeit besonders groß sind, da dann das EDV-Budget gezielt entlastet wird. Letzlich führt eine Kaufentscheidung auch zu einer Beruhigung in der Hardware selbst. Es nützt auch dem EDV-Anwender nichts, wenn permanent am System gebastelt wird. Dies zeigt sich dann sehr schnell in erhöhten Ausfallquoten.

Entscheidungen gründlich vorbereiten

Eine Kaufentscheidung sollte sorgfältig vorbereitet werden. Für die Vorbereitung einer derartigen Investitionsentscheidung sollte man einen Satz von ca. 1% der gesamten Investitionssumme ansetzen, um eine wohlfundierte Entscheidung zu erreichen. Dies mag vielen EDV-Leitern als zu hoch erscheinen, das Überprüfen der einzelnen Alternativen kostet aber Zeit und Geld. Nur wer eine Kaufentscheidung sorgfältig und gründlich vorbereitet, wird Langfristig mit dieser Lösung glücklich werden.

Auf die Entsprechungen im Leasing-Geschäft (Miete = Operational-Leasing, Kauf = Financial-Leasing) wird im Scholz-Report dieser Computerwoche (Seite 6) eingegangen.

© Einar Scholz, Nürnberg