Rentenversicherungspflicht

Petitionsausschuss stellt sich hinter Freiberufler-Protest

28.06.2013
Von 
Alexandra Mesmer war bis Juli 2021 Redakteurin der Computerwoche, danach wechselte sie zu dem IT-Dienstleister MaibornWolff, wo sie derzeit als Head of Communications arbeitet.
Über 80.000 Selbständige hatten vor einem Jahr eine Petition gegen eine Rentenpflicht unterzeichnet. Nun folgte der Petitionsausschuss des Bundestages der Argumentation der Selbständigen und sprach sich gegen eine pauschale Rentenversicherungspflicht aus.

Die Sektkorken kann Tim Wessels nach dem Beschluss im Petitionsausschuss nicht knallen lassen. „Die Empfehlung des Ausschusses ist für uns ein Fortschritt“, sagt der Initiator der Petition gegen die geplante Rentenpflicht für Selbständige, die über 80.000 Menschen unterzeichnet hatten. „Man darf aber nicht vergessen, dass die Entscheidung keine bindende Wirkung hat. Die Rentenversicherungspflicht für Selbständige hat der Ausschuss auch nicht abgelehnt, sondern sich nur gegen einen pauschalen Beitrag ausgesprochen“, kommentiert Wessels.

Tim Wessels hat die Petition gegen die Zangsrente für Selbständige amgestoßen.
Tim Wessels hat die Petition gegen die Zangsrente für Selbständige amgestoßen.
Foto: Wessels

Um Altersarmut zu verhindern, wollte Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen Selbständige dazu verpflichten, in die gesetzliche Rentenversicherung einzuzahlen, sofern sie nicht anders abgesichert sind. Um nach 45 Jahren eine Rente oberhalb der Grundsicherung im Alter von derzeit rund 680 Euro im Monat beziehen zu können, müssten Selbständige laut Ministerium monatlich 250 bis 300 Euro sowie zusätzlich 100 Euro für eine Absicherung gegen Erwerbsminderung zahlen.

Zusammen mit den höheren Ausgaben für Krankenversicherung würden sich die Abgaben auf 900 Euro im Monat erhöhen, rechnet Wessels vor. Die Folge wäre, dass viele Selbständige mit niedrigeren Einkommen aufgeben müssten oder den Schritt in die Selbständigkeit gar nicht wagen würden. Das hat auch der Petitionsausschuss erkannt, der vor allem die pauschalen Mindestbeiträge ablehnte: „Die Einführung einer Versicherungspflicht darf nicht dazu führen, Existenzgründungen zu verhindern."

"Versicherungspflicht führt nur zu mehr Bürokratie"

Wessels, der zusammen mit Andreas Lutz und anderen Kleinunternehmern den Verband der Gründer und Selbständigen (VGSD) gegründet hat, bedauert aber, dass der Petitionsausschuss die Idee einer Rentenversicherungspflicht nicht grundsätzlich abgelehnt hat: „Eine solche Verpflichtung führt zu einem enormen Maß an zusätzlicher Bürokratie. Die bestehende Vorsorge muss anerkannt werden, wenn man nicht die Mehrheit der Selbständigen bestrafen will, die sich schon bisher um ihre Altersvorsorge gekümmert hat. Die Altersvorsorge Selbständiger ist so vielfältig und individuell wie die Menschen selbst - und ihre behördliche Prüfung, ob diese ausreichend in Sinne eines möglichen Gesetzes ist, damit ein Fass ohne Boden."

Verbandskollege Andreas Lutz geht davon aus, dass nun über eine einkommensabhängige Versicherungspflicht diskutiert werden wird: "So lange aber Selbständige in Teilzeit oder mit geringem Einkommen bereits durch die extrem hohen Mindestbeiträge zur Krankenversicherung belastet bleiben, haben sie selbst dafür keinen ausreichenden finanziellen Spielraum. Das eine Problem ist nicht ohne das andere zu lösen. Darauf werden wir nun den Schwerpunkt unserer Verbandsarbeit setzen." Ein Jahr nach seiner Gründung haben sich bereits über 1000 Mitglieder dem Verband der Gründer und Selbständigen angeschlossen.