Peter Page in Siemens-Nixdorf-Dienste getreten Mr. Software AG will weichen SNI-Units auf die Spruenge helfen

15.04.1994

MUENCHEN (qua) - Peter Page, ehemaliges Vorstandsmitglied der Software AG, Darmstadt, ist seit dem 1. April Mitarbeiter der Siemens-Nixdorf Informationssysteme AG (SNI) in Muenchen. Anfang kommenden Monats wird er die Leitung der Business Units Bueroautomatisierung und Engineering-Software uebernehmen.

Als Page Ende 1992 das damals umsatzstaerkste deutsche Software- Unternehmen verliess, konnte er sich mit der Jobsuche Zeit lassen: Sein gerade verlaengerter Vertrag als Mitglied des Unternehmensvorstands haette ihm bis Ende des kommenden Jahres ein ueppiges Gehalt gesichert. Eigenen Angaben zufolge hat er im Juni vergangenen Jahres allerdings den Schlussstrich unter das Kapitel Software AG gezogen - in Form einer Aufhebungsvereinbarung, die offenbar alle finanziellen Verbindlichkeiten ein fuer allemal geregelt hat.

Warum der als extrovertiert bekannte "Mr. Software AG" bei der bedaechtigen SNI AG angeheuert hat, ist Branchenbeobachtern ein Raetsel. Der Neu-Siemensianer selbst begruendet seine Entscheidung jedoch mit der Herausforderung, "aus dem Beamtenverein eine schlagkraefte Firma zu machen".

Anzeichen fuer einen Willen zur Veraenderung

Wie schlecht das Image der SNI AG in der Branche ist, erfuhr Page am zweiten Tag seiner Zugehoerigkeit zum Konzern aus der COMPUTERWOCHE (Nr. 13 vom 1. April 1994, Seite 3). Auf die Frage, ob er seine Entscheidung daraufhin noch einmal ueberdacht habe, antwortete er mit der ihm eigenen Offenheit: "Dafuer waere es jetzt zu spaet."

Das, was dem Unternehmen vorgeworfen wird, will Page "zunaechst einmal" ernst nehmen. "Und dann muessen wir sehen, was wir daran tun koennen." Anzeichen fuer einen "Willen zur Veraenderung" hat er bereits ausgemacht. Ein Indiz dafuer sei die Berufung der Marketing-erfahrenen Topmanager Robert Hoog- straten und Gerhard Schulmeyer in den SNI-Vorstand.

Als Geschaeftsfuehrer der beiden Anwendungssoftware-Units wird Page direkt an den Vorstand berichten. In seinen Verantwortungsbereich fallen unter anderem die "Office-World"-Familie sowie die CAD- und CAM-Produkte der Siemens-Nixdorf AG. Darueber, wie er seine Management-Aufgabe erfuellen will, hat der Software-Experte noch keine konkreten Vorstellungen. Seine Strategieplaene will er erst entwickeln, wenn er weiss, wovon er im einzelnen ausgehen muss.

Seine zwischenzeitlich begonnene Promotion hofft Page bis zum kommenden Oktober abschliessen zu koennen. Die Dissertation zum Thema "Objektorientierte Technologie als neues Paradigma fuer kommerzielle Software-Anwendungen" sei so gut wie fertig. Fuer die Vorbereitung auf das Rigorosum bleibt ihm offenbar auch neben seiner Taetigkeit als SNI-Manager noch genuegend Zeit.

Wie der prominente Doktorand mitteilt, schliesst die von ihm verfasste wissenschaftliche Arbeit die Spezifikationen einer objektorientierten Entwicklungssprache ein. Als Basis dafuer nutzt Page das von ihm massgeblich mitentwickelte 4GL-Produkt "Natural".

Inwieweit die Dissertation konkrete Handlungsanweisungen geben wird, ist noch Gegenstand der Diskussion zwischen dem frischgebackenen SNI-Geschaeftsfuehrer und seinem Doktorvater. Die Option, diese Moeglichkeiten selbst auszuschoepfen, wuerde sich der ehemalige Software-AG-Vorstand nach eigenem Bekunden gern offenhalten.

Auf die Frage, inwieweit er sein Know-how auf dem Gebiet der Objektorientierung bei SNI anwenden koenne, haelt sich Page allerdings bedeckt. Die Gelegenheit dazu werde er "sicher nicht schon morgen" haben.