Personalinformationssysteme - Abkehr vom Automatisierungsdenken!

11.11.1977

Prof. Dr. L. J. Heinrich ifbi-lnstitut für Fertigungswirtschaft und Betriebsinformatik der Universität Linz, 4045 Linz/Auhof

Die Zeiten sind vorüber, wo sich die EDV-Anwendung im sogenannten kommerziellen Bereich auf Rechnungswesen, Lagerverwaltung, Lohn- und Gehaltsabrechnung usw. erschöpfte. Diese Entwicklung ist positiv deshalb, weil sich die Chance eröffnet, Anwendungen mit Nutzeffekten zu erschließen, die deutlich über denen der "klassischen Abrechnungsarbeiten" liegen. Sie erfordert aber andererseits unsere besondere Aufmerksamkeit deshalb, weil die Gefahr besteht, daß bisher durchaus Bewährtes unbesehen übertragen wird, ohne sich über die teilweise grundsätzlichen Unterschiede in den Anwendungsgebieten klarzuwerden.

Ein typisches Beispiel hierfür ist der Personalbereich, also die personalwirtschaftlichen Aufgaben wie z. B. Personalbeschaffung, Personaleinsatz, Personalentwicklung. Die Konzepte, die hierzu vorgeschlagen werden, gehen allzu häufig von der Vorstellung aus, daß es nur noch eine Frage der Zeit ist, bis quantitative Planungsmethoden für diese Aufgaben Anwendung finden. Nichts gegen quantitative Methoden im allgemeinen soll damit gesagt werden. Im besonderen des Personalbereiches kann jedoch nicht darüber hinweggegangen werden, daß Mitarbeiter als "Objekte" der Personalinformationssysteme anders zu behandeln sind als beispielsweise Erzeugnisse in einem Lagerhaltungssystem oder Maschinen und Aufträge in der Terminplanung. Einerseits sind die meisten personalwirtschaftlichen Aufgaben "schlecht strukturierbar", zur Problemlösung läßt sich also keine eindeutige Abfolge operationaler Bearbeitungsschritte angeben. Andererseits muß bezweifelt werden, ob es vertretbar ist, den Menschen im Personalinformationssystem "vollständig zu verdaten", auch wenn dies, was fraglich ist, ökonomisch vertretbar wäre.

Die Kritik an der Automatisierungsidee personalwirtschaftlicher Aufgaben läßt sich auf weitere Argumente gründen. So bleibt bei der Abbildung von Mitarbeitern in Fähigkeitsprofile die Leistungsbereitschaft unberücksichtigt. Aber auch im Bereich der Leistungsfähigkeit mangelt es an brauchbaren und allgemein akzeptierten Methoden zur Datenfindung. (Wie bildet man z. B. "Kooperationsfähigkeit" im Datenmodell ab?). Soweit Methoden zur Datenfindung vorhanden sind: Als Ergebnis wird man immer nur eine auf wenige Fähigkeitsmerkmale reduzierte Abbildung eines Mitarbeiters haben ("Datenschatten"). Analoges gilt übrigens auf der Arbeitsplatzseite. Zudem erfordert eine verantwortungsbewußte Personalarbeit aktuelle situative Kenntnisse über Mitarbeiter und Arbeitsplätze die durch keine wie immer geartete EDV-Unterstützung gegeben werden können.

Erfreulicherweise beginnt sich neuerdings die Erkenntnis durchzusetzen, daß man im Personalbereich von einem anderen Gestaltungsansatz ausgehen muß. Dabei steht statt der Algorithmierung und Automatisierung der Personalarbeit die Computerunterstützung des Personalsachbearbeiters im Vordergrund.