Personaler: Strategen in der Dauerkrise

23.05.2005
Von 
Winfried Gertz ist Journalist in München. Er arbeitet in einem Netzwerk von zahlreichen Anbietern kreativer Dienstleistungen. Das Spektrum reicht von redaktioneller Hörfunk- und Fernsehproduktion über professionelle Fotografie bis zu Werbetexten für Industrieunternehmen und Non-Profit-Organisationen.

Mit einem Kraftakt verständigte sich das Unternehmen auf ein Programm namens „Living fast“ (fast, accountable, service-driven team). Ziel des Kulturwechsels war es laut Reid-Dodick, dem größten Wettbewerber Bloom-berg „die Hölle heiß zu machen“. Reuters investierte massiv in die Weiterbildung von Nachwuchs- und Führungskräften, führte mo-derne Leistungsmess-Systeme ein und reani-mierte den Kundenservice etwa mittels neuer Niederlassungen in Bangalore und Bangkok mit rund 1000 neuen Arbeitsplätzen. Inzwischen trauen Investoren der Firma wieder mehr zu; die Mitarbeiterzahl wächst, und auch die Identifikation mit dem Unternehmen stieg. Dennoch hebt Reid-Dodick nicht ab: „Sicher können wir uns nie mehr wähnen.“

Yahoo-Gründer schauten nur auf Technik und Finanzen

Auf unsicheres Parkett begab sich auch Libby Sartain, bei Yahoo als „Chief of People“ für Human Resource verantwortlich. Im Herbst 2001 verließ sie ihre sichere HR-Position bei Southwest Airlines für ein „Himmelfahrtskommando“. „Arbeitslosigkeit im Silicon Valley auf 8,5 Prozent gestiegen“, „Entlassungen in der IT- und Internet-Wirtschaft setzen sich fort“, titelte die "New York Times" in jenen Tagen. „Ich traf bei Yahoo zunächst auf ziemlich verunsicherte Mitarbeiter“, so Sartain, „auf ihre Firma gaben sie keinen Pfifferling mehr.“ Statt ihre Mitarbeiter zu motivieren und ihnen Orientierung zu vermitteln, hätten sich die Yahoo-Gründer lieber auf technische oder finanzielle Ziele kapriziert. „Man geht zu Yahoo“, lautete ihr belangloses Credo, „weil es chic ist, bei einer Internet-Firma zu arbeiten.“

Entschlossen setzte Sartain, unterstützt vom neuen CEO Terry Semel, dieser Gleichgültigkeit eine zielgerichtete Personalpolitik entgegen. Eine zentrale Aufgabe fiel den Führungskräften zu: Sie sollten Mitarbeiter motivieren und sich um deren Weiterentwicklung kümmern, statt die gewünschte Bindung von Talenten weiterhin zu vernachlässigen. Parallel änderte Yahoo, das nach Usern gemessen „drittgrößte Land der Welt“, seinen Kurs - weg vom bisher praktizierten Service- und User-Fokus, hin zu profitablen Geschäftsfeldern.