Grundwissen Arbeitsrecht, Teil 7

Personalauswahl aus juristischer Sicht

25.03.2010
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Renate Oettinger war Diplom-Kauffrau Dr. rer. pol. und arbeitete als freiberufliche Autorin, Lektorin und Textchefin in München. Ihre Fachbereiche waren Wirtschaft, Recht und IT. Zu ihren Kunden zählten neben den IDG-Redaktionen CIO, Computerwoche, TecChannel und ChannelPartner auch Siemens, Daimler und HypoVereinsbank sowie die Verlage Campus, Springer und Wolters Kluwer. Am 29. Januar 2021 ist Renate Oettinger verstorben.

Rechtsfolgen von Pflichtverstößen

Für den Arbeitgeber ergibt sich ein Verwertungsverbot der auf rechtswidrig gestellten Fragen erlangten Antworten. Bei Ausnutzung rechtswidrig erlangter Antworten macht sich der Arbeitgeber schadensersatzpflichtig gem. § 823 BGB. Praktisch bedeutsam werden diese Ansprüche regelmäßig nur im Sonderfall der Geschlechtsdiskriminierung. § 611 a Abs. 2 BGB räumt insoweit einen Entschädigungsanspruch ein, wenn ein Arbeitsverhältnis unter Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot nicht zustande kommt.

Verletzt ein Arbeitnehmer die ihm obliegende Wahrheitspflicht, ist der Arbeitgeber zu einer Anfechtung des Arbeitsvertrages wegen arglistiger Täuschung gem. § 123 BGB oder einer außerordentlichen Kündigung gem. § 626 BGB berechtigt. Voraussetzung hierfür ist jedoch die bewusst falsche oder unvollständige Antwort auf eine zulässige Frage, wenn die Tatsache für die Einstellung kausal war und der Bewerber dies wissen oder erkennen musste.

Beispiel: Ein wegen Untreue und Unterschlagung vorbestrafter Buchhalter verleugnet in einem Vorstellungsgespräch bei einer Bank seine Vorstrafen.

Daneben ist einer Anfechtung des Arbeitsvertrages gem. § 119 Abs. 2 BGB wegen Irrtums über verkehrswesentliche Eigenschaften in der Person des Bewerbers möglich. Wesentliche Eigenschaften können physische Merkmale ebenso sein wie tatsächliche und rechtliche Umstände, beispielsweise Sachkunde, Vertrauenswürdigkeit, Zuverlässigkeit, Schwerbehinderung.

Kündigungsbeschränkungen, insbesondere nach §§ 9 MuSchG, 85 SGB IX, sind bei der Anfechtung des Arbeitsverhältnisses nicht zu beachten. Eine Beteiligung des Betriebsrates ist nicht erforderlich. Ein Ausschluss der Anfechtung kommt aus dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben gem. § 242 BGB in Betracht, wenn der Anfechtungsgrund im Zeitpunkt der Anfechtungserklärung seine Bedeutung für die weitere Durchführung des Arbeitsverhältnisses bereits verloren hatte.