Web

Peoplesoft will Oracle-Manager zur feindlichen Übernahme befragen

09.01.2004

MÜNCHEN (COMPUTERWOCHE) - Peoplesoft hat beim kalifornischen Alameda County Superior Court beantragt, mehrere Manager von Oracle befragen zu dürfen. Das Unternehmen, das sich seit Mitte vergangenen Jahres mit feindlichen Übernahmeplänen von Seiten Oracles konfrontiert sieht, will in diesen Interviews herausfinden, ob die Larry-Ellison-Company Peoplesofts Produktpalette weiter anbieten will und ob und wie sie für diese Supportdienstleistungen bereitstellen wird. Außerdem sollen die Untersuchungen Antworten ergeben darauf, wie Oracle eine möglicherweise geplante Ablöse und Migration der Peoplesoft-Anwendungen auf Oracle-Lösungen bewerkstelligen will.

Hierzu hat Peoplesoft bei Gericht eine Liste mit Namen von Oracle-Managern eingereicht, die man zu den Sachverhalten befragen will. Es handelt sich hierbei um Vice-President Don Klaiss. Ferner um Mike Rocha, Executive Vice-President und für Oracles weltweite Supportdienstleistungen zuständig. Steve Miranda zeichnet als Vice-President verantwortlich für die Applikationsentwicklung. Den gleichen Bereich betreut als Senior-Vice-President John Wookey. Joel Summers schließlich ist als Vice-President federführend bei der Entwicklung von Personalplanungssysteme (Human Resource Management). Neben diesen fünf Oracle-Managern sollen noch zwei weitere noch nicht namentlich genannte Führungskräfte Peoplesoft Rede und Antwort stehen. Die Interviews könnten zwischen Mitte Februar und Mitte März 2004 durchgeführt werden.

Mit diesen Befragungen will Peoplesoft seine Argumentation erhärten, Oracle verfolge mit der feindlichen Übernahme lediglich das Ziel, Angst, Zweifel und Unsicherheit (fear, doubt, uncertainty) unter den Peoplesoftkunden zu verbreiten und potenzielle Neukunden zu verunsichern. Der Begriff Fear, Doubt and Uncertainty stammt aus der Zeit, als gegen IBM vor Jahrzehnten langjährige Gerichtsverfahren angezettelt wurden. In diesen sollte belegt werden, dass der damalige Monopolist für Großrechner seine Marktmacht ausnutzt, um Konkurrenten durch wettbewerbsrechtlich fragwürdige Geschäftsgebaren zu benachteiligen und aus dem Markt zu verdrängen.

Eine Oracle-Sprecherin wollte zu der Gerichtseingabe von Peoplesoft keinen Kommentar abgeben.

Peoplesoft spielt zudem eine weitere Karte im Kampf um die feindliche Übernahme aus: In der jetzigen Eingabe an das Gericht argumentiert das Unternehmen, durch eine Fusion würden rund 70 kalifornische Städte, Schulen und Regierungsbehörden direkt betroffen. Sie benutzen Peoplesoft-Anwendungen. Sollte Oracle die Fusion gelingen, würde dies Kalifornien und damit den kalifornischen Steuerzahler Hunderte Millionen Dollar kosten. In Zeiten leerer Kassen dürfte dieses Argument seine Wirkung entfalten.

Das kalifornische Justizministerium nimmt ohnehin eine starke Position in den Antitrust-Untersuchungen Kaliforniens im Zuge des Übernahmepokers von Oracle ein. Ein großer Teil der Befragungen von Beteiligten wird von der Justizbehörde des Sonnenstaats durchgeführt. Allerdings hat sie noch keine Entscheidung getroffen, ob gegen Oracle eine Antitrust-Klage erhoben werden soll.

Auch das US-Justizministerium untersucht die feindliche Übernahme. Die Bundesbehörde hat aber ebenfalls noch nicht entschieden, ob sie die Fusion genehmigt. Zudem untersuchen die Kartellrechtsbehörden der Europäische Kommission und von Kanada den Fall. Bislang liegt von beiden noch keine abschließende Stellungnahme vor. Die Europäische Kommission muss ihre Entscheidung allerdings bis zum 30. März 2004 bekanntgeben.(jm)