Gesamtpaket wird für Oracle eine Milliarde Dollar teurer

Peoplesoft schließt Übernahme von J.D. Edwards ab

25.07.2003
MÜNCHEN (CW) - Mit dem Kauf von J.D. Edwards sowie guten Quartalszahlen stärkt Peoplesoft seine Position im Kampf gegen die von Oracle betriebene feindliche Übernahme. Für den Datenbankspezialisten würde Peoplesoft nun mit einem Preis von 7,3 Milliarden Dollar deutlich teurer als geplant.

Um Mitternacht am 17. Juli meldeten die Peoplesoft-Verantwortlichen Vollzug. Bis dahin hatten die Aktionäre von J.D. Edwards 88 Prozent der Anteile für den Merger zugesagt. Einziger Wermutstropfen: Da Peoplesoft an der 90-Prozent-Hürde scheiterte, muss die Übernahme durch ein Aktionärsvotum offiziell besiegelt werden. Das kann jedoch erst im August geschehen. Hätten die Besitzer von mehr als 90 Prozent der Anteile ihr Plazet gegeben, könnte die Übernahme ohne Abstimmung vollzogen werden.

Peoplesoft lässt sich die Übernahme 1,8 Milliarden Dollar kosten, 100 Millionen Dollar mehr als im am 2. Juni 2003 veröffentlichten ersten Gebot vorgesehen. Die J.D. Edwards-Aktionäre können ihre Papiere zu einem Preis von 14,74 Dollar verkaufen oder gegen Peoplesoft-Anteile eintauschen. Auch eine Mischkalkulation von 0,43 Peoplesoft-Aktien je J.D. Edwards-Papier plus 7,05 Dollar in bar ist möglich. Die Übernahme sei ein Meilenstein in der Geschichte seines Unternehmens, sagte Peoplesoft-CEO Craig Conway. "Die Geschäftsbereiche sowie die Kulturen beider Firmen ergänzen sich", fügte J.D. Edwards-Chef Robert Dutkowsky hinzu.

Vor den Verantwortlichen beider Softwareanbieter liegt nun eine Reihe schwieriger Aufgaben. Wegen der beharrlichen Versuche Oracles, Peoplesoft zu schlucken, stehen die Manager unter Erfolgszwang. Die Peoplesoft-Aktionäre verlangen jetzt den Beweis dafür, dass die Verbindung mit J.D. Edwards die bessere Alternative ist als eine Übernahme durch Oracle. Vor allem die Integration des operativen Geschäfts muss zügig verlaufen. Die Verantwortlichen gehen davon aus, bereits im ersten Jahr nach dem Zusammenschluss rund 80 Millionen Dollar an operativen Kosten einzusparen.

Das weitere Schicksal Peoplesofts wird von schnellen Erfolgsnachweisen abhängen, meint Cameron Steele, Analystin von RBC Capitol Markets. Sollte es nicht gelingen, den Aktienkurs innerhalb der nächsten Monate zumindest in die Nähe von 19,50 Dollar - dem Angebot Oracles - zu bringen, würden wohl einige Großinvestoren auf die Offerte des Konkurrenten zurückgreifen.

"Die Zeit ist auf unserer Seite", gibt sich Oracle-Sprecher Jim Finn zuversichtlich. Oracle halte sein Angebot weiter aufrecht, auch wenn J.D. Edwards Teil des Pakets sei. Allerdings würde der Datenbankspezialist tiefer in seine Taschen greifen müssen als bislang vorgesehen. Mit den zusätzlichen 52,6 Millionen Anteilen käme Peoplesoft inklusive J.D. Edwards rund eine Milliarde Dollar teurer als das aktuelle Gebot von 6,3 Milliarden Dollar, erläutert Tad Piper, Senior Analyst von Piper Jaffray. Außerdem werde Peoplesoft nach dem Erwerb von J.D. Edwards etwa 860 Millionen Dollar weniger in seinen Cash-Beständen haben, was den Wert des Unternehmens für Oracle schmälern würde. Allerdings könne Oracle kurzfristig über rund 11,5 Milliarden Dollar verfügen, so dass der gestiegene Preis kein Hindernis für eine Übernahme sein dürfte. Eine Erhöhung des Angebots von 19,50 Dollar je Peoplesoft-Aktie ist Piper zufolge nicht in Sicht.

Wie der Übernahmekampf zwischen Oracle und Peoplesoft ausgehen wird, ist derzeit nicht abzusehen. Mit den Nachrichten der letzten Woche hat Peoplesoft seine Position offenkundig gestärkt. Neben der geglückten Übernahme von J.D. Edwards präsentierte das Unternehmen gute Zahlen für sein Ende Juni abgelaufenes zweites Geschäftsquartal. Die Einnahmen lagen mit 497 Millionen Dollar am oberen Rand der Erwartungen. Damit wies der in Pleasanton, Kalifornien, beheimatete Softwareanbieter gegenüber dem Vorjahresquartal einen um drei Prozent höheren Umsatz aus. Auch der Gewinn wuchs leicht von 36 Millionen Dollar im zweiten Quartal 2002 auf 36,5 Millionen Dollar. Das Ergebnis ist in erster Linie auf die um 20 Prozent gestiegenen Wartungseinnahmen zurückzuführen. Knapp 206 Millionen Dollar verdiente Peoplesoft zwischen April und Juni 2003 in diesem Segment. Dagegen gingen die Lizenzeinnahmen im Vergleich zum Vorjahresquartal um 15 Prozent auf 111,7 Millionen Dollar zurück.

Am 15. August endet die von Oracle bereits zum zweiten Mal verlängerte Übernahmefrist. Bislang ist die Resonanz sehr verhalten. Allerdings lassen sich gerade Großinvestoren mit ihren Entscheidungen in aller Regel bis kurz vor Ende der jeweiligen Deadline Zeit.

Das will auch Oracle. Unternehmensgründer Lawrence Ellison kündigte an, notfalls bis zum Sommer 2004 zu warten, um dann mit Hilfe der bis dahin gewonnenen Anteile einen willfährigen Peoplesoft-Vorstand zu installieren. Doch auch dieses Vorhaben wird durch den J.D. Edwards-Deal erschwert. Genügten bislang vier der sieben Sitze, um das Unternehmen zu kontrollieren, kommt nun ein achter Sitz hinzu. Oracle muss also mindestens fünf neue Vorstandsmitglieder einsetzen, um sich durchzusetzen.

Indes steigt die Verunsicherung vor allem bei den J.D. Edwards-Kunden. Während die Peoplesoft-Verantwortlichen versichern, die Produktpalette wie bisher fortzuführen, hält sich das Oracle-Management diesbezüglich bedeckt. Angesichts der engen Verbindungen zwischen J.D. Edwards und dem Oracle-Konkurrenten IBM - viele J.D. Edwards-Anwender nutzen DB2-Datenbanken und die proprietäre I-Series-Plattform von IBM - rechnen Experten mit einer Auslagerung oder einem Verkauf der J.D. Edwards-Sparte nach einer Übernahme von Peoplesoft. (ba)