Intels neue CPU - ein Rohrkrepierer?

Pentium 4 steckt in den Startlöchern

10.11.2000
MÜNCHEN (CW) - Die neue Pentium-4-CPU soll in wenigen Wochen auf den Markt kommen. Insider zweifeln jedoch am Erfolg des Pentium-III-Nachfolgers. Inkompatibilitäten mit den Vorgängerchips und der bereits anvisierten Nachfolge-CPU, die Beschränkung auf teuren Rambus-Speicher sowie mangelnde Softwareunterstützung dürften den Start erschweren.

"Der Pentium-4-Prozessor wird mit Taktraten von 1,4 Gigahertz und höher auf den Markt kommen", erklärte Paul Otellini, General Manager der Intel Architecture Group, anlässlich einer Tagung von Finanzanalysten Anfang November in New York. Bis Ende 2001 soll der Chip sogar eine Arbeitsgeschwindigkeit von zwei Gigahertz erreichen.

Mit den ersten Versionen der neuen CPU adressiert Intel das Highend-Segment des PC-Marktes. Allerdings erwartet Otellini, dass der Chip bis Ende nächsten Jahres auch im Mainstream-Geschäft seinen Platz gefunden haben wird.

Das wird von vielen Marktforschern und PC-Herstellern jedoch bezweifelt. Intel selbst habe seinem jüngsten CPU-Sprössling einige hohe Hürden in den Weg gelegt, lautet der verbreitete Vorwurf. So werde der "850"-Chipsatz für den Pentium 4 vorerst ausschließlich mit teuren Rambus-Speichermodulen funktionieren, räumt auch Otellini ein. Erst für Ende 2001 sei ein Chipsatz geplant, der auch die herkömmlichen Synchronous-Dynamic-Random-Access-Memory-(SDRAM-) und Double-Data-Rate-(DDR-)SDRAM-Module unterstütze.

Außerdem sei die Stromversorgung und Kühlung der neuen Intel-CPU problematisch, klagen die PC-Hersteller. Wegen des hohen Energiebedarfs benötige man ein teureres ATX-Netzteil mit zwölf Volt. Ferner müssten CPU und Chipsatz wegen der stärkeren Hitzeentwicklung aufwändig gekühlt werden. Zuletzt kann auch die Leistung noch nicht überzeugen. Der erweiterte Streaming-SIMD-Extensions-2-Befehlssatz wird bislang von kaum einer Software unterstützt. Erst wenn die Softwareanbieter diesen Befehlssatz in ihre Anwendungen implementieren, könnte der Pentium 4 seine Vorteile ausspielen.

Als problematisch werden auch die Inkompatibilitäten des neuen Prozessors beurteilt. So passt der Pentium 4 nur in den Sockel 423. Bestehende Pentium-III-Systems lassen sich somit nicht ohne weiteres mit dem neuen Chip aufrüsten. Anwender müssen die Hauptplatine auswechseln sowie für eine stärkere Stromversorgung und eine bessere Kühlung sorgen, wenn sie auf die neue Intel-Generation umsteigen möchten. Mit der Ankündigung des zwei Gigahertz schnellen Pentium 4 hat Intel vermutlich ein Eigentor geschossen. Denn viele Anwender werden auf die zweite Version warten, weil diese wieder einen neuen Sockel, Nummer 478, benötigt.

Die Intel-Manager blicken dennoch hoffnungsvoll in die Zukunft. Zwar würden vorerst weiter mehr Pentium-III-CPUs verkauft. Das Blatt werde sich jedoch spätestens Anfang 2002 wenden. Über die Preise gibt es bislang nur Gerüchte. Interne Quellen sprechen von 795 Dollar für die 1,5-Gigahertz-Variante und 625 Dollar für die 1,4-Gigahertz-Version. Intel wollte diese Spekulationen bislang nicht kommentieren.