PCI-Architektur laeuft EISA, MCA und dem VL-Bus den Rang ab Engpass zwischen Peripherie und Prozessor ueberwinden

15.04.1994

Von Detlef Borchers

Die Bus-Architektur zwischen Prozessor und Peripherie galt immer als Manko der Intel-basierten Super- und Anwendungs-Server. Der Peripheral-Component-Interconnect-(PCI-)Bus hebt diesen Nachteil der PC-Server auf. Er wird kuenftig sowohl bei den Intel- als auch bei den neuen Power-PC-Systemen dominieren.

In der Hierarchie der PC-Netze spielen sie die Rolle der Luxuskarossen, die Super-Server vom Schlage der Netframes, Powerframes und Proliants. Sie sind Zentralrechner in riesigen Netzwerken, auf ihnen laufen die grossen Anwendungen. Schon optisch unterscheiden sich die Schraenke von den Wald-und-Wiesen-Servern vieler Netze, doch erst ihr ueppiges Innenleben macht klar, was in den Preisregionen zwischen 50 000 und 350 000 Mark alles angeboten wird. Neben der Ausfallsicherheit aller doppelt und dreifach vorhandenen Einzelteile ist die reiche Ausstattung der Ressourcen ein Kennzeichen dieser Boliden.

Selbst kleinere Vertreter wie der fuer SAP-R/3-Anwendungen unter Windows NT konzipierte "Proliant 2000" von Compaq besitzen noch 256 MB Hauptspeicher und Plattensysteme mit 20 GB Kapazitaet. Wichtigstes Kennzeichen der Hochleistungs-Server ist jedoch der Einsatz mehrerer Prozessoren und besonderer Bus-Systeme. Im Proliant sind es zwei Pentium-Prozessoren mit 66 Megahertz, die ueber den von Corollary entwickelten C-Bus arbeiten.

In den PC-Servern werkeln meist mindestens 486er

In den Powerframes von Tricord sitzen bis zu sechs Pentiums. Sie kommunizieren ueber den eigens konstruierten Powerbus mit 267 MB in der Sekunde bei 64 Bit Bandbreite. Dazu kommen Prozessorsubsysteme fuer die Plattensteuerung wie etwa bei Netframes IOP-II-Bus, bei denen mehrere 486er ihren Dienst verrichten.

Nur so lassen sich ueberhaupt Backup-Geschwindigkeiten von 12 GB pro Stunde erreichen, die bei diesen Super-Servern verlangt werden. Selbst bei den Prozessoren zur Server-Ueberwachung (Aufzeichnung der Messwerte und Alarm via Modem und Cityruf) sind nur noch in den seltensten Faellen 386er am Werk.

Bei allen Erweiterungen und Eigenheiten sind die besagten Systeme jedoch vorrangig auf PC-Netze ausgelegt. Dies ist nicht nur an den Prozessoren abzulesen. Im Vergleich zu den Rechnern von Pyramid oder Tandem sind die zertifizierten Betriebssysteme im PC- Netzsektor altbekannt: Netware in den diversen Spielarten, Vines, LAN Server, LAN Manager und SCO Open Server - damit war das Terrain bis vor kurzem klar abgesteckt.

Netware & Co. oeffnen sich das Tor zu RISC

Die erste Abweichung von diesem Konzept kam mit Windows NT Advanced Server (NTAS) und dem Einzug PC-fremder RISC-Welten. Das multiprozessorfaehige NTAS tummelte sich nicht allein auf den Superservern von Sequent, sondern besetzte Server-seitig auch die Angebote von DEC oder Compaq und bald auch die Personal Power-PC- Systeme von IBM.

Dem hauseigenen LAN Server steht aehnliches bevor, wenn er im Juli mit der Version 4.0 seine Multiprozessor-Unterstuetzung bekommt und im Verein mit Workplace OS in die RISC-Welt wandern kann.

Hoffnungen auf einen marktfuehrenden Anteil in einem eigenstaendigen Superserver-Bereich setzt man bei Novell auf PIN, die Processor Independent Netware. Sowohl die grossen Sparcserver von Sun als auch HPs 9000er Reihe von PA-RISC-Systemen wird von PIN abgedeckt; weitere Hersteller wollen folgen. Schliesslich sollte auch Banyans Variante mit Vines fuer HP-UX nicht unerwaehnt bleiben.

Server-Anbieter basteln schon an Power-Systemen

Mit diesem vielfaeltigen Angebot geraten die Hersteller von klassischen Hochleistungs-Servern auf PC-Basis zumindest nominell ins Hintertreffen. Ihre ausgefeilte Technologie beim Austricksen der PC-Behinderungen aller Art scheint nicht laenger gefragt zu sein. In der zu erwartenden Auseinandersetzung zwischen Intel- und Power-PC-Plattformen haben Hersteller wie Tricord und Netframe indes bereits erste Laborstuecke mit den Motorola-Chips zum Laufen gebracht.

Noch sehen sie von dieser Seite keine Gefahr aufkommen, da die gesammelte Expertise in der PC-Technik auch hier gute Dienste leistet. Denn mit dem einfachen Zusammenbasteln leistungsfaehiger Einzelkomponenten ist es nicht getan.

Da ist beispielsweise der PCI-Bus, der in den naechsten Jahren die Intel- und Power-PC-Welt auf der Netzseite dominieren wird. Selbst die Alpha-Systeme mit ihrem Turbochannel enthalten mittlerweile PCI-Slots, die auch bei der auf VL-Bus eingeschworenen Mips-Reihe zum Einsatz kommen duerften.

Der PCI-Bus haengt EISA und den Mikrokanal deutlich ab

Der PCI-Bus ist schneller, billiger und vor allem besser definiert als der EISA-Bus mit seinen zahlreichen Eigenheiten. Er ist nicht an einen Hersteller wie IBMs Microchannel gebunden und an keine Einsatzart gekettet wie der untergehende Local-Bus der VESA. Gegenueber den 32 MB pro Sekunde von MCA oder dem EISA-Burst-Modus von 33 MB/s sind die 132 MB/s von PCI bei niedriger Latenz ein grosser Fortschritt.

Dies gilt fuer die aktuelle 32-Bit-Variante: Mit 64 Bit sollen demnaechst 260 MB/s moeglich sein. Schon jetzt laeuft ein breiter Support bei den Komponenten an, auch wenn einige Bugs konservativ eingestellte Dritthersteller warten lassen.

Auf der anderen Seite zeigen Lieferanten wie Cogent mit seinen PCI-Ethernet-Karten der Emaster-Serie, was PCI ermoeglicht: Treiber fuer PC-Systeme bis hin zu Nextstep, fuer die gaengigen Netzwerke einschliesslich NT, aber auch fuer Apples Power-Macs gehoeren hier zum Standard.

Spezialloesungen oeffnen die Schranken der PC-Welt

Die Cogent-Karten (bei Firmen wie Siemens auf OEM-Basis im Einsatz) arbeiten dabei wie alle PCI-Systeme gleichberechtigt mit der CPU dem Memory-Interface zu, das seinerseits den Zugriff auf den Arbeitsspeicher regelt.

In gleicher Weise, wie der PCI-Bus mit der PC-Technologie bricht, befolgt er indes als echtes Intel-Produkt die Gesetze der PC- Industrie. Damit sind wieder die Hersteller der Superserver im Vorteil, die mit Spezialloesungen die Hindernisse wie gehabt umgehen koennen. So ist PCI vorerst auf 33 Megahertz Taktfrequenz ausgerichtet, was sich aendern kann. Schliesslich versucht der VL- Bus der VESA mit 66 Megahertz ein Art Comeback zu starten. Gleichzeitig sind bisherige PCI-Systeme auf maximal drei Steckplaetze ausgerichtet.

Das Argument der aufmontierten PCI-Chips auf dem Motherboard, wie es AMD mit seiner Ethernet-SCSI-2-Kombination ankuendigte, duerfte gerade bei den Hochleistungs-Servern nicht greifen. Fuer diese Rechner ist das versprochene Plug and play wichtig, wenn es um den nahtlosen Austausch einzelner Komponenten durch den Wartungsdienst geht. Auf der anderen Seite sind die Top-Server nicht ueber die Leistung einer einzelnen Komponente definiert. Selbst wenn optimierte Multiprozessor-Architekturen mit schnellen Pentium- und Power-PC-Chips bestueckt ueber einen superschnellen Bus mit besonderen leistungsfaehigen SCSI-Vorrechnern kommunizieren, muessen sie irgendwann ueber das Netz wandern.

Mit Ausnahme von FDDI sind alle Anschlusstechniken, wie sie etwa mit Fast Ethernet, 100VG Anylan, 100Base-T, DP und ATM gehandelt werden, mindestens 20 Monate von einer Verwirklichung entfernt, die fuer Superserver akzeptabel ist. Dies gibt den Herstellern genuegend Spielraum beim Sammeln erster Erfahrungen mit Power-PC- Konzepten. Bis dahin werden ihre bewaehrten Methoden ungebrochen den High-end-Bereich dominieren koennen.