Consumer-PCs mit Corel-Software oder Star Office

PC-Verkäufer verstoßen Microsoft

06.09.2002
MÜNCHEN (mo) - Der Preisdruck zwingt die PC-Anbieter, auch bei der vorinstallierten Software zu sparen. Das Kartellverfahren gegen Microsoft macht es leichter, andere Programme als die aus Redmond zu installieren. Davon profitiert Corel in den USA und Suns "Star Office" in Deutschland.

Corel macht von sich reden. Privatanwender, die in den USA künftig einen PC von Dell oder Hewlett-Packard (HP) kaufen, finden die Textverarbeitung "Wordperfect" und die Tabellenkalkulation des kanadischen Softwarehauses vorinstalliert vor. Für nur 99 Dollar können sie auf die komplette "Wordperfect Suite" aufrüsten - sie umfasst unter anderem Präsentationssoftware und Datenbank.

Der Verlierer heißt Microsoft. Bislang haben HP und Dell die Anwendungssoftware Works mit ausgeliefert. Der Grund für den Wechsel liegt vor allem im Preiskampf. "Alles, was es HP ermöglicht, die Kosten im Consumer-Markt zu senken, bringt einen Vorteil", beobachtet Toni Duboise, Analyst beim US-Marktforschungsunternehmen ARS.

Preisdruck gibt es auch in Deutschland. Immer mehr Wiederverkäufer würden sich Star Office statt der Works-Suite von Microsoft auf ihre HP- oder Compaq-Rechner vorinstallieren lassen, registriert zum Beispiel Karmen Reimann, bei HP Deutschland für das Marketing der Consumer PCs zuständig. Hierzulande sei der Preisdruck im PC-Geschäft härter als in den anderen europäischen Ländern und daher das Interesse groß, auch durch die Zusatzsoftware die Kosten zu reduzieren. Der Notebook-Hersteller Gericom liefert schon seit langem Star Office mit seinen Geräten aus. Auf Toshiba-PCs findet sich die Corel-Suite.

Doch noch nicht alle Anbieter gehen diesen Weg. Fujitsu-Siemens, der größte deutsche PC-Hersteller, hält an der Works-Suite fest. Auch bei Actebis, einem der wichtigsten Consumer-PC-Hersteller hierzulande, gibt es zurzeit keine Überlegungen, Works oder die Works-Suite durch andere Software zu ersetzen. "In Deutschland erwarten die Anwender ein umfangreiches Softwarepaket", erläutert Jo Kleinschnittger, Produktmanager bei Actebis. Bei Star Office würden die Anwender seiner Ansicht nach keinen Mehrwert erkennen, da die Software bislang kostenlos erhältlich war. Daher würde der Fachhandel weiterhin die Microsoft-Produkte nachfragen.

Dass trotzdem einige Reseller umsteigen, hängt auch mit dem Kartellrechtsprozess gegen Microsoft zusammen. Zum Inhalt der Vereinbarung, die Microsoft mit dem US-Justizministerium zur Beilegung des Verfahrens geschlossen hat, gehören mehr Freiheiten für Reseller bei der Auswahl der Software und einheitliche Preise.

Früher hat Microsoft Knebelverträge abgeschlossen, die es den PC-Verkäufern praktisch unmöglich gemacht haben, andere Software zu installieren. Das ist nun anders. Zum Beispiel muss Microsoft mit den zwanzig größten PC-Herstellern die gleichen Lizenzverträge für das Betriebssystem Windows abschließen. Bei den zwei größten Abnehmern hat das zu Preiserhöhungen von vier Dollar pro Windows-Kopie geführt. Analysten zufolge sind das Dell und HP. Da kommt es den Anbietern gerade recht, dass sie mit der Corel-Software die Kosten wieder reduzieren können.

Für Corel sind die Abkommen mit Dell und HP von großer Bedeutung. Steve Houck, Executive Vice President für strategische Beziehungen bei Corel, rechnet mit drei Millionen HP Pavillion PCs und mit einer Million Dell-Rechnern, auf denen die Wordperfect-Software im kommenden Jahr installiert wird. Er hofft, dass zwölf Prozent der Kunden das Upgrade-Angebot annehmen, für 99 Dollar die gesamte Suite zu erstehen.

"Das ist ein gutes Geschäft für Corel, ändert aber nichts an der Entwicklung im Bereich Unternehmenskunden", glaubt Jonathan Eunice, Analyst beim US-Beratungsunternehmen Illuminata. Die Marktverhältnisse bei PC-Anwendungssoftware verschieben sich durch die neuen Abkommen nicht.