Technologie-Wettbewerb läßt die Preise purzeln

PC-Cloner wollen Alleingang der IBM im 486SX-Markt verhindern

10.05.1991

MÜNCHEN (CW) - Zwei PC-Modelle auf der Basis des neuen 486SX-Chips von Intel hat die IBM vorgestellt. Das Recht auf - die 486SX-Erstgeburt, muß sich die IBM allerdings mit mehr als einem halben Dutzend anderer Anbieter teilen. Zu ihnen gehören Acer, ALR, Mitac und AST.

Darüber hinaus sollen drei weitere PC-Hersteller in der Lage sein, ihre neuesten Rechner mit Intels "486SX"-CPU auszustatten. Aus diesem Grund sah sich Ian Boulton, IBMs Personal Systems Produkt-Manager, auch allein auf weiter Flur, als er behauptete, Big Blues schnelle Reaktion auf eine aktuelle Technologieentwicklung sei vor allem Big Blues proprietärem Bussystem der PS/2-Rechner - dem Mikrokanal - zuzuschreiben.

Simon Pearce, Senior-Berater des Marktforschungsunternehmens IDC, äußerte denn auch Unverständnis über die Boultonsche Aussage: "Was der Mikrokanal mit Intels 486SX-Prozessor und der schnellen Entwicklung auf Grundlage solch eines Systems zu tun haben soll, ist mir etwas schleierhaft." Pearce wies auch darauf hin, daß Big Blue mit seinem ersten PC auf Basis eines 486-Prozessors erst über ein Jahr nach dessen Vorstellung durch Intel auf den Markt gekommen sei.

Bei den beiden vorgestellten IBM-PCs handelt es sich um die PS/2-Modelle 90 XP 486SX" und "95 XP 486SX". Beide arbeiten mit dem neuen Intel-Chip 486SX, der sich vor allem dadurch auszeichnet, daß er im Gegensatz zur "486DX"-CPU keinen mathematischen Ko-Prozessor im Chip-Design integriert.

Außerdem teilte Big Blue Details über einem weiteren PS/2-Rechner mit, ohne dies allerdings als Produktankündigung verstanden wissen zu wollen: Der Erlkönig "90 XP 486" operiert mit einem 486-Prozessor und 50 Megahertz.

Preisvergleich könnte sich lohnen

Intel selbst hatte diese CPU schon demonstriert, wohl in dem Bemühen, mit den angeblich erzielten 40 MIPS Rechenleistung mit der RISC-Welt mithalten zu wollen.

Im Vergleich zu HPs neuen 700er-Workstations mit maximal 76 MIPS Power tut sich Intels Prozessor-Flaggschiff trotzdem sehr schwer, denn dies ist - wenn auch attestiert werden sollte, daß MIPS-Angaben mit Vorsicht genossen werden müssen - immerhin eine bereits realisierte doppelte Rechenleistung.

Beide Big-Blue-PCs mit dem abgespeckten 486-Chip können mit Intels Ko-Prozessor 80487 (20 Megahertz) zu einer vollwertigen 486-CPU aufgerüstet werden, unterscheiden sich ansonsten in der Ausstattung jedoch nicht von den vorherigen PS/2-Modellen 90 und 95. Diese hingegen sollen ab sofort ohne Preisaufschlag in der Grundausstattung mit 8 statt wie bisher mit 4 MB Arbeitsspeicher ausgeliefert werden.

Der Upgrade-Preis des 80487-Koprozessors beträgt beim blauen Riesen etwa 1345 Dollar. Für Intels Original müssen lediglich 800 Dollar investiert werden.

Für den Anwender könnte es allerdings interessant werden, in Zukunft auf die Preise von IBM-kompatiblen Clonern mit 486-Systemen zu achten. Denn mit dem Einsatz des kostengünstigeren Schmalspur-486-Prozessors von Intel und den weiteren noch nicht enthüllten Plänen des Prozessor-Monopolisten eine stromsparende SL-Version analog der AMD-CPU-Variante wird wohl in nächster Zeit präsentiert, der 50-MHz-486-Prozessor scheint kurz vor der Präsentation - gehen auch Preisreduktionen bei der IBM und Compaq für viele ihrer PC-Systeme einher.

Der Anwender vermag von der momentanen Entwicklung auf dem CPU-Markt möglicherweise in zweierlei Weise zu profitieren: Zum einen kann er eine günstigere Preis-Leistungs-Relation der neuen 486SX-Modelle im Vergleich zu Hochleistungs-386-PCs der IBM erzielen: Das Marktbeobachtungsinstitut Technology Investment Strategies Corp. der IDC-Gruppe aus Framingham, Massachusetts, etwa veranschlagt für das neue Modell 90 einen Quotienten von 606 Dollar pro MIPS, wohingegen die gleiche Rechenleistung mit einem Modell 80 der 386-Linie (25 Megahertz) den Kunden auf knapp unter 1100 Dollar kommt.

Zum anderen hat Big Blue aber auch die Preise seiner gesamten PC-Palette vom Modell 25 bis hoch zu den Top-Systemen 90 und 95 überdacht und revidiert. Die Kosteneinsparungen für Kunden betragen bei den Armonkern etwa zwischen drei und 38 Prozent.

Compaq hatte seine Preisvorstellungen vor kurzem ebenfalls erheblich nach unten korrigiert. Trotz dieser für den Kunden prinzipiell positiven Entwicklung rechnen einige Marktbeobachter wie etwa Finanzanalyst Bruce Lupatkin von Hambrecht & Quist in San Franzisko nicht unbedingt mit direkten Auswirkungen für Anwender - zumindest wenn diese bei den beiden vermeintlichen PC-Nobelmarken-Herstellern einkaufen: "Mit diesem neuen Preisrahmen für PC-Systeme werden eigentlich nur die anderen Anbieter gezwungen, ihre Preise analog denen von der IBM und von Compaq nachzuregeln."

Wer die Rechner aus Houston und Armonk kaufe, könne in Zukunft höchstens feststellen, daß die Schere zwischen Listen- und Straßenverkaufspreisen mehr zusammenklappe. Doch alle PC-Hersteller, die mit Marketing-Argumenten auch auf die überhöhten Preise der beiden Branchenprimusse abzielten, seien nolens volens selbst gezwungen, mit ihren Preisvorstellungen runter zu gehen.

AST und ALR sahen sich wohl schon gezwungen, auf IBMs und Compaqs vermeintliche Generosität gegenüber dem Kunden zu reagieren: Die AST Research Inc. senkte die Preise für ihren 386SX-PC (20 MHz) "Premium II" gleich um rund 600 auf knapp 2000 Dollar, was laut Aussage von Larry Fortmuller, Direktor des Bereichs Hochleistungssysteme bei AST, aber lediglich auf die Einführung des 486SX-Modells zurückzuführen sei. Er konzedierte jedoch, daß man sich die Preisplanung von Compaq im Laufe der Zeit zueigen machen werde.

ALR - ein anderer Cloner - hat seine Preise im Gefolge von Big Blue und Compaq um etwa 13 bis 17 Prozent gesenkt. Darüber hinaus brachte man einen 386SX-Rechner auf den Markt, der mit seinen knapp 1200 Dollar noch weit unter ASTs Angebot liegt. Gene Lu, Präsident von ALR, meinte denn auch weitsichtig: "Sollten PC-Hersteller mit Straßenpreisen am Markt vertreten sein, die über denen der IBM und von Compaq liegen, dann werden sie sehr schnell umdenken und an den Preisen arbeiten müssen."