Pauschalurteil

17.04.1987

Man mag sich darüber streiten, ob die "Regierungskommission Fernmeldewesen" gut daran tat, einzig und allein ein Beratungsunternehmen und dann auch ausgerechnet noch die US-Consultants-Riege McKinsey & Company damit zu beauftragen, die Fehler und Schwächen des deutschen Fernmeldewesens unter die Lupe zu nehmen. Herausgekommen ist dabei nichts, was nicht auch schon von hiesigen Postkritikern aufs Tapet gebracht worden ist.

Bleibt die Frage, wem die Veröffentlichung des bereits im Dezember letzten Jahres vorgelegten Gutachtens zum jetzigen Zeitpunkt nützt oder wem sie schaden soll.

Nutznießer sind - neben der Gruppe der über die Grenzen hinweg operierenden Großanwender - auf der Anbieterseite internationale Multis Ó la IBM, deren Repräsentanten keine Gelegenheit auslassen, eine Lanze für möglichst unregulierte DV- und Telecom-Weltmärkte zu brechen, immer getreu dem Motto "Je weniger Post, desto mehr eigene Einnahmen aus dem Service-Bereich". Die McKinsey-Studie fügt sich da als weiteres Mosaiksteinchen gut ins Liberalisierungs-Bild ein.

Der möglicherweise beabsichtigte Schaden: Der heterogenen bundesdeutschen Telecom-Branche, die sich aus einem großen, mehreren mittleren und vielen kleinen Unternehmen zusammensetzt, wird reichlich undifferenziert das Etikett angehängt, international nicht wettbewerbsfähig zu sein und national allein dank des Postreservats überlebt zu haben. Die Analyse mag für die hiesigen kleinen Anbieter stimmen, sie gilt aber mindestens ebenso für solche in anderen europäischen Ländern.

Darüber hinaus suggeriert der McKinsey-Report eine Vergleichbarkeit von US-Markt, japanischem Markt und bundesdeutschem Markt die angesichts der unterschiedlichen Dimensionen ein wenig an der Realität vorbeigeht. Vergleichbar wäre vielmehr der europäische Telecom-Markt, den zu harmonisieren sich die EG-Kommission aufs Panier geschrieben hat.

Empfehlungen für nationale Alleingänge kann die "Regierungskommission Fernmeldewesen" daher zwar erarbeiten, doch wird sie sich - aller McKinsey-Ratschläge zum Trotz - daran messen lassen müssen, inwieweit sie die Brüsseler Richtung berücksichtigt.