Nach dem Krebstod von Chefin Marisa Bellisario:

Partnerfrage bei Italtel vorerst offen

19.08.1988

ROM (IDG) - Die italienische Presse gab ihr Spitznamen wie "Elserne Marisa", "Benedetti im Kleid" oder "die Thatcher der Telematik": Marisa Bellisario (53), Chefin der Italtel, ist in Rom an Krebs gestorben. Nicht zuletzt davon, wer ihr Nachfolger wird, hängt nun die Wahl eines ausländischen Kooperationspartners ab.

Marisa Bellisario, in den siebziger Jahren Chefin der amerikanischen Olivetti-Dependance, war 1980 zu dem damals sehr maroden staatlichen Telecom-Konzern Italtel gestoßen. Nach ihrer Berufung auf den Posten der Vorstandsvorsitzenden des Unternehmens schlug sie einen harten Sanierungskurs ein, der ein Drittel der Belegschaft und etliche Manager ihre Jobs kostete. Italtel kam unter der Ägide der "Eisernen Marisa", die den Sozialisten nahestand, wieder in die schwarzen Zahlen.

Im Zuge der Internationalisierung des Geschäfts suchte Italtel seit einiger Zeit einen starken Partner. Nachdem im vergangenen Jahr der Zusammenschluß mit der Fiat-Tochter Telettra zur "Telit" an Vorbehalten der Agnelli-Familie gegenüber der sozialistischen Konzernchefin gescheitert war, suchte Bellisario Kontakt zu den Multis.

Italienischen Presseberichten zufolge soll die Managerin, die lange für US-Konzerne gearbeitet hatte, AT&T favorisiert haben. Bald sah sich Carlo Francanzani, Minister für Staatsbeteiligungen im römischen Kabinett, genötigt, die europäischen Mitbewerber Siemens, Alcatel und Ericsson zu beschwichtigen. Wenn alle anderen Voraussetzungen gleich seien, werde ein Partner aus der EG gewählt, sagte der Minister.

Wenige Tage nach Bellisarios Tod berichtete die "Financial Times" von einer überraschenden Entwicklung: Kurz bevor die Krankheit sie zwang, die Arbeit niederzulegen, hatte die Italtel-Chefin einen Lizenzvertrag mit der Fiat-Tochter unterschrieben. Telettra darf nun das öffentliche Vermittlungssystem UT nachbauen. Je nachdem, wer künftig die Position Bellisarios einnimmt, ist sogar ein zweiter Anlauf zu einem Joint-venture mit Fiat nicht ausgeschlossen.

Freilich fürchtet man in italienischen Wirtschaftskreisen, daß die Sozialisten versuchen werden, wieder einen Manager aus ihren Reihen auf den Italtel-Chefsessel zu hieven ñ womit Fiat als Partner automatisch ausschiede. Und das käme den ausländischen Favoriten bei der Partnerwahl, Siemens und AT&T, sehr entgegen.