Frankreich Elektronikindustrie soll Bundesrepublik überholen:

Paris macht sich stark für den dritten Platz

13.08.1982

Paris (nw) - Frankreich will offenbar unter Aufbietung aller verfügbaren finanziellen Mittel sowie personeller Ressourcen zur Elektronik-Großmacht werden: Die französische Regierung hat jetzt einen Fünfjahresplan gebilligt, der den Elektroniksektor des Landes durch massive Geldzuweisungen "an die Spitze" bringen soll.

Bislang nimmt dieser Bereich mit einem Gesamtumsatz von 96 Milliarden Francs (rund drei Prozent vom Bruttosozialprodukt) hinter den USA, Japan und der Bundesrepublik den vierten Platz ein. Diesen Umsatz teilen sich zu 49 Prozent die verstaatlichten Betriebe wie Thomson-Brandt, Compagnie Générale d'Electricité, Matra Harris, Cii-Honeywell Bull und ITT France; 21 Prozent entfallen auf private französische Unternehmen, der Rest von 30 Prozent geht auf das Konto der in Frankreich arbeitenden privaten ausländischen Konzerne, darunter IBM mit 13 Prozent vom Gesamtaufkommen und Philips mit sieben.

Dabei fühlt sich Frankreich im Vergleich zu den marktbeherrschenden Elektronikweltkonzernen in keiner zufriedenstellenden Position, die sieben größten tätigen nämlich nach ITT-Informationen jeweils mehr Umsatz, als der gesamte französische Elektronikmarkt umfaßt. Dazu gehören General Electric, Philips und vor allem ITT.

Zudem ist die Handelsbilanz nicht zufriedenstellend. Zum Defizit in Höhe von 1,5 Milliarden Francs trägt die Büroelektronik mit Computern beispielsweise mit minus 2,9 Milliarden Francs bei.

Das alles soll nun anders werden: Investitionen in Höhe von 140 Milliarden Francs (50,6 Milliarden Mark) soll der inzwischen teilweise vergesellschafteten Elektronikindustrie auf die Sprünge helfen. 32,5 Milliarden Francs allerdings müssen die an dem Plan beteiligten Unternehmen durch Selbstfinanzierung oder Kreditaufnahme aufbringen. Die restlichen 18 Milliarden will der Staat durch Kapitaldotationen an die in der Elektronikbranche tätigen Staatsunternehmen, durch Haushaltskredite und Investitionshilfen aufbringen.

Gefördert werden soll auch vor allem die DV-Branche. So würden ein nationaler Großcomputer ebensowie Displaysysteme entwickelt, örtliche Kommunikationsnetze erarbeitet, computergestützte Entwicklung und Fabrikation unterstützt und die Sprachübersetzung mit Computerhilfe in Angriff genommen.

Ein Haken an der ganzen Geschichte seien aber immer noch die ungenügenden personellen Voraussetzungen. Ginge es so weiter wie bisher, ermittelte eine Studie des Staatsministers für Forschung und Technologie, so würden 1986 rund 400 000 ausgebildete Spezialisten auf allen Ebenen fehlen. Es sei nötig, das gesamte System der beruflichen Ausbildung zu reorganisieren. Als Sofortmaßnahme sei dabei an ein Schulungsprogramm für 12 000 Ingenieure, Techniker und Leute aus dem Managementbereich angeregt.

In Branchenkreisen steht man indessen den Regierungsinitiativen eher skeptisch gegenüber. Zum einen sehe die Finanzlage der Staatsunternehmen nicht gerade rosig aus, und zum anderen dürfte der von der Regierung eingeleitete Haushaltssparplan es schwierig machen, die staatlichen Mittel auch wirklich zum Sprudeln zu bringen.