Papierberg soll schrumpfen KKW Gundremmingen setzt auf ein digitales Dokumentensystem

10.11.1995

MUENCHEN (ue) - Die Interleaf GmbH, Eschborn, hat das Kernkraftwerk Gundremmingen als Grosskunden fuer ihr gleichnamiges Dokumenten- Management-System gewonnen. Das Tool fuer die Verwaltung umfangreicher und strukturierter Dokumente steht dort auf einem harten Pruefstand. Immerhin gilt es, den gezielten Zugriff auf permanent aktualisierte Handbuecher mit insgesamt rund 190000 Seiten zu gewaehrleisten.

Angesichts eines 150 Kubikmeter umfassenden Papierbergs scheint es im Gundremminger Kraftwerksbereich keine Schraube oder Leitung zu geben, die nicht dokumentiert waere. Die zum Teil mit dem TUEV und den Behoerden abstimmungspflichtigen Papiere enthalten Text und detaillierte Konstruktionszeichnungen zu Betriebs- und organisatorischen Ablaeufen, zu Notfaellen und Pruefverfahren. Die Freigabeprozesse fuer aktualisierte Dokumente und deren Verteilung an die zugriffsberechtigten Mitarbeiter gestalten sich jedoch umstaendlich und langwierig.

Mit dem Aufbau eines 6000seitigen Organisationshandbuchs auf elektronischer Basis hat nun der Wechsel zum digitalen Dokumenten- Management begonnen. Als Schnitt wurde der Aenderungszyklus eines Handbuchteils gesetzt: Gingen bislang aufwendig geklebte Masterkopien in den Pruef- und Freigabevorgang, so sind es nun die im Publishing-System von Interleaf angefertigten Vorlagen.

Zu den einzelnen Arbeitsschritten zaehlt Thomas Reinhardt, Chef der Qualitaetssicherung und Projektleiter in Gundremmingen, die langwierigen Scan- und OCR-Laeufe, die Festlegung der Dokumentenstrukturen und das anschliessende Setzen von Hyperlinks. Die Koordination der bearbeiteten Teile im Gesamtdokument inklusive Querverweisen und Kompression zu einem reinen Ansichtsexemplar erfolgt mit dem Interleaf-Tool "World View Press".

Dabei erweisen sich laut Reinhardt die derzeit eingesetzten Pentium-PCs (66 Megahertz) als Flaschenhals: Der Press-Durchlauf des 6000-Seiten-Handbuchs mit rund 1,5 GB Datenvolumen dauert etwa 16 Stunden und muss aufgrund von Aenderungen alle zwei Monate wiederholt werden. Aus diesem Grund werden die Bearbeitungs- und Freigaberechner demnaechst um fuenf Sun-Workstations (insgesamt 16 GB Speicherplatz) erweitert und via Ethernet gekoppelt.

Die Unix-Variante der Dokumenten-Verwaltung wird ueber TCP/IP an das Decnet des Kraftwerks angebunden, von wo aus mehrere hundert Endbenutzer auf die Handbuecher zugreifen koennen. Der Wechsel von DOS auf Unix ermoeglicht auch den Einsatz des Interleaf-Tools DB- Link, mit dem eine SQL-Abfrage auf die in Gundremmingen eingesetzten Datenbanken Oracle, Gupta und DB2 eingerichtet wird.