Die Sinnhaftigkeit des Datenvermittlungsprojekts wird immer fragwürdiger:

Papa-Pilot ernüchtert: Flop ja - Geld nein

13.03.1981

MÜNCHEN - Man solle das Paketvermittlungs-Pilotprojekt "Papa" am besten still und leise beerdigen - dies empfiehlt eines der rund 25 an diesem Vorhaben beteiligten Rechenzentren. Im betreffenden RZ haben vor allem die Papa-kritischen Beiträge von Professor Thomas Adenauer (siehe CW-Ausgaben Nr. 43 und 45 aus 1980 sowie Nr. 3 vom 16. Januar 1981) ein latent vorhandenes Mißbehagen in offenen Unmut verwandelt. Mitauslösend wirkte aber auch die Erkenntnis, daß die beteiligten Rechenzentren nicht etwa Nutznießer der Fördermittel sind, die das BMFT für Papa ausschüttet und die VDRZ-Geschäftsführer Peter Lange-Hellwig den Papa-Piloten vor Zeiten in Aussicht gestellt hatte, sondern daß sie vielmehr ausgenutzt wurden, um einigen wenigen Firmen zu Auftragen zu verhelfen, die - auch derzeit noch - voll aus dem Fördertopf bezahlt werden.

Der Grimm, mit dem der betroffene RZ-Geschäftsführer dies äußert, bleibt nur deshalb knapp unter der Oberfläche, weil die Projektmitgliedschaft getreu den Grundsätzen eines ehrbaren Kaufmanns vertragsgemäß und nicht vorzeitig zu Ende gebracht werden soll. Aus diesem Grunde verbiete es sich, meint der RZ-Chef, schon jetzt mit offenem Visier aufzutreten.

Adenauer habe recht, meint er, wenn er behaupte, daß mit Papa auf Staatskosten "des Rad ein weiteres Mal erfunden" werde. Den Wettlauf um die Einsatzreife eines Systems rechneroffener Netze unter Benutzung der Paketvermittlungstechnik hatten die Hersteller längst für sich entschieden.

Rückblickend faßt der Papa-Frustrierte zusammen: Die Grundlage schuf ein, soweit feststellbar, vom Bundesinnenministerium initiierter Projektantrag zur Schaffung rechneroffener Netze unter Verwendung der Paketvermittlung. Dieser Projektantrag wurde entsprechend den allgemeinen Richtlinien für die Vergabe von öffentlichen Fördermitteln ausgeschrieben.

Ein Auftragnehmer hätte also 50 Prozent seines Aufwandes selbst tragen müssen. Doch offenbar fand sich zu diesen Bedingungen kein Interessent für eine solche Entwicklungsaufgabe. Irgendjemand - so der RZ-Chef - kam nun auf die grandiose Idee, als Auftragnehmer eine Projektgemeinschaft zu bilden, die ihrerseits Unterauftrage zur Entwicklung vergeben konnte und die vorschriftsmäßigen 50 Prozent Eigenleistung zu erbringen hatte.

Die Honorare aus Entwicklungsaufträgen - und das war das Entscheidende - konnten bei dieser Konstruktion aber jedenfalls voll eingestrichen werden. Für die benötigte Projektgemeinschaft ließ sich Lange-Hellwig gewinnen, der nach den Worten des Papa-verdrossenen RZ-Geschäftsführers "für seine vom Fortschritt bedrohten Rechenzentren etwas Publikumswirksames schaffen wollte".

Lange-Hellwig - so der Papa-Pilot weiter - überraschte 1978 seine Mitglieder mit der Nachricht, es sei ihm endlich gelungen, für die Rechenzentren auch einmal öffentliche Mittel in Bonn zu "ergattern". Davon aber habe keine Rede sein können: "Vergattert" worden seien die Rechenzentren zur Erbringung der 50-Prozent-Leistung für Gottes Lohn, wenngleich Lange-Hellwig dies hinter vorgehaltener Hand mit der Bemerkung abgeschwächt habe, die Leistung in Form eines Manpowerbeitrags müsse lediglich auf dem Papier geschehen.

Versprochen wurde den Rechenzentren jedoch eine einjährige kostenlose "Paketleitung" für die Ankoppelung eines Kunden an den RZ-Jumbo. Daß dieses Angebot der Post bis zum 30. Juni 1981 befristet war, wurde, wie der RZ-Chef vermutet, in der damaligen Euphorie glatt übersehen, sollte Papa bis zu diesem Zeitpunkt doch längst abgeschlossen sein.

Resümiert der Noch-Pilot: Fehleinschätzungen des notwendigen Aufwands haben nicht nur die Projektkosten erhöht - bisher wurden drei Millionen Mark ausgegeben und weitere Millionen stehen abrufbereit-, sondern auch dazu geführt, daß das Gratis-Angebot der Post nicht genutzt werden kann. Es erscheint ihm vor den Hintergrund der angespannten Haushaltslage um dem inzwischen erreichten Stand bei Post und Herstellern angebracht, die Förderungswürdigkeit und die "seltsam anmutende Konstruktion" der Projektgemeinschaft kritisch zu überprüfen.