1. Second Life
Zugegeben, auch wir waren dem Rausch zeitweilig verfallen. Die Zahlen waren aber auch zu beeindruckend: Binnen anderthalb Jahren hatte sich Second Life von einer kleinen Community zu einer Plattform für Millionen entwickelt. Doch mit der Masse kamen auch die Probleme.
Christiano Diaz, in Second Life als Christiano Midnight unterwegs, startete im Frühjahr das Project "Open Letter", in dem er den Ärger mit der virtuellen Plattform von Linden Lab adressierte. Das explosionsartige Wachstum führte zu technischen Problemen. Gestört fühlten sich vor allem Anwender, die Second Life professionell nutzen und die Plattform für Marketing-Aktionen oder Geschäfte hernehmen wollten.
Zu den Streitpunkten zählten die fehlende Stabilität, die Langsamkeit der Transaktionen, offene Rechtsfragen und die fehlende Datensicherheit, die als "verheerendes Problem" bezeichnet wurde: "Wir haben nicht die Möglichkeit, unsere eigenen Datenbestände durch Backups zu schützen", hieß es in dem Schreiben. Hier sei der Nutzer ganz auf den Betreiber angewiesen. "So kann es nicht weitergehen", schrieb Diaz an Linden Lab, "wir werden finanzielle Verluste als Feature von Second Life nicht hinnehmen. Als Service-Provider liegt es in Ihrer Verantwortung sicherzustellen, dass keine Daten verloren gehen. Sie lassen uns hier im Stich!"
Der amerikanische Science-Fiction-Autor Neal Stephenson stellte schließlich die Grundsatzfrage: Sind dreidimensionale Ansichten im Internet überhaupt sinnvoll? "Die meisten Inhalte des Internets basieren auf Dokumenten wie Texten, Fotos, Videos und Audio. Die sind extrem benutzerfreundlich, so wie sie sind", sagte Stephenson. Abschreiben solle man das Thema Dreidimensionalität nicht, aber eine 3D-Landschaft biete sich eigentlich nur für soziale Interaktion im Netz und die Darstellung von Waren an.
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Viele Menschen haben Second Life besucht, viele waren relativ enttäuscht von dem, was sie vorfanden. Eine virtuelle Welt, die die langweilige Seite der realen kopiert, lockt die von Games und Fiction verwöhnte Anwenderschaft eben nicht auf Dauer. Betreiber Linden Lab musste dann auch melden, dass allein im Juli knapp 6.000 kostenpflichtige Premium-Accounts geschlossen wurden. Das bedeutete einen Rückgang von rund sechs Prozent gegenüber Juni.