Probleme mit Handys, Satelliten, Lizenzen und Systemsoftware

Pannen verzögern den Iridium-Start

18.09.1998

Das Fünf-Milliarden-Dollar-Projekt Iridium kränkelt an allen Ecken und Kanten. So fielen einige der 66 Kommunikations- und sechs Ersatzsatelliten aus und mußten ersetzt werden. Zudem konnten die Betreiber in lediglich 110 von 191 Ländern Lizenzen erwerben. Viele Staaten, darunter Albanien und der Irak, verweigern entsprechende Vereinbarungen gänzlich, andere, wie etwa Indien, verschleppen die Zulassung.

Das ist für Iridium verhängnisvoll, denn die Konkurrenz drängt. Bislang konnte Iridium gegenüber den Investoren die Startinvestitionen von mehr als fünf Milliarden Dollar und die hohen Nutzungsgebühren für Kunden von sechs Dollar pro Minute immer mit dem Verweis auf den frühen Starttermin rechtfertigen.

Gobalstar und ICO gehen mit ihren Netzen erst im Frühjahr 1999 beziehungsweise im Jahr 2000 in Betrieb, begnügen sich jedoch mit Aufbaukosten von bis zu 2,8 Milliarden Dollar und Gebühren von maximal zwei Dollar pro Minute.

Die Lücken in der Versorgung führen zudem die Marketing-Strategie ad absurdum, denn Iridium verspricht reisenden Geschäftsleuten weltweite Verfügbarkeit. Fehlende Sende- und Empfangslizenzen reduzieren die potentielle Kundschaft, die aufgrund der fast weltweiten Verfügbarkeit GSM-gestützter Handy-Netze ohnehin nicht üppig gesät ist.

Für die Nutzung des Iridium-Netzes sind zudem spezielle Handys erforderlich, die bisher nur von Motorola und Kyocera gefertigt werden.

Zum geplanten Start des Satellitendienstes konnte vor allem Kyocera seine Entwicklungsarbeiten nicht abschließen: Noch haben die Handys mit Softwarefehlern zu kämpfen.

Das könnte am komplizierten Verfahren liegen, das dem Iridium-Geschäft zugrunde liegt. Weil die Geldgeber den Versprechungen mißtrauten, eine ausreichende Kundenzahl mit einem reinen Satellitennetz gewinnen zu können, änderte Iridium Anfang 1997 die Strategie und kooperiert seitdem mit Anbietern von Handy-Netzen wie etwa den deutschen D1-, D2- und E-Plus-Betreibern. Dort, wo entsprechende terrestrische Netze verfügbar sind, führen Besitzer eines Iridium-Telefons ihre Gespräche über diese Infrastruktur. Verlassen sie den Versorgungsbereich der landgestützten GSM-Netze, loggt sich das Iridium-Handy ins Satellitensystem ein. Die Folge ist ein kompliziertes Abrechnungs- und Übergabesystem für die Telefonate.

Probleme bereitet den Betreibern auch die Systemsoftware der Satelliten. Weil die Erdtrabanten mit einer Geschwindigkeit von 29000 Kilometer pro Stunde um den Globus rasen, befindet sich der Telefonierer am Boden nur knapp eine Minute im Versorgungsbereich eines Satelliten. Die Gespräche müssen ständig von Satellit zu Satellit weitergereicht werden. Dieses sogenannte Handover scheint noch nicht richtig zu funktionieren, denn bislang können nur 87 Prozent der Gespräche vernünftig beendet werden.

So werden auch die 2000 exklusiven Kunden, die ab dem 23. September in den Genuß der Iridium-Telefonie gelangen, lediglich Testgespräche via Satellit führen können. Als Gegenleistung erläßt ihnen der Betreiber bis zum 1. November, dem nun anberaumten Start des Netzes, sämtliche Gebühren. Schließlich gab es auch für Iridium in den letzten Tagen noch eine gute Nachricht. Mitbewerber Globalstar verlor einige Satelliten, als die russische Trägerrakete Zenit-2 explodierte.