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Aktie im Sinkflug

Pandora-Börsengang wird vom Triumph zum Debakel

17.06.2011
War der Börsengang des Internetradios Pandora eine Blase, die nach nur zwei Tagen geplatzt ist?

Oder verlieren Anleger gerade aus Angst vor einer solchen Börsenblase die Nerven und drücken den Kurs mit ihrer Flucht aus der Aktie immer tiefer? Gerade eben noch war das Papier heiß begehrt - am Donnerstag löste sich fast ein Viertel seines Werts in Luft auf. Die Aktie ist jetzt ganze 17 Prozent billiger als zum Börsenstart mit 16 Dollar.

Und sie könnte noch viel tiefer sinken, wenn die Anleger sich vom Börsenanalysten Rich Greenfield leiten lassen. Der Experte der Finanzfirma BTIG riet nicht nur zum Verkauf der Anteile, sondern räumte der Aktie eine Kursprognose von lediglich 5,50 Dollar ein. Ein solches Szenario wäre eine brutale Geldvernichtung für alle Anleger, die am ersten Handelstag bis zu 26 Dollar in ein Pandora-Papier investiert haben.

Das Faszinierende daran: Alle Argumente, mit denen der Analyst Greenfield seine Einschätzung belegt, sind schon seit Monaten bekannt - waren aber in den euphorischen Fanfarenklängen untergegangen. So verweist er auf die hohen Lizenzgebühren, die Pandora an die Plattenfirmen entrichten muss, wenn Nutzer sich online Musik anhören. Dabei ging schon aus Pandoras Börsenprospekt hervor, dass die Lizenzzahlungen rund die Hälfte der Umsätze verschlingen. Und das Problem war spätestens offensichtlich, seit die Abgaben Pandora 2007 beinahe erdrückt hätten.

Auch die Konkurrenz durch Netz-Musikdienste etwa von Google und Amazon oder die Unsicherheit des Werbegeschäfts sind keine Neuigkeit. Die Anleger, die sich unbedingt ein Stück Zukunftsvision sichern wollten, schienen die Risiken jedoch völlig ausgeblendet zu haben. Zwei Mal schraubte Pandora angesichts der ausufernden Nachfrage den Aktienpreis hoch, mit 16 Dollar war er schließlich doppelt so hoch wie anfangs angepeilt. Firma und Altaktionäre profitierten davon mit Einnahmen von knapp 235 Millionen Dollar, die ihnen kein Kurssturz mehr nehmen kann.

Mit dem Geld wollen sie den Streaming-Dienst international wachsen lassen - denn bisher hat Pandora Musiklizenzen nur für die USA. Die Idee hinter dem Internetradio ist eigentlich brilliant: Der Dienst stellt sich auf den Musikgeschmack des Hörers ein. Doch ist immer noch unklar, ob sich mit Werbung soviel Geld verdienen lässt, dass nach dem Anteil der Musikkonzerne noch etwas in der Kasse bleibt.

Der Einsturz des Pandora-Börsenmärchens platzt mitten in die neue Euphorie um Internet-Aktien, die Kritiker schon an die große Börsenblase zur Jahrhundertwende erinnerte. In den vergangenen Wochen stürmten mehrere Unternehmen mit bescheidenen Zahlen und ambitionierten Zukunftsplänen zu Milliarden-Bewertungen an die Börse. Jetzt setzt Ernüchterung ein. Beispiel LinkedIn: Nach dem Börsengang Mitte Mai schoss die Aktie des Online-Netzwerks für berufliche Kontakte zunächst von 45 auf mehr als 120 Dollar hoch. Jetzt hängt sie bei weniger als 70 Dollar fest. Das beschert diesem Konkurrenten der deutschen Plattform Xing allerdings immer noch einen Börsenwert von fast 6,5 Milliarden Dollar.

Pandora war in der Spitze vier Milliarden Dollar wert. Ein stolzes Preisschild für eine Firma, die noch nie auch nur annähernd schwarze Zahlen geschrieben hat. Dafür könnte man sich statt eines Internetradios mit unsicherem Geschäftsmodell schon locker einen großen Musikkonzern mit Künstlern und CD-Katalog kaufen - in der heutigen Branchenkrise allerdings mit dem Risiko, noch mehr Geld zu verlieren. (dpa/tc)