Anwender klagen über schadhafte Geräte und undurchsichtige Serviceprozesse

Palm schlampt beim Support und der Qualität

06.12.2002
MÜNCHEN (ba) - Der Mythos Palm bekommt Risse. Anwender kritisieren zunehmend den mangelhaften Service des Handheld-Herstellers. Austauschgeräte weisen oft schwerwiegendere Mängel auf als die reklamierten Produkte. Wie Palm mit dieser Supportqualität im Unternehmensgeschäft erfolgreich sein will, ist fraglich.

"Die Qualität der Produkte ist absolut inakzeptabel", schimpft ein Palm-Nutzer, der nicht genannt werden möchte. Nach dem Kauf eines "m500"-Modells im November letzten Jahres arbeite er mittlerweile mit dem siebten Austauschgerät. Begonnen hat die Pannenserie im Mai dieses Jahres mit einem defekten Digitizer. Das Gerät reagierte nicht mehr auf Stifteingaben und ließ sich somit kaum bedienen, berichtet der enttäuschte Handheld-Besitzer. Die von Palm zur Verfügung gestellten Austauschgeräte seien in einem kläglichen Zustand gewesen: "Verdreckt, mit halb abgelösten Serienaufklebern und Anstoßstellen - erst Gerät Nummer vier sah halbwegs so aus wie das von mir eingesandte."

Für Andreas Voigt, Geschäftsführer von Vivomobile, einem Reparaturservice für Palm-Geräte, sind die Digitizer-Probleme des m500 nichts Neues. Hier können Ausfälle auftreten, wenn durch verschiedene Umstände eine vorzeitige Materialalterung stattfindet, erklärt der Experte. Nur wesentlich teurere Glas-Digitizer, die allerdings in der Regel Farbgeräten vorbehalten sind, bleiben davon verschont. Grundsätzlich jedoch könne man Palm keine Vorwürfe wegen der Produktqualität machen, relativiert Voigt die Kritik. Der Hersteller kaufe wie alle anderen Produzenten Baugruppen wie zum Beispiel Displays bei Zulieferern ein und hat daher nur indirekt Einfluss auf die Produktion einzelner Elemente.

Von Qualitätsproblemen will Markus Bregler, Direktor für Zentraleuropa bei Palm, nichts wissen. Ihm seien keine Probleme mit der m500-Serie bekannt. Palm tue sein Bestes, um die Qualität der Produkte sicherzustellen. Im Servicebereich räumt er ein paar Schwierigkeiten ein. So habe es wohl vereinzelt Fehler bei der Versendung von Geräten gegeben. Sollte aber ein Kunde ein zurückgeschicktes Gerät ein zweites Mal reklamieren, schalte sich sofort das Management ein und sorge für den reibungslosen Ablauf des Supports. Die Fehler seien erkannt und korrigiert, resümiert Bregler.

Service braucht sieben Anläufe

Das sieht der anfangs genannte Palm-Anwender offenbar anders. Nach einem selbst verschuldeten Unfall habe er bei Palm wegen einer Reparatur beziehungsweise eines Austauschgeräts nachgefragt. Palm habe ihm daraufhin ein Tauschgerät für 180 Euro oder alternativ ein Neugerät für 250 Euro angeboten. Den defekten Handheld hätte er einschicken müssen. Nach seinem Hinweis, im Handel bereits für 270 Euro ein Neugerät zu bekommen, habe sich Palm bereit erklärt, den kaputten m500 gegen ein Neugerät auszutauschen. "Ich war positiv überrascht und nahm dankend an." Die Freude hielt jedoch nicht lange. Bei Nummer fünf funktionierte der Vibrationsalarm nicht, und Nummer sechs, mittlerweile ein m515 mit Farb-Display, wies Pixelfehler auf. Erst Nummer sieben funktionierte ohne Fehler.

Insider werfen Palm vor, die Qualitätssicherung seiner Geräte zu vernachlässigen. Es gebe offenbar kein Feedback vom Service in die Produktion. So würden sich einzelne Fehler über ganze Produktserien fortsetzen. Beispiel dafür sei der Ausfall der Hot-Sync-Funktion über USB bei der 500er Reihe. Hier wäre der Reset-Pin des USB-Controllers im Palm nicht angeschlossen. Da dieser Controller wie jede andere CPU auch einmal abstürzen könne, müsste der Hauptprozessor die Möglichkeit haben, den Controller zurückzusetzen. Dies funktioniere aber wegen des fehlenden Anschlusses nicht. Das Problem sei bereits seit den Modellen m500 und m505 bekannt gewesen. Es hätte beim Folgemodell m515 nur einer einzigen Leitung bedurft, um das Problem zu beheben.

Breglers Darstellung, der Support sei an externe Dienstleister ausgelagert, stützt diesen Verdacht. Auf die Frage, wie viele Kräfte im Support arbeiten, weiß der Palm-Manager keine Antwort. Ein weiteres Grundübel sei laut Kennern des Herstellers, dass Palm keine Stellung zu Produktmängeln beziehe. Bis die USB-Mängel endlich von Palm zugegeben wurden, hätten sich bereits Tausende von Nutzern über dieses Problem geärgert.

Ob Palm mit dieser Servicequalität Unternehmenskunden überzeugen kann, ist fraglich. Roberta Cozza, Analystin für den Handheld-Bereich bei Gartner, sieht Unternehmen wie Hewlett-Packard oder Toshiba, die ihren Kunden umfangreicheren Support anbieten können, hier im Vorteil. Außerdem funktioniere die Pocket-PC-Plattform reibungsloser mit den Windows-Umgebungen in den Unternehmen. Palm arbeite laut Bregler momentan an einem eigenen Supportkonzept für Unternehmenskunden. Es sei aber noch nicht fertig.

Auf Palm kommen schwierige Zeiten zu

Für Palm werde es schwierig, prognostiziert die Gartner-Analystin. Der Handheld-Pionier versuche zwar mit der 500er Reihe, dem kürzlich vorgestellten "Tungsten T" und dem neuen "Palm OS 5" den Weg in Richtung Unternehmensgeschäft einzuschlagen. Das werde aber noch dauern, glaubt Cozza. Zum Beispiel müsse man bei der Umstellung auf Palm OS 5 mit einer Migrationsphase von etwa einem Jahr rechnen.

Viel wird davon abhängen, wie Palm die Kinderkrankheiten der neuen Modelle in den Griff bekommt. So häufen sich bereits in User-Foren Beschwerden über den Tungsten T. Bei mehr als 345 Dateien auf dem neuen Palm-Flaggschiff komme das Gerät ins Straucheln, so die Kritik. Über die Hintergründe dieses Problems ist noch nichts bekannt. "Ich habe wenig Lust, mich als Betatester missbrauchen zu lassen", schimpft deswegen ein Anwender. Sollte die Palm-Hotline angesichts des Problems versagen, werde er den Tungsten T zurückgeben, droht der enttäuschte Palm-User.

Erfahrungen mit dem Palm-Service

Mai 2002: Beim Versuch, den USB-Stecker der Palm-Dockingstation mit dem Rechner zu verbinden, vernimmt der CW-Redakteur ein kurzes Knacken aus dem PC, und nichts geht mehr. Der Computer fährt nicht mehr hoch. Nach einigen Telefongesprächen mit Palm erklärt sich der Hersteller bereit, den Rechner abzuholen und zur genaueren Fehlersuche in die USA zu schicken. Das Phänomen sei laut Aussagen der Palm-Verantwortlichen bislang nicht bekannt.

Juli 2002: Auf die Nachfrage, was denn nun mit dem PC passiert sei, heißt es von Seiten Palms, man könne nichts machen, weil keine Grafikkarte in dem Rechner zu finden sei. Nach Beteuerungen, dies könne nicht sein, schläft die Sache erst einmal wieder ein.

September 2002: Weiteres Drängen bei Palm ergibt, dass es noch etwa eine Woche dauere, da abschließende Untersuchungen nötig seien. Es dauert weitere vier Wochen, bis der Rechner wieder auftaucht.

Oktober 2002: Der PC ist wieder beim Redakteur. Die Grafikkarte, die sich offenbar doch gefunden hat, liegt mit abgebrochenem Kühlkörper separat im Gehäuse. Analyse oder Fehler-Report liegen nicht bei und wurden bislang auch nicht nachgeliefert. Aus dem Palm-Umfeld erfährt der Redakteur, er könne froh sein, den Rechner überhaupt wiederbekommen zu haben.

Erwähnt wird auch nicht, dass seit Anfang August 2001 eine Sammelklage von US-amerikanischen Anwendern bei einem Gericht in San Francisco anhängig ist. Sie werfen Palm vor, dass Handhelds der Serien III, IIIc, V und Vx beziehungsweise deren Docking-Stationen Hauptplatinen von PCs durch elektrische Entladungen beschädigt haben. Die Kläger vermuten, dass eine Fehlkonstruktion der Palm-Geräte diese Elektroschocks begünstige. Sie fordern Schadensersatz für die defekten Rechner. Die Entscheidung in diesem Verfahren sollte ursprünglich Mitte November fallen. Allerdings scheinen die Verhandlungen komplizierter zu sein als ursprünglich gedacht. Der Richterspruch soll im März 2003 folgen.