Vom parametrischen zum konzeptionellen Design

Pafec kündigt 3D-Modellierer der zweiten Generation an

02.03.1990

MÜNCHEN (1b) - Die Pafec Ltd., Nottingham, will ihre Präsenz am europäischen Markt für 3D-CAD/CAM-Software stärken. Unter dem Motto "Ein Schritt vom parametrischen zum konzeptionellen Design" präsentierte die britische Softwareschmiede den 3D-Modellierer "Imaginer".

Die 3D-Software ist als datenbankorientiertes Paket zur Konstruktion von Freiformflächen, zwei- und dreidimensionalen Volumen- und Drahtmodellen konzipiert. Der wesentliche Unterschied- zu Programmen wie "Euclid" von Matra Datavision oder "Catia" von Dassault Systeme besteht nach Ansicht von Richard Henshell, geschäftsführender Gesellschafter der Pafec Ltd., darin, daß es sich bei Imaginer um kein in sich geschlossenes System handelt.

Die offene und einheitliche Datenstruktur ermögliche es dem Benutzer, Modifikationen und Erweiterungen auf Systemebene durchzuführen. Die Benutzeroberfläche könne dabei individuell den Bedürfnissen des Anwenders angepaßt werden. Zur Erstellung der unternehmensspezifischen Menüs stehen dem Kunden Ingenieure der Pafec Ltd. und Entwickler des deutschen Partners, der Tedata CAD/CAM GmbH aus Bochum, mit Rat und Tat zur Seite, versichert Tedata-GmbH-Geschäftsführer Willi Gründer.

Erstellung neuer Design-Module erlaubt

Mit Imaginer können logische Abläufe mit integrierten, beliebig komplexen Konstruktionsregeln durch parametrisierte Befehlsmakros gebildet werden. Der Funktionsumfang des Systems ist jedoch nicht beschränkt auf die parametergesteuerte Modellierung und die Unterstützung der anwendungsbezogenen System- und Softwarekonfigurationen auf der Oberfläche. Es erlaubt vielmehr auch die Erstellung neuer und individueller Design-Module durch den Anwender.

Für Pafec ist dies der Schlüssel zur integrierten technischen Datenverarbeitung. Nur so seien eindeutige und vollständige Geometriebeschreibungen von Baumgruppen, Teilen und Produkten realisierbar. Henshell warnt jedoch vor überzogenen Erwartungen: "Neben farbschattierten Darstellungen müssen 3D-Programme vor allein wirtschaftliche Vorteile bieten. Systeme für die Konstruktion von dreidimensionalen Gebilden haben erst dann einen meßbaren Nutzen, wenn sie mit anderen CAx-Paketen verknüpft werden können, so daß in einem Zyklus auch NC-Programmierungen oder Finite-Elemente-Berechnungen vorgenommen werden können."

In diese Philosophie sei Imaginer eingebettet. Dem Benutzer stehen zusätzliche Module wie "Dogs 2D" zur Zeichnungs- und Listenerstellung und "Dogs GNC" für die Programmierung von Numerical-Control-Systemen zur Verfügung. Informationsmodule für das Finite-Elemente-Paket "Pafec-FEA" und die Arbeitsplanungs-Software "Locam" von Logam Associates, die 1987 von Pafec Ltd. übernommen wurde, seien derzeit in Entwicklung.

Geschrieben ist Imaginer auf der Basis von "C" in der Programmiersprache ADA, die das US-Department of Defense für Echtzeitaufgaben definiert hat. Pafec verwendete dazu sein eigenes CASE-Software-Entwicklungswerkzeug "Horses", das ein integraler Bestandteil des 3D-Paketes ist. Bisher stellte Fortran die Basis für die Pafec-Programme dar. Zur Übertragung von Zeichnungen und Makros, die mit Programmen wie "2D-Dogs" gezeichnet wurden, stellt das Unternehmen entsprechende Kompiler zur Verfügung.

Imaginer unterstützt rund zwanzig verschiedene Betriebssysteme, darunter auch Unix und AIX. Auf OS/2 angesprochen meint Henshell: "Für uns kommt OS/2 erst dann in Betracht, wenn es die Anwender akzeptiert haben und es am Markt als Standard etabliert ist. Momentan ist dies allerdings kein Thema. Außerdem sind unsere Programme viel zu groß für OS/2".

An Hardwareplattformen reicht das Angebot von DEC- und Sun-Workstations über Rechner von Silicon Graphics und Apollo/Hewlett-Packard. Daneben hat Pafec den 3D-Modellierer auch auf den IBMRISC-Rechner 6150 portiert. Geplant ist, das Paket demnächst auch für 32-Bit-Computer bereitzustellen.

Zur Zielgruppe, die das Softwarehaus mit seinem konzeptionellen Design-Programm ansprechen will, meint Henshell: "Wir wollen flächendeckend tätig sein und uns nicht auf spezielle Anwendungsgebiete konzentrieren. Für die Einführung jedoch beschränken wir uns auf den Fertigungsbereich, insbesondere auf den Maschinen-, Formen-, Werkzeug-, Stahl- und Anlagenbau. Später sollen aber auch Ingenieure des Bau- und Architekturwesens angesprochen werden."

Die Rotring Eurocad GmbH, die bisher Pafecs Exklusivpartner im deutschsprachigen Raum war, muß sich künftig das Geschäft mit einem Konkurrenten teilen. Die Pafec Ltd. hat für die europaweite Betreuung und den Vertrieb ihrer Produkte auch die Bochumer Tedata CAD/CAM GmbH verpflichtet. Tedata, beziehungsweise Aristo, agierte in der Vergangenheit nur als Untervertreter für das britische Softwarehaus.

Wie Frank Drews, Leiter des Vertriebssupports der deutschen Tochter von Tedata, zur Kooperation bemerkt, hat sich Pafec durch das Abkommen ein zweites Standbein am europäischen Markt gesichert. Die Zusammenarbeit mit Rotring Eurocad und Pafec sei dadurch aber keinesfalls gefährdet oder beendet, sondern werde auch weiterhin aufrecht erhalten. Im Zuge dieser Ankündigung gab er auch bekannt, daß zur Zeit Pläne geschmiedet werden, Aristo-Grafiksysteme und Hardware zusammen mit Software von Pafec in die Deutsche Demokratische Republik zu exportieren.

Die Freigabe der 3D-CAD-CAM-Software Imaginer soll diesen Sommer erfolgen. Für die erste Lizenz betragen die Kosten etwa 30 000 Mark.