Outsourcing: Mut zum Kuhhandel

24.05.2006
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Joachim Hackmann ist Principal Consultant bei PAC – a teknowlogy Group company in München. Vorher war er viele Jahre lang als leitender Redakteur und Chefreporter bei der COMPUTERWOCHE tätig.

Leistungsfähigkeit einschätzen

E-Plus-Manager Depper ist dennoch überzeugt, den richtigen Weg beschritten zu haben. In einigen Details hakt es zwar - beispielsweise hat sich der Mobilfunknetzbetreiber mit seinem Outsourcing-Partner auf ein Kostensenkungsprogramm geeinigt, das so streng ausgefallen ist, dass es dem Anbieter kaum noch Raum für Innovationen lässt - , doch ohne einen Outsourcer hätte E-Plus wichtige Veränderungen in der IT nicht stemmen können. "Eine Betrachtung der Leistungsfähigkeit unserer internen IT ergab: Wir haben zwar viele kleine Vorhaben gut umgesetzt, aber keine großen IT-Projeke betrieben. Ein beschleunigter Veränderungsprozess war daher nur mit einem externen Lieferanten möglich", so Depper.

Trotz ihres relativ geringen Alters kann die interne IT-Abteilung von E-Plus nämlich auf eine wechselvolle Geschichte zurückblicken. Nach der Unternehmensgründung von E-Plus im Jahr 1994 lautete der Auftrag zunächst ganz einfach, Telefonrechnungen zu verschicken. Das rasante Kundenwachstum und der New-Economy-Hype bescherten der internen IT dann vor allem die Aufgabe, mit der schnellen Erweiterung des Angebotsportfolios von E-Plus Schritt zu halten. Mit dem Trend zum Prepaid-Handy machten vor allem Hardwarehersteller gute Geschäfte mit E-Plus. Unterm Strich wuchs die IT so schnell und ungeordnet, dass die IT-Architektur kaum noch zu überschauen war: Die IT-Landschaft wurde zu starr und konnte die neue Multimarken-Strategie des Mobilfunkkonzerns mit den vier Angeboten E-Plus, Base, Simyo und Ay Yildiz nicht weiterhin zuverlässig unterstützen.

Den Schlüssel zum erfolgreichen Outsourcing vermutet Depper in der klaren Zieldefinition. Die lautet bei E-Plus: Innovationszyklen verkürzen und Qualität verbessern. Erst an dritter Stelle folgt der Wunsch nach geringeren Kosten. "Um dies zu erreichen, mussten wir vor allem die Komplexität der IT reduzieren", schildert Depper das mit den Fachabteilungen abgestimmte Vorhaben.

Wenngleich externe Hilfe beim Umbau der IT erforderlich ist, geben die Anwender die Kontrolle über dieses Projekt ungern aus der Hand. Nur wer selbst die Fäden in der Hand hält, kann das Vorhaben in die gewünschten Bahnen lenken. "Outsourcing hilft, die Prozesse zu definieren und die Prozessstrukturen zu klären. Oft sind Unternehmen aus politischen Gründen gar nicht in der Lage, ihre IT selbst zu bereinigen", beschrieb Hubert Österle, Direktor des Instituts für Wirtschaftsinformatik an der Hochschule St. Gallen, das Dilemma vieler Firmen. Solchen IT-Abteilungen fehlen die Macht, das Geld, das Wissen und die Flexibilität, um Änderungen selbst herbeizuführen, und damit starten sie unter denkbar schlechten Voraussetzungen in ein Auslagerungsprojekt.