Anbieter enttäuschen die Erwartungen

Outsourcing: Kunden zeigen die Gelbe Karte

12.06.1998

"Es bestehen substantielle Lük- ken zwischen dem, was Unternehmen von ihrem Outsourcing-Partner erwarten, und dem, was sie derzeit bekommen." Diese Bilanz ziehen die hierzulande in Heidelberg beheimateten Analysten aus den Aussagen internationaler Unternehmen aus Finanzwirtschaft, produzierender Industrie und dem Öffentlichen Sektor.

Genau 59,3 Prozent der befragten IT-Manager sind bezüglich der in Aussicht gestellten Kostenreduktion enttäuscht worden. Darüber hinaus war das angeblich bessere Know-how des Dienstleisters - häufigster Grund, weshalb Unternehmen auslagern - für 58,9 Prozent der CIOs nicht zu erkennen. Rund 51 Prozent konnten die erwartete Verbesserung der IT-Qualität nicht realisieren. Bei 42,5 Prozent ging der erhoffte Übergang in eine neue Technologie-Ära schief, und 40,6 Prozent können nicht bestätigen, daß ihr Anliegen, die "Rückbesinnung auf das Kerngeschäft", erreicht wurde.

Am häufigsten werden laut Studie die Anwendungsentwicklung und -wartung ausgelagert, mit einigem Abstand folgen das Management von Netzen und Firewalls sowie Verwaltungsaufgaben für Helpdesk-, Desktop- und RZ-Umgebungen.

Wenig überraschend fanden die Marktforscher zudem heraus, daß das Outsourcing-Interesse mit der technologischen Komplexität der zu bewältigenden Aufgaben steigt.

Unternehmen mit komplizierten IT-Anforderungen stoßen schneller an ihre Grenzen und sind häufiger zum Outsourcing gezwungen. Die Auslagerung macht den betroffenen Firmen jedoch keineswegs das Leben leichter. Anstelle der technischen Probleme hat der CIO nun dafür zu sorgen, daß die Komplexität von einem bisher unbeteiligten Externen bewältigt wird. Laut Deloitte entsteht in der Regel eine zweite Technologie-Organisation, für die der IT-Manager ebenso verantwortlich ist wie für die eigene. Oft müssen mit dem eigenem Personal Lücken beim Dienstleister geschlossen werden.

Ein weiteres Ergebnis der Studie betrifft die Fluktuation der Mitarbeiter. Hat sich ein Unternehmen zum Outsourcing entschlossen, muß es in jedem Fall damit rechnen, daß die im Haus verbleibenden Mitarbeiter weniger loyal sind und sich nach einem anderen Arbeitsplatz umschauen. Sie halten ihre Zukunft im Unternehmen für unsicher und leiden unter der Komplexität, die durch das Zusammenwirken mit einem Dienstleister zunimmt.

SAP-Aufwand durchschnittlich

Ein überraschendes Ergebnis der Deloitte-Studie betrifft Vorurteile, die den Schulungs- und Rekrutierungsaufwand für Mitarbeiter in Standardsoftware-Projekten angeht. Galt es bisher als ausgemacht, daß SAP-Projekte einen überdurchschnittlichen Trainingsaufwand und eine höhere Fluktuation im Mitarbeiterstamm mit sich bringen, so belegt die Studie, daß in diesem Punkt kaum Unterschiede zu anderen ERP-Projekten (ERP = Enterprise Resource Planning) existieren. Die Einführung von Baan-, Peoplesoft oder SAP-Software ist bezüglich des Personalaufwands vergleichbar; lediglich Oracle-Anwender kommen mit weniger Geld aus.