Gute Verträge, Prozesse und definierte Services vereinfachen die Partnerschaft

Outsourcer an die kurze Leine nehmen

21.05.2004
KÖLN (jha) - Je weniger Unklarheiten ein Auslagerungsvorhaben lässt, desto besser ist es zu realisieren. Ein ausgefeilter Vertrag, definierte Serviceklassen, feste Kommunikationswege und ein eindeutiges Eskalations-Management helfen, Auslagerungsprojekte zum Erfolg zu führen.

Mit der Auslagerung der IT gehen Anwenderunternehmen und externe Betreiber eine langfristige Partnerschaft ein, betonen vor allem die Anbieter. "Die Dienstleister sprechen immer gerne von Vertrauen", warnte Carsten Glohr. "Lassen Sie sich nicht dazu verleiten, Unklarheiten auf Vertrauensbasis zu regeln", riet der Manager des Beratungshauses Helbling Management Consulting, München, dem Publikum der von IIR Deutschland veranstalteten Konferenz "IT outsourcen - Kontrolle behalten?".

Zweistufiger Outsourcing-Vertrag

Basis jeder Geschäftsbeziehung ist der Vertrag, der - das hat die Erfahrung mittlerweile gelehrt - in zwei Abschnitte gegliedert sein sollte. Vorschläge zur Gestaltung des Kontraktes vom Dienstleister sind willkommen, sollten aber nicht ohne weiteres akzeptiert werden, denn: "Sie enthalten zumeist einseitige Formulierungen, die den Provider begünstigen. Die Kunden geraten zudem in eine schlechte Verhandlungsposition, weil sie jede Änderung zu ihren Gunsten rechtfertigen müssen", schildert Glohr. Der Rahmenvertrag regelt grundsätzliches zur Vergütung und Laufzeit. Außerdem legt er die Bedingungen fest, zu denen Mitarbeiter zum Outsourcer wechseln. Ein Schlüsselelement ist zudem die Regelung des Vertragsendes. Ausbaufähig und flexibel sollte vor allem der zweite Teil des Vertragswerks gestaltet sein, denn hier werden die Serviceleistungen definiert, Sicherheitsregeln vereinbart, Projekt- und Beratungsdienste für Erweiterungen und Änderungen angesprochen und vor allem Services-Level-Agreements (SLAs) hinterlegt.

Zusatzleistungen kosten viel

Relativ gut lassen sich Service-Level-Klassen für den in der IT-Branche bereits weitgehend standardisierten User Helpdesk definieren. Sie benennen Kernservicezeiten, Bereitschaftszeiten, Erreichbarkeit, Selbstlösungsraten und Fehlerraten. Je nach Verfügbarkeit (rund um die Uhr oder zu den Hauptgeschäftszeiten) und Reaktionszeiten (sofort oder innerhalb von Tagen) lassen sich die Klassen definieren. Je weniger normiert die Dienste sind, desto aufwändiger wird es, Servicepakete zu schnüren.

Dennoch lohnt sich der Aufwand, für den PC-, Server-, und Großrechnerbetrieb sowie für die lokalen und Weiterverkehrsnetze Services-Levels und Leistungsbeschreibungen zu erstellen, denn je kompletter die Liste ist, desto weniger Zusatzkosten drohen. "Überschätzen Sie nicht die Lieferfähigkeit des Outsourcers, die meisten können weniger als erwartet", warnte Michael Henze, CIO bei der Tenovis GmbH & Co KG, Frankfurt am Main. "Unterschätzen sie auch nicht seine Möglichkeit, mit jedem Zusatzdienst Geld verdienen zu können." Werden die Vorarbeiten bis zum angepeilten Betriebsübergang nicht fertig gestellt, lassen sich Sonderregelungen treffen: "Teil einer SLA-Vereinbarung sollte die fortschreitende Normierung der Leistungsinhalte sein, weil diese zum Start niemals für sämtliche IT-Dienste vorhanden ist", riet Kai Schwarzer, Interims-Manager in der IT, Schwitten.

Benchmarking ist umstritten

Ein besonders heikles Thema ist die Preisfindung. Üblicherweise werden Benchmarks herangezogen, deren regelmäßige Wiederholung auch im laufenden Betrieb sicherstellen soll, dass marktübliche Preise in Rechnung gestellt werden. Doch die Werkzeuge sind umstritten: "Ich habe viele Benchmarks betrieben und bin sehr ernüchtert", sagte Detlev Hochfeldt, Bereichsleiter Informatik bei der Phoenix Contact GmbH & Co. KG in Blomberg. "Obwohl ich seit Jahren IT-Leiter bin, kann ich bis heute nicht auf den Cent genau sagen, wie viel IT kostet. Die Frage lautet immer wieder: Wie berechnen Benchmarker die versteckten Kosten?" Als Argumentations- und Orientierungshilfe akzeptiert der IT-Manager die oftmals aufwändigen Benchmarks. Sinnvoll seien sie jedoch nur, wenn sie richtig eingeordnet werden.

Open-Book-Strategie für Individualsoftware

Schwarzer ergänzt: "Die Outsourcer liefern oft einen Kosten-Benchmark, der die ohnehin höheren Kosten interner IT-Abteilungen zugrunde legt. Für Outsourcing-Kunden sind jedoch nur Preis-Leistungs-Benchmarks aussagekräftig." Vollends unmöglich wird eine marktgerechte Preisfindung im Bereich der Individualsoftware. Hier bietet sich eine Open-Book-Strategie an, in der der Betreiber Kosten und Kennzahlen offen legt, in der die Kunden bei der Bezahlung aber auch eine Gewinnmarge des Partners akzeptieren müssen.

Um Reibungsverluste und Streitfälle zu vermeiden oder Unklarheiten möglichst rasch zu beseitigen, sind viele Outsourcing-Partner dazu übergegangen, regelmäßige und verbindliche Gesprächstermine zwischen den beteiligten Personen zu vereinbaren. Dazu gehören etwa wöchentliche Treffen zwischen den Betriebsmitarbeitern, monatliche Besprechungen auf Manager-Ebene und ein jährliches Gespräch der Geschäftsführer.

Bei der Bemessung von Vertragsstrafen (Pönalen) rät Helbling-Berater Glohr, sich an den Margen der Provider zu orientieren. Diese belaufen sich im Rechenzentrums-Betrieb auf fünf bis zehn Prozent und für Netzdienste auf rund zehn Prozent. Im Bereich Applikations-Management können die Dienstleister hingegen auf Gewinnspannen von maximal 20 Prozent hoffen. Bei gehäuften Ausfällen sollten die Strafzahlungen deutlich ansteigen, denn: "Pönale dienen als Eskalationsmechanismus, um den Druck auf den Provider zu erhöhen", schildert Glohr. Beim Helblinger-Kunden Vorwerk wurde etwa eine Regelung getroffen, die dem Kunden ein Sonderkündigungsrecht einräumt, wenn der Provider drei Monate in Folge die SLAs der beiden höchsten Qualitätsstufen verletzt. Doch derartige Druckmittel sollten nur vorsichtig angewandt werden, denn ein Provider-Wechsel ist meistens die schlechteste Alternative. Er kostet Geld, Zeit Nerven und Qualität. Zudem löst die Trennung nicht sämtliche Probleme, denn zu einer zerrütteten Beziehung gehören immer zwei Partner.

Hier lesen Sie ...

- was in einen Outsourcing-Vertrag gehört;

- was Services-Level-Agreements beinhalten sollten;

- wie Anwender das Eskalations-Management betreiben;

- wie sich der turnusmäßige Austausch mit dem Dienstleister gewährleisten lässt;

- wie Vertragsstrafen zu bemessen sind.

Die Margen der Provider

RZ-Betrieb:

zirka fünf bis zehn Prozent;

Netzdienste:

zirka zehn Prozent;

Applikations-Management:

zirka 20 Prozent.

(Schätzung von Carsten Glohr, Helbling Consulting)

Abb: Gründe für das Outsourcing

Die wesentlichen Gründe für den Einsatz externer Dienstleister sind Kosteneinsparungen und Konzentration auf das Kerngeschäft. Innovationen und Anwenderzufriedenheit genießen keine hohe Priorität. Quelle: Techconsult GmbH