Unternehmen wollen Mitarbeitern geräuschlos kündigen

Outplacement: Jobhilfe für Entlassene

04.10.2002
MÜNCHEN (hk) - Während viele Headhunter ihre Büros schließen müssen, haben Outplacement-Berater zurzeit alle Hände voll zu tun. Die lautlose Trennung von Mitarbeitern liegt im Trend, aber ebenso die Feilscherei um die Kosten einer Jobvermittlungs-Hilfe danach.

Die Niederlassung eines amerikanischen Hightech-Unternehmens in Deutschland schließt die Büros. Betroffen davon sind rund 100 Mitarbeiter. Der Mutterkonzern beauftragt einen Outplacement-Berater, sich "um die berufliche Neuorientierung" der entlassenen Mitarbeiter zu kümmern. In diesem Fall, und das gehört durchaus zum Service der großen Beratungshäuser, umfasst das Paket sowohl die Betreuung des Managements, etwa wenn es um die Frage geht "Wie sage ich es den Mitarbeitern?", als auch Individualberatung für die Außertariflichen und Gruppenberatungen für die tariflich bezahlten Mitarbeiter.

Die Mitarbeiter kamen zunächst in den Genuss von mehrtägigen Bewerbungsseminaren. Im Anschluss daran standen die Outplacement-Experten für Einzelgespräche zur Verfügung, um die berufliche Situation zu analysieren und ein individuelles Persönlichkeitsprofil zu entwickeln (siehe Kasten: "Eignungsprofil"). Zur Unterstützung der Stellensuche wurde eine Art Bibliothek eingerichtet, in der die Mitarbeiter beispielsweise in Datenbanken und im Internet recherchieren oder sich in Büchern informieren konnten. Zusätzlich ermittelte das Beratungshaus über die klassischen Stellenanzeigen hinaus offene Positionen in der Branche und der Region. Das Ergebnis: Zwei Drittel der Beschäftigten sind wieder untergekommen, und für das Programm zahlte das Unternehmen 2500 Euro pro Mitarbeiter.

Wirtschaftlich schwierige Zeiten scheinen für Outplacement-Berater die besten zu sein. Das Geschäft mit den Entlassenen, denen bei der Jobsuche geholfen wird, boomt. Herbert Mühlenhoff, Vorsitzender der Fachgruppe Outplacement im Bundesverband Deutscher Unternehmensberater (BDU), Bonn, und Geschäftsführer der Mühlenhoff & Partner GmbH in Düsseldorf, stellt mit Freude fest, dass der Markt für diese Dienstleistung gerade in den letzten Monaten stark gewachsen ist und immer mehr Betriebe sich dieses Instruments bedienen, dass aber andererseits die Unternehmen die entsprechenden Budgets für diese Dienstleistung kürzen. "Früher konnten wir oft eine Person über mehrere Monate bis nach der Probezeit im neuen Job begleiten", heute verlange der Auftraggeber, das Vermittlungsprogramm in drei bis sechs Monaten abzuschließen. Eine weitere Begründung für das Hoch auf diesem Markt liefert Susanne Rausch von Act Value Management in Berlin. Sie stellt "eine zunehmende Akzeptanz bei den Unternehmen und den von der Trennung betroffenen Mitarbeitern" fest. Arbeitgebern sei immer weniger an teuren und langwierigen Rechtsstreitigkeiten gelegen. Zudem litten das Betriebsklima und die Leistungsmotivation der verbleibenden Beschäftigten.

Vor allem in der IT-Branche hat Rausch beobachtet, dass die Unternehmen schnell "die Personalressourcen flexibel an die jeweiligen Bedingungen" anpassen. Sie erinnert aber die Unternehmen daran, dass in dieser Branche die Identifikation der Mitarbeiter mit ihrem Job und ihrem Arbeitgeber in der Regel sehr hoch sei. Kommt es zu Entlassungen, "sind die verbleibenden Mitarbeiter meist irritiert und in Hinsicht auf ihre Position in der Firma überaus verunsichert". Das führe zu starken Leistungseinbrüchen und zur Abwanderung von Beschäftigten. Haben Unternehmen erst einmal den Ruf, ihre Mitarbeiter schlecht zu behandeln, ist es in besseren Zeiten enorm schwierig, Hochqualifizierte zu rekrutieren.

Suche auf dem verdeckten Arbeitsmarkt

Kennzeichen einer guten Outplacement-Beratung ist die professionelle Betreuung der Mitarbeiter, die das Unternehmen verlassen müssen. In der Regel findet zunächst eine Bestandsaufnahme statt: Experten wie Mühlenhoff oder Rausch prüfen die aktuelle Situation und den Werdegang des Kandidaten, dann erfolgt eine Analyse der bisherigen Leistungen und das Herausarbeiten des individuellen Stärken-Schwächen-Profils als Basis für die künftige Karriere- und Bewerbungsstrategie. Dann werden ein aussagekräftiger Lebenslauf erstellt, ansprechende Bewerbungsschreiben entworfen und die persönliche Präsentation verbessert. Der Bewerber wird im Normalfall bis zum Abschluss des nächsten Arbeitsvertrags begleitet.

Angesichts der aktuellen Marktsituation - Firmenpleiten, Personalabbau, Einstellungsstopps - sei es indes schwierig geworden, schnell wieder einen neuen Job zu finden, weiß die Berliner Beraterin Rausch. Mühlenhoff relativiert: "Der starke Rückgang der freien IT-Stellen um über 50 Prozent spiegelt nicht den gesamten IT-Arbeitsmarkt wider." Er geht von einem Minus von 25 Prozent aus, da eine Menge zu vergebender Stellen nicht ausgeschrieben würden. Die Stärke der Outplacement-Berater bestehe eben darin, die Jobsuchenden auf diesen verdeckten Arbeitsmarkt aufmerksam zu machen und ihnen zusätzliche Chancen aufzuzeigen, die neben der klassischen Bewerbung existierten.

IT-Profis fehlt Bewerbungs-Know-how

Ein Handicap bei der Vermittlung der IT-Experten umschreibt Rausch folgendermaßen: Sie glänzen durch Fakten- und Detailorientierung sowie eine extrem hohe Problemlösungsorientierung bei gleichzeitig mangelndem wirtschaftlichen Denken. Defizite existierten in der Kommunikationsfähigkeit und im Selbst-Management - häufig mangele es auch an der nötigen Offenheit für Neues, Flexibilität und Veränderungsbereitschaft. "Viele haben sich zudem nie aktiv am Markt bewerben müssen und entsprechend keine Erfahrungen und Kenntnisse, was eine erfolgreiche Bewerbung erfordert."

Weiteres Manko, das Mühlenhoff festgestellt hat: Den Computerleuten fehle oft "die Fähigkeit des Perspektivenwechsels", also ihre Situation aus unterschiedlichen Blickwinkeln kritisch unter die Lupe zu nehmen. Immer wieder lese er in Anschreiben, dass die Bewerber "neue Herausforderungen" suchten. Da-rauf angespochen, das Ganze zu konkretisieren, gäben sie keine klare Antwort.

"Nicht die Fachkompetenz entscheidet, sondern vor allem die Fähigkeit, diese auch rüberzubringen - das heißt vor allem: kommunizieren zu können", ist Rauschs Erfahrung.

EignungsprofilMit diesen Fragen analysieren Outplacement-Berater das Persönlichkeitsprofil der Kandidaten.

- Wie ist mein bisheriger Berufsweg verlaufen?

- Wie ist meine jetzige Arbeitssituation: Was will ich beibehalten, vertiefen, verändern?

- Wo liegen meine Stärken? Wie gehe ich mit Schwächen um?

- Wo habe ich Interessen, die ich beruflich verwenden kann?

- Welche Tätigkeiten nehme ich nur ungern wahr?

- Wie sehe ich mich? Wie sehen mich andere?

- Welche berufliche Zukunft sollte ich anstreben?

- Wie kann ich meine Leistungen überzeugend darstellen?

- Welche Erwartungen werden an mich gestellt, und welche Erwartungen habe ich?

- Wie gestalte ich das Auswahlgespräch mit?

Links zu Outplacement-Beratern:

www.act-value.de

www.kienbaum.de

www.muehlenhoff.de

www.rundstedt.de

www.skp-ag.de

Gesamtübersicht:

www.bdu.de