Frischwaren gibt es vorerst nur in Hamburg

Ottos Web-Supermarkt liefert bundesweit aus

06.10.2000
MÜNCHEN (fn) - Bisher war Lebensmitteleinkauf über das Internet auf Ballungsgebiete beschränkt. Der Hamburger Versandhandelskonzern Otto hat unter www.otto-supermarkt.de einen virtuellen Laden eröffnet, der dank des hauseigenen Transportdienstes Hermes die Lebensmittel bundesweit ausliefert.

Shoppen im Internet statt Ladenschlussgehetze bietet nun auch der Otto-Versand, allerdings beliefert er im Gegensatz zu seinen Konkurrenten die Kunden bundesweit. Gemeinsam mit der Citti Handelsgesellschaft aus Kiel, die vor allem im Cash & Carry-Bereich sowie im Großverbraucherhandel zu Hause ist, betreibt der Versandhändler das Joint Venture Otto Supermarkt. Um die Auslieferung kümmert sich Ottos Transportdienst Hermes. Zwar bedient der Service jeden Käufer in Deutschland, allerdings nicht mit dem gesamten Warensortiment. So können nur Kunden aus dem Großraum Hamburg frisches Fleisch und Gemüse ordern. Der Grund: Die Logistik ist sowieso schon sehr aufwändig, und bundesweite Frischwarenlieferungen sind unrentabel. Damit kein Berliner ein frisches Steak bestellen kann, muss jeder Online-User, ob registrierter Kunde oder nicht, beim Einstieg in die Website die Postleitzahl seines Wohnortes eingeben.

Bezahlung onlineGanz neu ist die Idee des Naturalienbezugs via Web hierzulande nicht, wohl aber die landesweite Belieferung. Karstadt Quelle beispielsweise fährt Brot und Butter nur in zwölf deutschen Städten aus, wobei auch frische Köstlichkeiten zu haben sind. Tengelmann deckt ausschließlich den Großraum München ab, während Edeka sich auf Berlin beschränkt.

Otto-Kunden dürfen sich aussuchen, ob sie lieber per Rechnung, Bankeinzug, bar oder mit ihrer Kreditkarte berappen wollen. Barzahler geben das Geld dem Fahrer zuzüglich einer Gebühr von drei Mark.

Im Vergleich zum realen Supermarkt gibt es jedoch einige Einschränkungen. Einen einzelnen Joghurtbecher bestellen geht nicht. Nur wer mindestens für 30 Mark ordert, wird bedient. Dafür lässt Otto die Versandkostenpauschale von 8,95 Mark fallen, wenn der Käufer Waren für mehr als 300 Mark in den Warenkorb gelegt hat. Bestellen darf der Internet-Einkäufer zwar rund um die Uhr, doch bei Feierabendlieferung berechnet der Anbieter noch einmal zehn Mark Aufschlag beziehungsweise vier Mark für die späte Zustellung am Samstag. Vielen Online-Kunden dürften die Transportkosten sauer aufstoßen, erheben doch beispielsweise die meisten Online-Buchshops keine Versandgebühren.

Für Kunden mit wenig Web-Erfahrung hat Otto eine Shop-Rundfahrt eingerichtet. Die Online-Anwendung simuliert dabei eine Bestellung und dokumentiert jeden einzelnen Schritt. Obwohl der Bestellvorgang auf der Website bequem und übersichtlich gestaltet wurde, zeigt sich bei der Anlieferung der Waren, wie weit Old und New Economy noch voneinander entfernt sind.

Lieferung zwei Tage späterBei einer Testbestellung am Donnerstag, den 28. September um 17 Uhr, die Lieferung sollte nach Mering bei Augsburg gehen, nannte das System als frühesten Anlieferungstermin den 4. Oktober - sein Bier für die wochenendliche Fete kauft man dann doch besser in einem Laden aus Stein und Mörtel. Die Ware wird nämlich immer zwei Tage nach Bestellung gebracht, wenn der Auftrag vor 12 Uhr eingeht, an Sonn- und Feiertagen sowie am Montag wird gar nicht ausgeliefert. Nur die Bürger Hamburgs erhalten ihre Waren, falls sie vor 12 Uhr bestellen, noch am gleichen Abend.

Der Web-Supermarkt ist seit dem 28. September online. Mehrmals zeigte die Site statt virtueller Regale eine HTML-Seite, die auf vorübergehende Wartungsarbeiten hinweist. Wer dennoch dringend bestellen muss, kann das Call-Center anrufen oder ein Fax versenden.

Das Online-System ist eine komplette Neuentwicklung auf Basis der E-Commerce-Software "Enfinity" von Intershop. Otto Supermarkt hat den Webshop gemeinsam mit der Internet-Agentur Blue Orbit aus Hamburg realisiert. Zwar konnte der Konzern Know-how aus dem Online-Versandhandel Otto.de nutzen, spezielle Funktionen des Supermarktes, wie beispielsweise die Wunschlieferung zu einem bestimmten Termin, ließen sich mit dem bestehenden Shop jedoch nicht realisieren.

Wohl nicht zuletzt aufgrund positiver Prognosen sieht Otto die Zukunft seines Web-Supermarktes optimistisch. Das Marktforschungsunternehmen Forrester Research erwartet, dass in Großbritannien im Jahr 2005 bereits sieben Prozent der Lebensmittelverkäufe auf das Internet entfallen, während es in Deutschland und Frankreich nur drei Prozent sein sollen. Der Versandhändler selbst beziffert den Online-Anteil am bundesweiten Lebensmittelgeschäft im Jahr 2002 auf ein Prozent beziehungsweise drei Milliarden Mark. Mittelfristig will Otto frische Waren auch bundesweit anbieten und hierzu regionale Lager einrichten. Später soll auch Tiefkühlkost ins Sortiment aufgenommen werden.