Osteuropäer locken mit billigen IT-Diensten

20.07.2004
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Joachim Hackmann ist Principal Consultant bei PAC – a teknowlogy Group company in München. Vorher war er viele Jahre lang als leitender Redakteur und Chefreporter bei der COMPUTERWOCHE tätig.

Indien oder Russland? Im weltweiten Offshore-Markt ist Indien eine Macht. Der Wert der vom Subkontinent exportierten IT-Dienstleistungen belief sich im vergangenen Jahr auf 12,5 Milliarden Dollar. Für 2004 rechnet der indischen Verband Nasscom mit einem Anstieg der Ausfuhren um 28 Prozent. "Genau wie Indien in Südostasien dominiert Russland in Europa den IT-Services-Markt", analysiert Oleg Brodski, Senior Manager bei Ernst & Young. Der Vergleich mag stimmen, doch Indien spielt in einer anderen Liga: Russlands IT-Dienstleister erzielte im vergangenen Jahr Schätzungen des Verbands Fortruss zufolge Einnahmen von rund 500 Millionen Dollar, andere Berechnungen belaufen sich auf 300 bis 400 Millionen Dollar. Das Geschäft wächst pro Jahr um rund 50 Prozent.

Programmierservices gibt es auch in Weißrussland und der Ukraine. Für deutsche Unternehmen bieten sich vor allem Tschechien, Polen und Ungarn an. Weiter Anbieter kommen aus Rumanien und Bulgarien. "Vernünftig aufgestellte Offshore-Projekte bringen Einsparungen von 20 bis 40 Prozent - und das ist das schlagende Argument", sagt Brodski. Qualitativ knüpfen die Osteuropäer an die Tradition der Inder an und lassen sich zunehmend nach dem Standard Capability Maturity Model (CMM) des Software Engineering Institute zertifizieren.

Die Beispiele EDS und Cognis zeigen, dass zurzeit vornehmlich technische Dienste in Nearshore-Länder verlagert werden. Wesentlich für den erfolgreichen Betrieb eines solchen Projektes sind standardisierte Abläufe. Die Grenzen der Nearshore-Angebote zeigen sich im Bereich der Call-Center-Dienste, wo es auf qualifizierte Beratung und Betreuung durch akzentfrei sprechende Agenten ankommt. Hier hält EDS den Standort Cottbus nach wie vor für eine Option. "Nachholbedarf für Deutschland besteht sicher bei der Flexibilisierung des Arbeitsrechts, so dass wir schneller auf Marktschwankungen reagieren können", fordert Rickmann. "Zudem sollte sich die Servicekultur hierzulande noch weiterentwickeln. Sie muss den Kunden stärker in den Mittelpunkt stellen."