Comecon-Länder verabschieden Programm zur Elektronisierung:

Ost-Technologie will eigene Wege gehen

21.03.1986

Ein umfangreiches "Komplexprogramm" über die technisch-wissenschaftliche Entwicklung bis zum Jahr 2000 haben die zehn Mitgliedsländer des Rates für Gegenseitige Wirtschaftshilfe (Comecon) ausgearbeitet. Verabschiedet wurde das Papier unter der Federführung Moskaus im Dezember des vergangenen Jahres. Es basiert auf dem "zweiseitigen Regierungsabkommen" über die Weiterentwicklung von Wissenschaft und Technik sowie über die Koordinierung der Fünfjahrespläne.

Als Fernziel hat man somit nicht nur die Unabhängigkeit von westlicher Technologie ins Auge gefaßt, sondern man will zunehmend auf Basis größerer Eigeninitiativen und Aktivitäten auch selbst im internationalen Maßstab Leitlinien setzen. Seit nunmehr über zwanzig Jahren gilt das Hauptinteresse der Comecon-Länder - allen voran die Sowjetunion - diversen Spitzentechnologien westlicher Industrienationen. Während dieser Zeitspanne richtete sich das Augenmerk beispielsweise auf die Bereiche Nuklear-Physik, Kommunikations-, und Navigationstechnik, Halbleiterfertigung und Computertechnik.

Im Rahmen der normalen Handelsbeziehungen einschließlich Lizenznahmen war man bemüht, das Know-how dieser Bereiche zu importieren oder im Rahmen von Ost-West-Kooperationen Spitzentechnologien zu adaptieren. Aufgrund der zunehmenden Exportbeschränkungen gerade solcher High-Tech-Komponenten, die auch den militärischen Bemühungen der Sowjets dienlich sein könnten, versuchten die Ostblockländer, auf anderen Wegen an westliches Know-how heranzukommen.

In vielen Fällen hatte die Rezeption der Technik aus dem Westen Erfolg: Nach Angaben von Experten wiesen die von Comecon-Ländern in Gemeinschaftsarbeit Anfang der 70er Jahre entwickelten und eingesetzten EDVA und ESER deutliche Übereinstimmungen mit dem IBM-System /360 auf. Dagegen basieren die im Comecon gefertigten Minicomputer (System der Kleinrechner/SKR) hauptsächlich auf Rechnersystemen von Digital Equipment und Hewlett-Packard. Derartige und weitere Beispiele aus den letzten Jahren zeigten somit immer wieder das Bemühen der Comecon-Mitgliedsstaaten, offensichtliche Lücken im Bereich bestimmter Spitzentechnologien in Grenzen zu halten.

Mit einer solchen "Strategie" der Forschung und Entwicklung mußte jedoch zwangsläufig eine Zementierung des Ost-West-Technologie-Gefälles hingenommen werden. Um dem entgegenzuwirken, haben die Comecon-Länder zu Beginn der 80er Jahre damit angefangen, eine eigene funktionstüchtige Mikroelektronik-Industrie aufzubauen und damit selbst die benötigten Schaltkreise und Mikros in ausreichender Stückzahl zu produzieren. Hiervon sollte insbesondere die bislang stark vernachlässigte kommerzielle Nutzung der Mikroelektronik profitieren. Allerdings - trotz gezielter staatlicher Förderung von Elektronik-Projekten und erhöhten Anstrengungen in Forschung und Entwicklung konnten die Produktionen jedoch nicht in den geplanten Größenordnungen realisiert werden.

In diesem Zusammenhang wurde die Risikobereitschaft in den Betrieben kritisiert, die zu langen Zeiten für die Überfüllung technisch-wissenschaftlicher Resultate in die Produktion bemängelt und schließlich stand auch das bürokratische Planungswesen im Kreuzfeuer der Kritik. Aufgrund solcher selbstkritischer Eingeständnisse von Fehlentwicklungen und Engpässen wurde von westlichen Wirtschaftswissenschaftlern die These von der "Innovationsschwäche zentraler Planwirtschaften" geprägt. Obgleich inzwischen eine breite Palette von Standard-ICs gefertigt wird, die Produktion von Mikrorechner bereits angelaufen ist und auch Mikroelektronische Steuerungen produziert werden, gibt es dennoch Probleme mit der ausreichenden Bereitstellung gerade dieser Erzeugnisse.

Sowohl die Innovationsschwäche zentraler Planwirtschaft wie die Abhängigkeit von West-Technologie sollen nun aber schon bald der Vergangenheit angehören. Zum Anschluß einer zweitätigen Sondersitzung haben die zehn Mitgliedsländer des Comecon im Dezember 1985 in Moskau ein umfangreiches Programm über die technisch-wissenschaftliche Zusammenarbeit bis zum Jahr 2000 verabschiedet. Als ein Teil dieses Programms wurden zudem mehrere Zusatzabkommen unterzeichnet: Ein Vertrag über die "Bildung der Internationalen Forschungs- und Produktionsvereinigung "Interrobot" zur Entwicklung von "Mitteln der Robotertechnik" sowie Generalabkommen über die "Entwicklung und Einführung von rechnergestützten Lösungen der technischen Produktionsvorbereitung" und über die Realisierung eines "Einheitlichen Systems der Lichtleiter- und Informationsübertragungstechnik".

Die gesamte technisch-wissenschaftliche Kooperation soll sich auf fünf Hauptrichtungen konzentrieren: Elektronisierung, komplexe Automatisierung einschließlich flexibler Fertigungssysteme, Kernenergie, Schaffung und Entwicklung neuer Werkstoffe sowie Biotechnologie. Das Programm, das unter maßgeblicher Beteiligung der Sowjetunion ausgearbeitet wurde, soll nach den Aussagen eines Comecon-Sekretärs aus der DDR gemeinsame Züge mit dem Eureka-Projekt aufweisen. Wie es weiterhin heißt, sei geplant, auf der Grundlage des "Komplexprogramms" die Comecon-Kooperation auf eine neue Basis zu stellen. Dabei ist jedoch nicht nur eine technologische Unabhängigkeit vom Westen vorgesehen, sondern es wird ebenso angestrebt, in Technologieentwicklung und -anwendung mit den führenden westlichen Industrieländern gleichzuziehen und dabei nunmehr selbst technologische Maßstäbe zu setzen. Auf diese Weise soll langfristig ein kontinuierliches Wirtschaftswachstum in allen Comecon-Ländern gesichert werden.

Die geplante Elektronisierung in den einzelnen Comecon-Ländern enthält eine Reihe von Einzelprogrammen. Zum einen handelt es sich um ein Megabit-Projekt, das die Herstellung und die Nutzung "einer neuen Generation höchstinteressanter und superschneller Schaltkreise mit hoher Zuverlässigkeit und einem hohen Miniaturisierungsgrad" vorsieht. Dazu zählen zunächst 256-KBit-RAM-Speicher, für die 1986 eine Vorbereitung der Serienproduktion angekündigt worden ist, 1-Megabit-Speicherchips, für welche ebenfalls in diesem Jahr die "Vorbereitung der Fertigung von Produktionsausrüstungen" und der Beginn von Entwicklungsarbeiten geplant sind. Ab 1990 will man schließlich 4-Megabit-Speicher herstellen.

Als vordringlich wird im Rahmen dieses Programmpunktes aber auch die Verbreitung der 16-Bit-CPU-Technik sowie die Herstellung und Anwendung von oberflächenmontierbaren Bauelementen (Surface Mounted Devices/SMD) angesehen. Ferner ist angestrebt, den Produktionsumfang gegenwärtig bereits gefertigter ICs zu erweitern, um die künftigen Bedürfnisse der Comecon-Industrien befriedigen zu können. Das betrifft mit Sicherheit nicht nur 65-KBit-RAMs, die momentan in der DDR aufgrund zu geringer Ausbringungsmengen noch sehr knapp sind.

Ausgehend vom künftigen Leistungsangebot der Bauelemente-Hersteller im Comecon ist ferner die Entwicklung einer neuen Generation von Super-EDVA "mit einer Geschwindigkeit von mehr als 10 Mips (Milliarden Operationen pro Sekunde) geplant". Auf dem Sektor der "Jumbo"-Fertigung sammelte die Sowjetunion im Rahmen einer Kooperation mit der amerikanischen Control Data Corp. wichtige Erfahrungen. Ergebnis dieser Zusammenarbeit ist der Supercomputer PS 2000 mit einer Leistung von rund 400 bis 600 Meyaflops.

Dritter Bestandteil des Programms zur Elektronisierung ist weiterhin die Bereitstellung von "Mitteln der Rechentechnik". Hierzu zählen insbesondere leistungsfähige 16-Bit-Arbeitsplatzcomputer sowie 8-Bit-PCs. Vor allem die 16-Bit-Rechner will man verstärkt an Ingenieurarbeitsplätzen sowie für computergestützte Entwicklung und Fertigung (CAD/ CAM) einsetzen. Geplant sind weiterhin: Ein "einheitliches System der digitalen Informationsübertragung, neue "Lichtleitertechnik für die Hochgeschwindigkeits-Nachrichtenübertragung-", eine "neue Generation von Satellitensystemen für die Übertragung von Informationen" und eine breite Palette verschiedenartiger Geräte, Sensoren, Kontroll- und Meßgeräte auf Basis der Mikroelektronik".

Auf der Grundlage solcher Vorhaben soll vor allem eine Informations- und Kommunikationstechnik entwickelt und in der Betriebspraxis eingesetzt werden, mit der arbeitsplatz- und dialogorientiert eine rechnergestützte integrierte Datenverarbeitung realisiert werden kann. Im Mittelpunkt der hiermit verbundenen Aktivitäten steht unter anderem die Entwicklung und Nutzung lokaler Netzwerke als Basis für künftige integrierte Leistungs-Informationssysteme.

Neuerdings wird auch dafür plädiert, Forschungstabus auszuschalten und auch auf solche Forschungen nicht zu verzichten, deren Auswirkungen entweder schwer kalkulierbar sind, oder die gegenwärtig möglicherweise noch nicht einen zählbaren wirtschaftlichen Nutzen versprechen. So glaubt man beispielsweise in der DDR, daß die Tragweite der sogenannten Medienrevolution derzeit noch "eher unterschätzt als überschätzt" wird. Wie es hierzu in der "Wissenschaftlichen Zeitschrift der Karl-Marx-Universität Leipzig" auszugsweise hieß, sei ein ideologischer Vorlauf zunächst notwendig, weil ohne diesen eine "sozialistische Langzeitstrategie" nicht denkbar sei. Das Feld der "neuen Medien" scheint ohnehin in den sozialistischen Ländern noch recht problembelastet zu sein.

So hat man in der DDR erneut auf die vielfältigen Gefahren verwiesen, die von diesen - bedingt durch den "Informationsimperialismus der transnationalen Konzerne" - ausgehen können. Man glaubt, daß sich vor dem Hintergrund der Entwicklung und des Einsatzes neuer Informations- und Kommunikationstechnologien mit größter Wahrscheinlichkeit "schwerwiegende Gefahren für die nationale Souveränität, für die wirtschaftliche Stabilität und die kulturelle Identität vieler Staaten" ergeben werden. Ohne Zweifel wird man bei der angestrebten Realisierung besonders "offener" Informations- und Kommunikationsnetze den Einstieg Unbefugter von vornherein ausschalten wollen.

Als Voraussetzung hierfür gilt mit Sicherheit die Ausschaltung einer unkontrollierbaren privaten Nutzung von Heimcomputern. Die ohnehin in den einzelnen Comecon-Ländern inzwischen verfügbaren Heimcomputer sollen nach offiziellen Stellungnahmen nur für Aus- und Weiterbildungszwecke in Betrieben, Hochschulen oder staatlichen Einrichtungen genutzt werden. Auf diese Weise wollen die Verantwortlichen auch mögliche Hacket-Eskapaden wie die des Hamburger Chaos Computer Clubs unterbinden.

Als eng verflochten mit den Elektronisierungsplanungen des Comecon gilt die angestrebte "komplexe Automatisierung". Im Rahmen dieses Programmpunktes sollen diverse Entwicklungen zur Verfügung gestellt werden, so zum Beispiel "schnellumrüstbare und flexible Produktionssysteme verschiedener Bestimmungen sowie vollautomatische Fertigungsabschnitte und Betriebe". Fernziel ist nach japanischem Muster die "vollautomatisierte Fabrik". Ferner gelten "Systeme der automatischen Projektierung und technologischen Produktionsvorbereitung, zur Automatisierung und Beschleunigung von Forschungsarbeiten und Experimenten", also sämtliche "C-Techniken", als Komponenten flexibler Produktionssysteme.

Sie sollen mit die Grundlage der Automatisierung bilden und einen spürbaren Rationalisierungsschub garantieren. Bereits jetzt steht vor allem die DDR im Vorfeld des XI. Parteitages der SED im April dieses Jahres völlig im Zeichen des geplanten CAD/CAM-Einsatzes: "Wettbewerbsinitiativen" in den Industriekombinaten signalisieren die Bereitschaft zu einer "durchgängigen sozialistischen Rationalisierung" und die vorgesehenen Problemlösungen sollen vor allem zu einer spürbaren Verkürzung der Überleitungszeiten führen. Rechentechnische Grundlage von CAD/CAM wird der 16-Bit-Arbeitsplatzcomputer A 7100 von Robotron Dresden sein.

Der gegenwärtige Stand der Diskussionen und Planungen über die Nutzung von C-Techniken in der DDR erinnert an die Computer-Euphorie gegen Ende der 60er Jahre, als man glaubte, mit dem Einsatz des Robotron-300-Rechners (2. Generation) bestehende Probleme lösen zu können, oder an die Anfang der 80er Jahre zu beobachtenden Rationalisierungskampagnen mit Hilfe der Entwicklung und des Einsatzes der Industrierobotertechnik. Erste CAD/CAM-Arbeitsplätze auf Basis von Robotron-Mikros wurden erstmals auf der Leipziger Frühjahrsmesse 1984 vorgestellt. Anläßlich des diesjährigen Parteitages aber will man in voller Breite in allen Industriekombinaten CAD/CAM-Lösungen vorweisen können.

Zu den Automatisierungsvorhaben in den Comecon-Ländern zählt weiterhin der Bau von Industrierobotern und Manipulatoren in Modulbauweise, "darunter solche, die über künstliches Sehen verfügen und die bei veränderlichen Arbeitsbedingungen umprogrammierbar und schnell umrüstbar sind". Der Übergang zur Modulbauweise soll zu einem nachhaltigen Aufschwung der Fertigungsstückzahlen in allen Industriebereichen führen. Wichtigste Kooperationspartner der UdSSR waren bisher im Comecon die CSSR, Bulgarien und die DDR. Über die derzeit im Comecon installierten Industrieroboter gibt es wenige genaue Daten; als gesichert kann jedoch angenommen werden, daß bis Ende 1985 beispielsweise in der DDR rund 57 000 Roboter im Einsatz waren. Für dieses Jahr ist eine Bestandserhöhung um 13 000 Einheiten geplant.

Als weitere Kooperationsvorhaben im Rahmen der Automatisierung wurden des weiteren "automatisierte Herstellungstechnologien für hochpräzise Ausrüstungen und Geräte" sowie Zuliefer-Erzeugnisse zur Realisierung der geplanten Automatisierungsvorhaben genannt. Darunter fallen beispielsweise "mechanische, hydraulische, pneumatische, elektronische und andere Komponenten", Steuer- und Diagnoseeinrichtungen sowie Kontrollsysteme und schließlich "unifizierte Baureihen technischer Mittel für die Automatisierung von Transport-, Umschlag- und Lagerarbeiten" und "Sensoren für Industrieroboter und flexible Fertigungszellen".

Nach den Bekundungen der einzelnen Comecon-Länder sind in den letzten Jahren umfangreiche Vorkehrungen für die Sicherung der geplanten Elektronisierung und Automatisierung getroffen worden. So hatte die ungarische Regierung 1985 sein "Zentrales Programm der Verarbeitung der Elektronik in Gesellschaft und Wirtschaft" beschlossen. Gezielte Investitionen und Steuervergünstigungen sollen die Einführung von Spitzentechnologien beschleunigen. Im engsten Kreis der Forschungs- und Förderungsvorhaben stehen vor allem die Entwicklung von Mikrocomputersystemen, Einführung von Rechnernetzen, Realisierung von CAD/CAM-Lösungen und flexible Fertigungssysteme sowie nicht zuletzt die Entwicklung und Bereitstellung standardisierter Softwaresysteme.

Auch in Bulgarien glaubt man, mit Blick auf die Lösung der bevorstehenden Aufgaben gerüstet zu sein. In den letzten Jahren konnte die Elektronikindustrie nicht nur durch verstärkte Kooperationsbeziehungen mit anderen Comecon-Ländern, insbesondere mit der UdSSR, sondern auch dank einer intensiven Zusammenarbeit mit Elektronik-Unternehmen westlicher Länder spürbare Entwicklungserfolge verzeichnen. Der Export bulgarischer Elektrotechnik und Elektronik für den westlichen Markt wird besonders durch die Aktivitäten von drei "gemischten Gesellschaften" unter maßgeblicher Beteiligung bulgarischer Institutionen unterstützt. Bei diesen Gesellschaften handelt es sich um FAR (Mailand/Italien), Sofbim (Paris/ Frankreich) und Busycommon (USA).

Im März 1984 wurde ein Abkommen zwischen bulgarischen Organisationen und der japanischen Firma Nisho Iwai Corp. unterzeichnet, das aus bulgarischer Sicht als ein zukunftsweisender Start in die Elektronik angesehen wird. Hauptempfänger bulgarischer Elektrotechnik und Elektronik ist noch immer die Sowjetunion. Schwerpunkte der Lieferungen sind unter anderem Meß- und Kontrollgeräte, verschiedene elektronische Komponenten und Bauelemente. Disketten und Magnetplatten aus Bulgarien zählen auch auf dem Weltmarkt durchaus zu den gefragten Erzeugnissen. Sie werden auch in westliche Länder exportiert die in der Produktion im EDV-Bereich führend sind.

Auch in der Tschechoslowakei versucht man, mit einem erhöhten Investitionseinsatz den Rückstand der Elektronikindustrie aufzuholen und die Entwicklung und den Einsatz elektronischer Erzeugnisse zu fördern. Diesem Zweck dient hier ein "Langfristiges Komplexprogramm zur Elektronisierung der tschechoslowakischen Wirtschaft", das in seinen Grundzügen bereits im Herbst 1984 verabschiedet worden ist. Im Rahmen dieses Programms werden vor allem die Kapazitäten der elektronischen und elektrotechnischen Industrie wesentlich ausgebaut und modernisiert. Dieser Sektor kann in Zukunft durchaus auch zu einem interessanten Partner für westliche Ausrüstungslieferanten werden.

In der Sowjetunion wurden in Vorbereitung auf die geplante Elektronisierung und Automatisierung insbesondere in den Bereichen Elektrotechnik, Elektronik und Maschinenbau bereits Anfang der 80er Jahre zusätzliche Produktionskapazitäten geschaffen. 1983 wurden schließlich auf Beschluß des Zentralkomitees der KPdSU die Aufgaben der Akademie der Wissenschaften der UdSSR neu fixiert. Als eine Grundvoraussetzung für die Realisierung von Neuerungsprozessen glaubt man mittlerweile in der Sowjetunion, vorrangig den übertriebenen Wirtschaftszentralismus abbauen zu müssen. Wie es hieß, trage "er die Schuld daran, daß Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten gebremst, die schnelle Überführung wissenschaftlicher Ergebnisse in die Produktion verzögert und zukunftsweisende Projekte wegen der bestehenden umfangreichen Planungsbürokratie nicht realisiert wurden." Weitere Aktionen sollen zur Entwicklung von Wissenschaft und Technik beitragen. Doch beispielsweise die 1985 von Gorbatschow angekündigte "revolutionäre Aktion" zur Innovation, mit besonderen Prämien für Wirtschaftsfunktionäre und Arbeiter, ist nicht so neu, als daß sie motivierend wirken kann.

Kenner sowjetischer Wirtschaftsverhältnisse wissen, daß Innovationen in der Tat nur nach radikaler Einschränkung der zentralen und zentral kontrollierten Wirtschaftsplanung auf ein neues Niveau gebracht werden können. Wie ferner bekannt wurde, hatte Gorbatschow bereits vor seinem Machtantritt das ungarische Modell einer "sozialistischen Marktwirtschaft" studieren lassen. Kämen auf solchen Wegen Veränderungen im sowjetischen Wirtschaftssystem zum Zuge, dann würde wohl auch die sowjetische Elektronik und Elektrotechnik deutliche Entwicklungserfolge verbuchen können.

Wie Osteuropa-Experten glauben wird die Sowjetunion zunächst auch bestrebt sein, das Wissenschafts- und Fertigungspotential ihrer Comecon-Partner - insbesondere das der DDR und Ungarns - im Rahmen der Realisierung des "Komplexprogramms" zum eigenen Vorteil, also zur Stärkung der eigenen Wirtschaftskraft, zu nutzen. Bereits gegenwärtig ist die DDR durch langfristige Liefervereinbarungen verpflichtet, auch Groß- und Mikrorechner trotz knapper Computerkapazitäten im eigenen Lande in die Sowjetunion zu exportieren.

*Klaus Krakat ist Berliner Korrespondent der COMPUTERWOCHE.