Schritt in Richtung "Kommunikation offener Systeme" Teil 1

OSI-Standards für Ebenen 4 und 5 jetzt verfügbar

04.05.1984

Die DIN-ISO-Norm-Entwürfe für die Transport- und Kommunikationssteuerungsschicht sind jetzt verfügbar. Es sind die ersten Konkretisierungen der internationalen Projekte zu Open Systems Interconnection (OSI), deren Vorstellung mit dem OSI-Basis-Referenzentwurf erfolgt *). Der DIN / NI / AA16.0 - als der für OSI verantwortliche Ausschuß - mit seinem Unterausschuß 16.3, der für die Transport- und Sessionsschicht verantwortlich ist, ist der Meinung, daß mit der Verfügbarkeit dieser Standards ein entscheidender Schritt in Richtung auf die Verwirklichung der Kommunikation offener Systeme" getan worden ist.

Die Normen, um die es geht, sind:

DIN ISO-8072

Informationsverarbeitung; Kommunikation Offener Systeme; Definition der Dienste der Transportschicht (Entwurf April 1984)

DIN ISO 8073

-; -; Spezifikation der verbindungsorientierten Protokolle der Transportschicht (Entwurf April 1984)

DIN ISO 8326

-; -; Definition der verbindungsorientierten Basisdienste der K Kommunikationssteuerungsschicht (Entwurf April 1984)

DIN ISO 8327

-; -; Spezifikation des verbindungsorientierten Basis-Protokolls der Kommunikationssteuerungsschicht (Entwurf April 1984)

Diese DIN-ISO-Norm-Entwürfe enthalten den englischen Originaltext der Internationalen Norm-Entwürfe ISO/DIS 8072, ISO/DIS 8073, ISO/DIS 8326 und ISO/DIS 8327 mit deutschen Vorworten.

Die Norm-Entwürfe DIN ISO 8072 und DIN ISO 8073 enthalten bereits die vorgesehenen Änderungen für die im November 1983 veröffentlichten Internationalen Norm-Entwürfe ISO/DIS 8072 und ISO/DIS 8073. Die Norm-Entwürfe DIN ISO 8326 und DIN ISO 8327 basieren auf den zu Internationalen Norm-Entwürfen verabschiedeten Entwurfsvorschlägen.

Die zusammen 477 Seiten umfassenden DIN-ISO-Norm-Entwürfe entstanden unter engagierter Mitwirkung des Unterausschusses 16.3 "Dienste und Protokolle der Kommunikationssteuerungs- und Transportschicht" (Obmann: Peter von Studnitz, Eiserfeld) des NI mit seinen Arbeitskreisen 16.3.1 (Obmann: Peter von Studnitz, Eiserfeld) und 16.3.2 (Obmann: R. Gäbele, Böblingen).

Das Basis-Referenzmodell für die Kommunikation Offener Systeme enthält als vierte Schicht die Transportschicht. Diese bietet den Benutzerinstanzen (Kommunikationssteuerungsinstanzen) Dienste an, wie sie im Norm-Entwurf DIN ISO 8072 beschrieben sind. Diese Dienste werden von der Transportschicht unter Zugrundelegung des Vermittlungsdienstes (Norm-Entwurf in Vorbereitung) erbracht. Die Transportinstanzen kommunizieren nach den Regeln des im Norm-Entwurf DIN ISO 8073 beschriebenen Transportprotokolls.

Die fünfte Schicht der Kommunikationssteuerungsschicht bietet den Benutzerinstanzen Dienste an, die zur Eröffnung einer Sitzung, das heißt einer Konimunikationsbeziehung zwischen zwei Benutzern der Kommunikationssteuerungsschicht,

ihrer geordneten Durchführung und Beendigung notwendig sind (siehe Norm-Entwurf DIN ISO 8326).

Diese Dienste werden von der Kommunikationssteuerungsschicht unter Zugrundelegung des Transportdienstes (siehe Norm-Entwurf DIN ISO 8072) erbracht. Die Kommunikationssteuerungsinstanzen kommunizieren nach den Regeln des im Norm-Entwurf DIN ISO 8327 beschriebenen Kommunikationssteuerungsprotokolls.

DIN ISO 8072

Die Transportschicht bietet den Benutzerinstanzen (Kommunikationssteuerungsinstanzen) Dienste an, um

- eine Verbindung aufzubauen

- mit dem Kommunikationspartner und dem Diensterbringer eine Transportdienstgüte auszuhandeln -

- Daten im Rahmen der vereinbarten Transportdienstgüte zu übertragen

- den Fluß der Daten zu regeln

- Vorrangdaten zu übertragen (falls gewünscht)

- eine Verbindung bedingungslos abzubauen.

Die Dienste der Transportschicht werden im Norm-Entwurf abstrakt beschrieben und sind folgendermaßen charakterisiert:

- Dienstgüte-Bestimmung

Der Transportdienst erlaubt dem Benutzer die Auswahl von Werten bezüglich der Transportdienstgüte. Diese Transportdienstgüte stellt sich typischerweise in Parametern dar, wie zum Beispiel Durchsatz, Verzögerung, Restfehlerrate und Fehlerwahrscheinlichkeit. Dieser so spezifizierte Transportdienst soll zu minimalen Kosten führen.

- Unabhängigkeit von Kommunikationsmitteln

Der Transportdienst macht für seine Benutzer die Unterschiede zwischen untergelagerten Netzwerken unsichtbar. Netzwerke unterscheiden sich in ihrer Technologie, Topologie und in ihren Dienstgüteeigenschaften.

- Ende-zu-Ende-Bedeutung

Der Transportdienst erlaubt die Kommunikation zwischen zwei Benutzern (anwendungsorientierte Instanzen), die jeweils in unterschiedlichen Endsystemen angesiedelt sind.

- Transparenz

Der Transportdienst erlaubt den Austausch von Objekt-orientierten Daten, unabhängig von ihrem Format und Inhalt und ihrer Codierung.

- Adressierung

Der Transportdienst nutzt ein Adreßsystem, das auf dem Adreßschema des Vermittlungsdienstes abgebildet wird. Transportadressen identifizieren Benutzer eindeutig, unabhängig von ihrem Standort.

Für den Verbindungsaufbau und -abbau werden Mittel zur Verfügung gestellt, um eine Verbindung zwischen Benutzerinstanzen herzustellen, die durch Transportadressen identifizierbar sind. Es kann mehr als eine Verbindung zwischen demselben Benutzerpaar existieren.

Mit dem Verbindungsaufbau besteht die Möglichkeit, eine bestimmte Transportdienstgüte anzufordern und zwischen den beteiligten Instanzen auszuhandeln.

Im Verbindungsaufbau können sich die beteiligten Benutzerinstanzen darüber verständigen, ob sie in ihrer Kommunikation von dem Vorrangdatendienst Gebrauch machen wollen.

Es wird ein Mittel für den bedingungslosen Verbindungsabbau zur Verfügung gestellt. Eine Verbindung kann auch auf alleinige Initiative des Diensterbringers ausgelöst werden.

Für die Datenübermittlung werden Mittel zur Verfügung gestellt, um Daten von theoretisch unbegrenzter Länge transparent, das heißt unverändert in Struktur und Inhalt, zu

übertragen. Der Datenübermittlungsdienst wird entsprechend der vereinbarten Dienstgüte erbracht. Eine empfangende Benutzerinstanz hat die Möglichkeit, die Datenübermittlungsrate ihres Kommunikationspartners zu regeln.

Zusätzlich werden Mittel zur Verfügung gestellt, um Vorrangdaten zu übertragen.

DIN ISO 8073

Die Funktionalität der Transportschicht ergibt sich aus dem Unterschied zwischen dem verfügbaren Vermittlungsdienst und dem angebotenen Transportdienst unter Berücksichtigung von wirtschaftlichen Aspekten.

Beim Verbindungsaufbau verständigen sich die beiden Transportinstanzen, wie die angeforderte Transportdienstgüte erbracht werden kann. Dazu stehen ihnen die folgenden Möglichkeiten zur Verfügung:

- Auswahl eines geeigneten Vermittlungsdienstes

- Entscheidung darüber, ob eine Systemverbindung vielfach benutzt werden kann (multiplexen), oder ob mehrere Systemverbindungen benutzt werden können, um eine Teilnehmerverbindung zu betreiben (Verbindungsaufspaltung)

- Vereinbaren einer geeigneten maximalen Länge der Transport-Adreßabbildung

- Verfügungstellung von Mitteln, um Teilnehmerverbindungen voneinander unterscheiden zu können

- Einrichten von Funktionen, um mögliches Fehlverhalten entdecken und beheben zu können - Übermittlung von Benutzerdaten.

Teilnehmerverbindungen werden bedingungslos ausgelöst. Diese Auslösung erfolgt unabhängig vom Zustand der Endsystemverbindung.

Entsprechend den in der Verbindungsaufbauphase getroffenen Verabredungen werden für die Datenübermittlung folgende Funktionen angeboten:

- Verketten von Transportprotokolldateneinheiten und Trennen

- Segmentieren von Transportdienstdateneinheiten und Wiedervereinigung

-Verbindungsaufspaltung und Verbindungssammlung

- Flußregelung

- Identifizierung von Teilnehmerverbindungen

- Übermittlung von Benutzerdaten

- Fehlererkennung und Behebung

- Übermittlung von Vorrangdaten.

Die Funktionen der Transportschicht sind in Klassen organisiert, wobei jede Transportprotokollklasse einen wohldefinierten Satz von Funktionen enthält.

- Klasse 0: Einfachklasse

Diese Transportprotokollklasse stellt den einfachsten Typ einer Teilnehmerverbindung zur Verfügung und ist mit dem Teletex Transportprotokoll entsprechend der Empfehlung CCITT.S70 voll kompatibel.

- Klasse 1: Einfache Fehlerbehebungsklasse

Diese Transportprotokollklasse beinhaltet Funktionen, um vom Vermittlungsdienst angezeigtes Fehlverhalten (Auslösen beziehungsweise Normieren der Endsystemverbindung) auszugleichen.

- Klasse 2: Multiplexklasse

Diese Transportprotokollklasse beinhaltet die Funktionen, um mehrere Teilnehmerverbindungen auf einer Endsystemverbindung abzubilden (multiplexen), und frei wählbare Funktionen zur Flußregelung.

- Klasse 3: Fehlerbehebungs- und Multiplexklasse

Diese Transportprotokollklasse beinhaltet die Funktionen der Multiplexklasse (Klasse 2), angereichert um Funktionen, um vom Vermittlungsdienst angezeigtes Fehlverhalten (Auslösen beziehungsweise Normieren der Endsystemverbindung) auszugleichen.

- Klasse 4: Fehlererkennungs- und Fehlerbehebungsklasse

Diese Transportprotokollklasse beinhaltet die Funktionen der Klasse 3, angereichert um Funktionen, um vom Vermittlungsdienst nicht angezeigtes Fehlverhalten zu erkennen und auszugleichen. Fehlverhalten im Hinblick auf Verlust, Reihenfolge, Verdopplung und Zerstörung von Daten kann behandelt werden. Diese Transportprotokollklasse beinhaltet zusätzlich Funktionen zur Optimierung der Vermittlungsdienstgüte (zum Beispiel Durchsatz, Robustheit).

Informationen: H. J. Burkhardt, Vorsitzender DIN/NI/AA 16.0 GMD Fe/G3, Rheinstr. 75, 6100 Darmstadt und

Peter von Studnitz, Vorsitzender, DIN/NI/UA16.3, Philips Data Systems, Postfach 310 217, 5900 Siegen 31

Die Normungsarbeit zum ISO-Referenzmodell und darüber hinaus zur Realisierung einer echten offenen Kommunikation begann 1978. Ein entsprechendes Subkomitee innerhalb der ISO wurde eigens dafür benannt. Parallel dazu entwickelten sich Aktivitäten innerhalb der CCITT. Erstes Ergebnis war das ISO-Referenzmodell 7498, das jetzt internationaler Standard ist, und zu dem nun die ersten Protokoll- und Dienstnormen, die das Modell ausfallen sollen, geschaffen worden sind. Die Bedeutung dieser Normen liegt darin, daß sie die durch das gesamte Vorhaben intendierte Kompatibilität zwischen Produkten unterschiedlicher Hersteller sicherstellen können.

*) Siehe Norm-Entwurf DIN ISO 7498 (Mai 1982)

und DIN-Mitt. 62. 1983, Nr. 1, Seiten 9 bis 13.