Vielfältige Kommunikationsaspekte unter dem DFN-Hut

OSI-Projekt für Bibliotheken

19.01.1990

Immer schon dienten Bibliotheken der Informationsvermittlung und waren deshalb auch in ihrer Verwaltung auf effiziente informationstechnische Hilfsmittel, wie Kataloge unterschiedlicher Art und die Kommunikation mit anderen Bibliotheken oder Archiven, angewiesen. Im Rahmen des Deutschen Forschungsnetzes (DFN) bietet es sich nun an, unter anderem, die Universitätsbibliotheken über X.25 zu vernetzen. OSI-Protokolle sollen dabei eine tragende Rolle spielen. Heinz Bork* beschreibt im -folgenden den Stand der Anwendung.

Die Bibliotheken erwerben Bücher und Zeitschriften, katalogisieren sie und lassen sie ihre Leser über Orts- und Fernleihe benutzen. Erwerbung und Ortsleihe sind typische lokale Aufgaben, Katalogisierung und Fernleihe werden kooperativ gelöst.

Der Kern der Datenbestände, die Katalogdaten, liegt in der Bundesrepublik auf den Mainframes der regionalen Verbundsysteme. Die wissenschaftlichen Bibliotheken des jeweiligen Bundeslandes beziehungsweise der Region katalogisieren über Terminals in ihrem Verbund. Hardware, Datenbanksysteme und Benutzeroberflächen aller Verbunde sind verschieden. Daten können auf Magnetbändern ausgetauscht werden. So verteilt zum Beispiel das Deutsche Bibliotheksinstitut (DBI) in Berlin die regelrechten Namen von Körperschaften, die Deutsche Bibliothek (DB) stellt komplette Buchbeschreibungen der deutschen Produktion zur Verfügung. Die Fernleihe wird konventionell betrieben, eine elektronische Bestellung/Suche bei der besitzenden Bibliothek ist nicht möglich.

Lösungsstrategien für Verbundsysteme

In den letzten Jahren hat die Bedeutung der lokalen Systeme auf mittlerer Datentechnik in den Bibliotheken stetig zugenommen. PCs in lokalen Netzen werden installiert. Der Kommunikationsbedarf steigt; denn die Bibliotheksdaten beim Verbund sollen nun dem Leser direkt als OPAG (Online Public Access Catalogue), als Katalog vor Ort, angeboten werden oder der Erwerbungsabteilung als Datenressource dienen.

Das OSI-Schichtenmodell bietet Lösungsstrategien für die vielfältigen Kommunikationsaspekte der Bibliothekswelt, die überregionale Vernetzung der Verbundsysteme zu einem Deutschen Bibliotheksverbund DBV-OSI ebenso wie die Kontakte der Einzelbibliothek nach außen. Dazu gehören etablierte Standards wie X.400 und FTAM, aber auch bibliotheksspezifische Anwendungsprotokolle, also das breit nutzbare Search and Retrieval SR und das komplexe Interlibrary Loan ILL (Fernleihe) und deren Profile.

In einer Studie wurden Anfang 1989 der Stand der Normung beschrieben und drei Projekte vorgeschlagen. Der BMFT bewilligte den entsprechenden Antrag der Deutschen Bibliothek Ende März 1989. Er umfaßt die drei Bereiche

- Bucherwerb,

- synchrone Normdateiführung und

- Standortsuche für die Fachinformation.

Das Gesamtprojekt hat eine Laufzeit von drei Jahren. Es wird von einem Projektbeirat begleitet, in dem für die Infrastruktur das DFN, für die Endnutzer die gesamte Informationskette vom Buchhandel über die Bibliotheken bis zur Fachinformation vertreten ist.

Nachrichten nach Edifact formatiert

Die Stadt- und Universitätsbibliothek Frankfurt am Main (StUB) erprobt nach dreijähriger Vorarbeit den elektronischen Nachrichtenaustausch beim Bezug von Büchern mit drei wissenschaftlichen Buchhändlern, Mencke-Blaesing in Erlangen, N. G. Elwert in Marburg und der Osianderschen in Tübingen. Ausgetauscht werden

- Angebote,

- Bestellungen,

- Liefermeldungen,

- Rechnungen.

Die Nachrichten werden nach dem ISO-Standard "Edifact" formatiert, dessen Entwicklung sehr rasch voranschreitet. Sie werden via X.400 übermittelt.

Kompliziert im Vergleich zu anderen Branchen sind vor allem die Warenbeschreibung und der bibliographische Zeichenvorrat. Ein großer Teil wissenschaftlicher Literatur ist nämlich nicht durch einfache numerische Kennungen identifizierbar, die ISBN kann mehrdeutig seine Dubletten müssen aber im Interesse der Unterhaltsträger vermieden werden. Die bibliographische Beschreibung ist daher notwendige Vertragsgrundlage. Der Projektteil "Erwerbung" ist am weitesten fortgeschritten.

Für Bibliothekskataloge synchrone Normdatei

Für Bibliothekskataloge werden Schlagwörter und die Namensformen von Kongressen und Körperschaften laufend normiert.

Die Gemeinsame Körperschaftsdatei GKD umfaßt mehr als 300000 Namen, und wird von der Bayerischen Staatsbibliothek in München, der Staatsbibliothek Preußischer Kulturbesitz in Berlin und der Deutschen Bibliothek redigiert. In drei ganz verschiedenen Systemen werden die Daten lokal erfaßt und als Magnetbänder wöchentlich beim DBI in Berlin zusammengeführt, das auch die Auslieferung an die Redaktionen und die Endnutzer in den Verbundsystemen übernimmt.

Dieser Projektteil hat zum Ziel, den Redaktionspartnern neue Daten gegenseitig möglichst, rasch zur Verfügung zu stellen. Für den Transport sollen etablierte OSI-Protokolle Verwendung finden.

Standortsuche für die Fachinformation

In den Datenbanken der Fachinformation findet der Wissenschaftler die Zeitschriftenliteratur sachlich erschlossen vor, sie enthalten aber gewöhnlich keine Aussagen darüber, welche Bibliotheken, die Periodika in der Bundesrepublik besitzen.

Diese Standortinformationen sind in der Zeitschriftendatenbank ZDB im Deutschen Bibliotheksinstitut, Berlin, versammelt und sollen exemplarisch den Kunden des Fachinformationszentrums (FIZ) Energie Physik Mathematik in Karlsruhe als deutschem Knoten des Scientific and Technical Networks STN verfügbar gemacht werden.

Die Ausgangsdaten von STN sind bibliographisch verifiziert und versprechen zusammen mit numerischen Idenfikatoren wie ISSN und CODEN (Code Number) eine hohe maschinelle Trefferrate. Die gelieferte Information umfaßt die besitzenden Bibliotheken, die Jahrgänge/ Bände und die zugehörigen Signaturen.

Der Nutzer erfährt so, ob er seine Literaturstelle eventuell in der Universitätsbibliothek um die Ecke bekommt, eine Fernleihe aufgeben muß oder das Online Ordering der Zeitschriftendatenbank in Anspruch nehmen kann.