DV und Umwelt/Bei Großgeräten schon 80 Prozent Rücklaufquote

Originalkomponenten überleben bisherige Kopierergenerationen

15.08.1997

Im Jahre 1968, als Kopierer noch große, unförmige Maschinen waren, zerlegten die Mitarbeiter von Rank Xerox in Holland zum ersten Mal gebrauchte Modelle. Ihr Hauptmotiv war damals, Ersatzteile für den Kundendienst zu gewinnen.

Doch ein gewandeltes Umweltbewußtsein, Überlegungen zur Kostenersparnis bei der Produktion und steigende Deponiekosten führten bei Rank Xerox schon Mitte der achtziger Jahre zu einem Umweltschutzkonzept. Der Anfang in Venray, der größten europäischen Produktionsstätte der Document Company, war mehr als bescheiden. Eine Handvoll Mitarbeiter begann 1987 auf einer Fläche von 200 Quadratmetern, die aus Leasingverträgen und Mieten zurückgekommenen Kopierer, Drucker und Faxgeräte zu zerlegen. Diese Asset Recovery Organisation war der Ausgangspunkt für das heutige Rücknahme- und Recyclingsystem von Rank Xerox. Inzwischen beschäftigt die in Service Unit Recycling umbenannte Organisation 300 Mitarbeiter auf einer Fläche von 20000 Quadratmetern.

30 Lastzüge kommen jeden Tag in Venray an. Ihre Ladung: Kopierer, Laserdrucker, Workstations, Schreibmaschinen, Copy-Boxen, Fotorezeptoren, gebrauchte Bauteile, Versandpaletten und leere Toner- und Entwicklerflaschen. Darunter sind auch Geräte anderer Hersteller, die zum Beispiel im Zuge von Ablösegeschäften angenommen werden. Die Rücknahme der Rank-Xerox-Geräte ist kostenlos. Bei Verbrauchsmaterialien erfolgt die Rücknahme gegen eine Gebühr.

Im gewerblichen Bereich ermöglichen Kundendienstverträge, die größeren Geräte zu 80 Prozent für die Rückführung nach Venray zu identifizieren. Schwieriger ist es dagegen, Kleingeräte aus dem Consumerbereich zu sammeln. Die Rücklaufquote ist hier deshalb gering.

Mit Hilfe einer ausgefeilten Logistik kamen 1996 fast 160000 Geräte zum Recycling in die Niederlande. 1990 waren es nur 11000 Geräte. Da die Rückholung dieselbe Spedition übernimmt, die auch Neugeräte und Verbrauchsmaterial zustellt, entfallen Leerfahrten weitgehend.

Nach Eintreffen der Altgeräte aus allen Teilen des europäischen Festlands in Venray teilt man sie in vier Kategorien ein. Neuwertige Geräte werden nur teildemontiert und gereinigt. Gewagt mutet das Verfahren an, die Kopierer mit einem aus Orangenschalen gewonnenen Lösungsmittel und heißem Wasser abzuspritzen. Anschließend geht es durch eine Trockenkammer.

Re-Manufacturing erwartet die zweite Gerätekategorie. Hier werden die wesentlichen Baugruppen abgenommen und zusammen mit dem Rumpfkörper gereinigt, geprüft und wieder zusammengesetzt. Der Gerätetyp 3 wird stärker zerlegt, um brauchbare Komponenten zu gewinnen. Alle übrigen Maschinen, die aufgrund ihres Alters, Zustands oder ihrer fremden Herkunft nicht recyclebar sind, werden ganz zerlegt und der stofflichen Verwertung zugeführt. Rank Xerox überwacht dabei die Aufbereitung und Deponierung der Reststoffe durch die Entsorgungsunternehmen.

Insgesamt 96 Baugruppen eines Kopierers der mittleren Leistungsklasse eignen sich für die Wiederverwendung. Alle gebrauchten Teile durchlaufen wie neue Komponenten die internen Prüfprozesse und werden im Materiallager unter eigenen Nummern abgelegt. Die Service Unit Recycling ist seit 1992 nach ISO 9002 zertifiziert und garantiert die Qualität der Gebrauchtteile.

Die aufgearbeiteten und geprüften Teile - das können Rahmen, Gehäuseteile, Motoren und andere mechanische Bauteile sein - werden in den Produktionsprozeß eingeschleust. Neugeräte enthalten bereits über ein Viertel wiederverwendete Komponenten. Seit 1993 liefert Rank Xerox auch etwas preiswertere "Greenline-Modelle", die zu 80 Prozent aus wiederverwerteten Teilen bestehen. Auch für diese Kopierer gelten die Service- und Garantiebedingungen des Unternehmens: dreijähriges Rückgaberecht ohne irgendeine Begründung durch den Kunden. Die Nachfrage nach diesen Kopierern ist höher als das Angebot. Auch die 1996 erzielte Rücklaufquote von 70 Prozent reicht noch nicht aus, um die Nachfrage zu decken.

Ferdi Geene, Manager Material Operations in Venray, sieht im Recycling nicht nur eine Umweltschutzmaßnahme. Die Produktionskosten sind deutlich zurückgegangen "1995 mußten wir für 75 Millionen Dollar weniger Material einkaufen, weil wir recycelte Teile verwenden konnten", gibt Geene bekannt. Und auch die in den Niederlanden hohen Löhne sind kein Hindernis für die Wiederaufarbeitung. "Zwar kostet das Zerlegen, Reinigen und Zusammenbauen viel Zeit. Wir sparen aber dafür erheblich an Material", erläutert Geene: "70 bis 80 Prozent der Herstellungskosten eines Kopierers sind Materialkosten." Lange nutzbare Komponenten steigern darüber hinaus auch die Wertschöpfung. Geene: "Je öfter ein Gerät zurückkommt, um so besser für uns." Lassen sich nach einem Jahr noch 80 bis 90 Prozent der Teile wiederverwenden, sind es nach zehn Jahren immerhin noch 20 Prozent.

Voraussetzung für eine höhere Recyclingquote ist, die neuen Produktgenerationen nach Umweltgesichtspunkten zu entwickeln. Schlagwort: Design for Environment (DFE). Dazu gehören ein modularer Aufbau, lang verwendbare mechanische Teile wie zum Beispiel Rahmen und Gehäuseteile, leicht trennbare Komponenten, die sortenreine Verwendung von Kunststoffen und der weitgehende Verzicht auf Verbundmaterialien.

Bei neuen Produktgenerationen wie den digitalen Kopiersystemen Document Centre 220 und 230 ist die komplette Maschine wiederverwendbar. Bisher ließen sich maximal 97 Prozent des Gesamtgewichts weiter nutzen. 1996 wurden drei Millionen Komponenten aus Altgeräten nach der Aufarbeitung weiterverwendet.

Nicht recycelbare Teile werden entweder verschrottet oder fließen als Sekundärrohstoffe in die Produktion. Kunststoffspritzteile bestehen zu 40 Prozent aus Granulat aus Altteilen. Die seit 1992 erreichte 70prozentige Reduzierung der Abfallmenge hat sich auch ökonomisch ausgezahlt. Weil statt der bisherigen 2400 Tonnen nur noch 700 Tonnen Altstoffe in die Deponie wanderten, gingen auch die Gebühren um 70 Prozent zurück.

Rank Xerox hält an dem Grundsatz fest, daß sich durch Wiederverwendung Rohstoff- und Umweltressourcen schonen lassen. Aber auch bei der Produktion und Aufarbeitung bemüht man sich um möglichst umweltschonende Verfahren. Einige Beispiele: Wasserlacke haben längst lösungsmittelhaltige ersetzt. Bei der Reinigung werden wasser- basierte Mittel mit natürlichen Zusätzen verwendet. FCKW ist kein Thema mehr. Verpackungsmaterial wird so oft wie möglich verwendet. Auch die Lieferanten greifen auf genormtes Verpackungsmaterial zurück, das für viele Umläufe geeignet ist. Abwasser, Energieverbrauch und Emissionen zu reduzieren, gehört ebenfalls zu den strategischen Zielen in Venray.

Daneben ist aber auch beim Betrieb der Kopierer, Drucksysteme, Faxgeräte und Drucker an die Umwelt zu denken. Ozon, das bei Laserdruckern durch die Hochspannung entsteht, wird soweit wie möglich weggefiltert. Selbst bei der Papierherstellung achtet man auf umweltschonende Verfahren. Es entsteht aus chlorfrei gebleichtem Zellstoff, der aus Schwachholz und Sägeresthölzern gewonnen wurde, und kommt in Kartons aus Altpapier zum Kunden.

In Venray ist man von der Symbiose aus Umweltschutz und Wertschöpfung überzeugt. "Wir verkaufen keinen Umweltschutz. Aber wir denken ökologisch und ökonomisch", erklärt Manager Geene.

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"Greenline", eine preisgünstige und nach ökonomischen sowie ökologischen Gesichtpunkten konzipierte Produktlinie, ist bei der Rank Xerox im niederländischen Venray fast immer vergriffen. Die Nachfrage übersteigt bei weitem die Produktion. Jedoch haben die Erfolgsmodelle Geschwister, die ebenfalls mit recycelten Komponenten gebaut werden, teils mehr, teils weniger. Kopierer ausschließlich aus Neuteilen gibt es natürlich auch im Sortiment. Sie sind bereits mit Blick auf künftiges Recycling und auf eine lange Lebenszeit hin konzipiert.

*Friedhelm Weidelich ist freier Journalist in Düsseldorf.