Ratgeber

Orientierung im BPM-Dschungel

12.12.2011
Von   IDG ExpertenNetzwerk
Als CEO von Camunda, einem Anbieter von Software zur Prozessautomatisierung, ist Jakob Freund verantwortlich für die Vision und Strategie des Unternehmens. Neben einem MSc in Informatik ist er Co-Autor des Buches „Real-Life BPMN“ und ein gefragter Referent auf Technologie- und Branchenveranstaltungen.

Polarisierter Markt

Doch die Qual der Wahl hat man mittlerweile nicht nur innerhalb der einzelnen Tool-Kategorien oder zwischen Closed und Open Source. Unternehmen stehen auch vor der Grundsatzentscheidung, welche Art von Geschäftsprozessmodellen sie intern oder extern betreiben wollen. Dabei zeichnet sich ab, dass immer mehr Unternehmen dazu neigen, ihre strategisch relevanten Prozesse unter Eigenregie in quelloffenen BPM-Lösungen umzusetzen, sofern sie über die hierfür notwendigen IT-Ressourcen verfügen. Die Motivation ist in solchen Fällen nicht die Ersparnis von Lizenzkosten, sondern die maximale Flexibilität und ein verbessertes Risiko-Management. Die Vergangenheit hat gezeigt, dass BPM-Hersteller mitunter unerwartet Insolvenz anmelden mussten, akquiriert wurden oder die Kundenbetreuung einer gewissen Willkür ausgesetzt war. Da kann es zum strategischen Vorteil werden, das Know-how und die Kontrolle über die BPM-Plattform vollständig im eigenen Haus zu haben, um die Stabilität der Kernprozesse zu sichern und die Herstellerabhängigkeit zu verringern.

Für Prozesse ohne direkten strategischen Bezug bieten sich hingegen Lösungen "von der Stange" an, die als Software as a Service schnell und kostengünstig verfügbar sind. Sie müssen keine individuellen Aspekte der Unternehmensstrategie abbilden und stellen im schlimmsten Fall kein existenzielles Risiko dar, sondern können mit vertretbarem Aufwand ausgetauscht werden. Vor diesem Hintergrund zeichnet sich langfristig eine Polarisierung ab, die eine Verschiebung der Marktanteile weg vom kommerziellen Pure Play BPMS hin zu Open-Source-Plattformen einerseits beziehungsweise SaaS-Lösungen andererseits mit sich bringen könnte.

Für wen eignet sich welches BPMS?

Kategorie

Vorteile

Nachteile

Geeignet für

Pure Play BPMS

Für verschiedenste Prozesse nutzbar;

Support vom Hersteller.

Proprietäres Know-how erforderlich;

Black-Box-System;

Herstellerabhängigkeit.

mittlere und große Organisationen mit eigener IT-Mannschaft;

Embedded BPMS

Optimal gekoppelt mit funktionalen Features des umgebenden Produkts;

in der Regel leicht bedienbar.

Eingeschränkter Bereich, denn nur die Prozesse des jeweiligen Produkts können umgesetzt werden;

in der Regel Einschränkungen bei der Anbindung eigener Systeme.

Organisationen, die die Funktionen des umgebenden Produkts ohnehin nutzen möchten (zum Beispiel Enterprise-Content-Management);

SaaS BPMS

Installation, Betrieb und Updates sind nicht erforderlich;

oft kostengünstigerer Einstieg aufgrund eines skalierenden Preismodells.

Datenschutzproblematik;

die Anbindung eigener Systeme ist schwieriger.

Organisationen, die die Kosten und den Aufwand einer BPMS-Einführung scheuen beziehungsweise keine oder nur eine sehr kleine eigene IT-Mannschaft besitzen;

Open-Source-BPMS

Maximale Flexibilität;

keine Herstellerabhängigkeit;

Java-Know-how kann weitergenutzt werden.

Nicht out of the Box erhältlich;

meist initialer Support erforderlich;

Java-Know-how erforderlich.

Organisationen, deren IT auch Java-Know-how besitzt oder die fertige Prozesslösungen wünschen und diese von einem Dienstleister umsetzen und betreiben lassen.